Mit einem Pferd reden? Das können nur die echten Pferdeflüsterer, glauben viele. Falsch! Zwar können sie uns nicht mit Worten sagen, wie es ihnen geht – aber auch Pferde haben eine ganz deutliche Sprache. Wir müssen nur genau hinschauen. Dann sehen wir nicht nur, wie es ihnen geht, sondern auch ganz viel Zuneigung…
Brummt Dein Pferd, wenn Du Dich näherst? Herzlichen Glückwunsch! Auf Pferdisch heißt das nämlich "Hey, schön, dass Du da bist!". Das meist tiefe Brummen der Pferde ist nämlich ein Zeichen echter Zuneigung.
Und das lernen sie bereits in den ersten Lebenswochen, denn Stuten rufen mit diesem Brummen nach ihren Fohlen. Unter erwachsenen Pferden wird es eine freudige Begrüßung.
Das Brummen zeigt auch, dass Pferde durchaus mit uns "reden" können. Wir müssen nur hinhören – und noch mehr hinsehen. Denn anders als wir Menschen, kommunizieren Pferde hauptsächlich durch Körpersprache und haben dabei ihre ganz eigenen Signale entwickelt.
Die sind, wie auch unsere Sprache, nicht immer frei von Missverständnissen. Der Grund: Die Pferdesprache setzt sich aus unterschiedlichen "Bereichen" zusammen – zum Beispiel den Ohren, dem Schweif, den Nüstern, dem Maul, den Augen. Wer nur eins im Blick hat, kann sein Pferd daher also leicht mal falsch verstehen.
Ohren – das erste Signal der Pferde-Sprache
Natürlich sind die Ohren vor allem zum Hören da. Aber sie sind auch ein Signal: In die Richtung der Ohren geht auch die Aufmerksamkeit des Pferdes.
- Sind sie gespitzt nach vorne, konzentrieren sich Pferde auf das, was auf sie zukommt – egal, ob Mensch oder Artgenosse.
- Ein Ohr nach vorn, ein Ohr nach hinten: Dann ist das Pferd unsicher, wohin es seine Aufmerksamkeit richten soll. Beim Reiten hingegen zeigt es, das Pferd konzentriert sich auf die Umgebung und auf den Reiter.
- Flach nach hinten angelegte, auf den Hals gepresste Ohren sind meist eine deutliche Warnung. Einem anderen Pferd gegenüber kann es eine Drohung sein – oder ein Zeichen für schlechte Laune. Aber: Nicht jedes nach hinten gedrehte Ohr heißt "Vorsicht"! Beim Reiten signalisieren die Ohren dann meist, dass das Pferd sich auf den Menschen auf seinem Rücken konzentriert.
- Sind die Ohren leicht nach hinten geneigt, ist das Pferd meist entspannt.
- Die Ohren zeigen leicht zur Seite – das kann bedeuten, dass das Pferd gelangweilt ist – oder gerade döst…
Schweif – das zweite Signal der Pferde-Sprache
Pendelt der Schweif leicht angehoben lässig von einer Seite zur anderen? Dann ist das Pferd meist entspannt. Ein eingeklemmter Schweif signalisiert oft wie bei Hunden mit ihrer Rute Angst. Schlägt das Pferd mit dem Schweif, will es in erster Linie lästige Tierchen wie Fliegen loswerden. Aber der peitschende Schweif kann auch ein Zeichen von Ärger sein. Beim Reiten kann es zu viel Druck vom Menschen sein oder die Lektion passt dem Pferd nicht.
Augen – das dritte Signal der Pferde-Sprache
In den Augen sieht man die Seele des Pferdes. Geht es dem Pferd gut, sind sie lebhaft, wach und glänzend. Trübe Augen und ein ausdrucksloser Blick können ein Hinweis sein, dass es dem Pferd nicht gut geht, dass es Schmerzen hat. Rollt das Pferd die Augen so, dass der weiße Teil des Auges sichtbar wird, ist es ängstlich, sogar panisch.
Und wenn das Pferd wegsieht? Dann ist das kein Zeichen von Abneigung oder Desinteresse. In den meisten Fällen hat das Pferd gerade etwas anderes gehört, das überprüft werden muss. Es kann im Training aber zum Beispiel auch ein Beschwichtigungssignal sein. Das Pferd zeigt damit, dass es keinen Ärger will.
Übrigens: Auch Gähnen und Kauen können Beschwichtigungssignale sein. Pferde zeigen dies Verhalten, wenn sie sich unter Druck fühlen oder wenn sie nach einer angespannten Situation wieder entspannen.
Maul – das vierte Signal
Die Lippen sind locker und hängen leicht herunter? Super, dann ist das Pferd gerade entspannt oder sogar in einer Schlafphase. Ist der Mund dagegen stark zusammen gepresst, dann fühlt sich das Pferd nicht wohl. Ein genauer Blick auf das Tier ist dann notwendig, denn es kann sein, dass das Pferd Schmerzen hat.
Den Kopf nach oben und die Oberlippe hochgezogen? Das "Flehmen" ist in erster Linie ein Zeichen dafür, dass ein spannender Geruch in der Luft liegt. Durch diese Geste verschließen sich nämlich die Nüstern, durch das geöffnete Maul werden die Geruchsstoffe am Gaumen entlang geleitet – so können Pferde den Duft riechen und schmecken!
Aber: Das Flehmen kann auch ein Zeichen für Schmerzen sein, zum Beispiel bei einer Kolik. Manche Pferde beißen dann auch Richtung Bauch als zusätzliches Signal.
Dann ist es Liebe…
Bleibt die Frage: Wie zeigen Pferde ihre Zuneigung? Das beginnt tatsächlich schon mit der Begrüßung. Und es muss kein lautes Wiehern oder Brummen sein. Schnuppert das Pferd am Handrücken seines Menschen, ist das wie ein Handschlag unter Menschen und zeigt "Hey, ich akzeptiere Dich".
Das deutlichste Zeichen ist Nähe. Hält das Pferd sich gerne bei seinem Menschen auf, folgt ihm – dann ist das meist ein Zeichen für eine gute Freundschaft. Dabei, so eine Studie aus Italien, hängt das Wohlgefühl der Pferde auch von deren Wahlmöglichkeit ab. Forscher beobachteten das Verhalten und maßen die Herzfrequenz einer Stute während des Kontakts zu einer Testperson. Die Stute zeigte vor allem dann Zeichen für Wohlbefinden, wenn sie selbst entscheiden durfte, ob sie sich der Testperson nähern möchte – oder nicht.
Die Forscher erklären das Ergebnis mit der Tatsache, dass Pferde Fluchttiere sind. Können sie selbst entscheiden, gibt ihnen das Sicherheit – und sie fühlen sich wohler. © Pferde.de
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