Okay, eine Kandare kennst Du bestimmt. Aber weißt Du auch, seit wann es sie gibt? Und welche Varianten auf dem Markt sind? Hier erfährst Du es…
Wer in der Dressur auf den großen Turnieren mitreiten will, muss sie irgendwann nutzen – die Kandare. Denn sie ist Pflicht für die "höheren Prüfungen". In Deutschland gibt es entsprechende Turnier-Ausschreibungen ab L-Dressuren. Und während der eine auf die Kandare schwört, ist sie bei anderen Reitern stark umstritten. Der Grund: Wer keine ruhige, vom Sitz unabhängige Hand hat, kann damit viel Schaden anrichten.
Doch was genau ist eine Kandare? Wer hat sie "erfunden"? Und könnte es bald auch Dressurprüfungen ohne Kandare geben? Wir beantworten hier die wichtigsten Fragen.
Was ist eine Kandare?
Die Kandare bezeichnet die Gebissstange am Pferde-Zaum. Sie liegt direkt auf der Zunge auf, daher hat sie eine sehr starke Wirkung. Diese Technik wurde zunächst von den Ungarn zusätzlich zur einfachen Zäumung, der Trense, benutzt.
Daher stammt übrigens auch der Begriff: Kandare leitet sich von dem ungarischen Wort "kantár" ab, auf Deutsch: Zaum. Die heutigen Kandaren bestehen unter anderem aus Oberbaum, Kinnkette und dem Anzug.
Seit wann gibt es Kandaren?
Du denkst, sie ist eine moderne Erfindung? Dann irrst Du Dich. Tatsächlich ist der Gebrauch von Kandaren bereits im Jahr 652 nachgewiesen – bei arabischen Reitern. Ritter nutzten Kandaren, damit sie einhändig reiten konnten. Und später war das Kandarengebiss das Standardgebiss für Reitpferde, vor allem beim Militär und in der hohen Schule.
Welche Kandaren gibt es?
Es gibt mittlerweile verschiedene Varianten. Die Bekannteste ist die Dressurkandare. Dann gibt es noch die Fahrkandare und die Springkandare. Von der Fahrkandare gibt es verschiedene Typen, die nach Form und Herkunft unterschieden werden: Postkandare, Liverpoolkandare, Ellbogenkandare, Tilburykandare und Buxtonkandare.
Fahrkandaren bestehen aus einer Gebissstange, die je nach Modell gebrochen oder gewölbt ist. Über die Anzüge wird das Pferd geführt, die Bäume beziehungsweise seitlichen Stangen haben die Hebelwirkung. Je nach Gebissstange fällt die Wirkung auf die Zunge beziehungsweise den Landen unterschiedlich scharf aus. Und eine Springkandare ist ein hängendes D mit Kinnkette, der wirkt wie eine Pelham mit einer milderen Wirkung und mit einem Zügel verwendet wird.
Wie reitet man mit Kandare?
Früher wurden die Kandarenzügel in einer Hand gehalten. Heißt: Beide Kandarenzügel und der linke Trensenzügel werden mit der linken Hand geführt, der rechte Trensenzügel mit der rechten Hand. Der linke Trensenzügel läuft dabei meist zwischen kleinem und Ringfinger, der linke Kandarenzügel zwischen Ringfinger und Mittelfinger und der rechte Kandarenzügel zwischen Mittelfinger und Zeigefinger. Heute wird meist je ein Kandarenzügel und ein Trensenzügel in jeder Hand gehalten.
Ist eine Baby-Kandare für Anfänger?
Nein! Der Begriff "Baby-Kandare" führt in die Irre. Diese Kandaren sind weder weicher noch sind sie für Kandaren-Anfänger geeignet. Denn diese Kandaren haben Anzüge von fünf Zentimeter Länge. Und durch die kurzen Anzüge wirkt das Gebiss deutlich schneller, also härter.
Ist die Kandare umstritten?
Ja, immer mehr Reiterinnen wollen auf eine Kandare verzichten – auch im Dressursport. Denn bei internationalen Prüfungen sind sie noch immer Pflicht. Dabei ist die Diskussion, den Reitern die Wahl zwischen Trense und Kandare zu lassen, nicht neu: Schon vor mehr als zehn Jahren wurde beim Global Dressage Turnier darüber diskutiert.
Großbritannien ist bei diesem Thema Vorreiter: Dort dürfen seit Jahren Grand-Prix-Prüfungen auch auf Trense geritten werden. Doch für die Entscheidungsträger ist das kein Thema: "Das Reiten auf Kandare ist eine Kunst für sich und Teil der klassischen Dressur. Für uns ist es wichtig, daran festzuhalten", so David Hunt, Präsident des "International Dressage Trainers Club". Und erst in diesem Jahr hat das der Weltreiterverband bestätigt: Ab Drei-Sterne-Niveau bleibt die Kandare Pflicht. Damit wird es vorerst keine Dressur ohne Kandare geben.
Woher kommt der Spruch "jemanden an die Kandare nehmen"?
Du hast ihn sicherlich schon gehört, den Spruch jemanden "an die Kandare" nehmen. Das bedeutet, dass jemand strenger behandelt werden soll. Die Redewendung kommt aus dem Reitsport und entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Sie kommt zum Beispiel in Gerhard Hauptmanns Komödie "Biberpelz" aus dem Jahr 1893 vor. © Pferde.de
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