"Oh, ist die aber süß!” Kleine, abgeknickte Öhrchen, große Kulleraugen und ein rundes Puppengesicht. Süß, aber zu welchem Preis? Wie die Scottish Fold Katze ihr Leben lang unter schmerzhafter Qualzucht für die menschliche Vorstellung von Niedlichkeit leidet.

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Du hast sie sicherlich schon einmal gesehen: Die Katzen mit den niedlichen Knickohren. Doch hinter dem knuffigen Aussehen steckt viel Leid. Ihre Anomalien der Ohren sind ein Merkmal der Qualzucht. Dennoch finden wir auf Social Media immer wieder Fellnasen mit umgeknickten Ohren.

Das runde Gesicht, die breite Nase, die abgeknickten Ohren und die großen Kulleraugen gehören zur Scottish Fold (Schottische Faltohrkatze), die mit diesen charakteristischen Merkmalen genau ins Kindchen- oder Puppenschema passt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass diese kleine Samtpfote als ausgesprochen niedlich gilt und gern im Werbefernsehen präsentiert wird, getreu dem Motto: "Guck mal, wie süß!”

Geknickte Ohren durch Gendefekt

Doch die Faltohren verdankt die kleine Fellnase einem Gendefekt, der mit schweren Knorpel- und Knochenschäden im ganzen Körper einhergeht. Die Kätzchen werden zwar mit normalen Ohren geboren, doch nach etwa drei bis vier Wochen knicken die Ohren dann nach vorne hin um.

Osteochondrodysplasie (OCD) nennt sich der unheilbare Gendefekt, an dem die kleine Samtpfote leidet. Die Krankheit sorgt dafür, dass das defekte Knorpelgewebe selbst das Gewicht der Ohrmuschel nicht tragen kann, sodass die Ohren nach vorne kippen. Jede Faltohrkatze trägt das Gen für OCD in sich, die Krankheit bricht früher oder später bei jeder dieser kleinen Fellnase aus.

Die Bundestierärztekammer fordert daher ein Verbot der Zucht, da mit dem Merkmal "Kippohr” willentlich eine Erkrankung der Samtpfote in Kauf genommen wird. Unseriöse und skrupellose Züchter behaupten zwar, dass Mischlinge zwischen Scottish Fold und "British Kurzhaar” den Gendefekt nicht hätten, dieses ist jedoch durch wissenschaftliche Literatur, Gentests und Fallanalysen ausreichend widerlegt.

Scottish Fold Katze: Geknickt, deformiert und unheilbar krank

Die verkrüppelten und verformten Kippohren sind nur ein äußeres Zeichen dafür, was im ganzen Körper der kleinen Fellnase passiert. Die unheilbare Erbkrankheit zerstört körpereigenes Knorpelgewebe. Knorpel wird im Körper als Schmiermittel benutzt, denn er überzieht die Gelenke und verringert so die Reibung bei Bewegungen. Ist der Knorpel aber geschädigt, kann dies vor allem im Bereich der Katzenbeine und des Rückens zu sehr schmerzhaften Gelenkveränderungen bis hin zur Lahmheit kommen.

Die Symptome sind im Kittenalter noch nicht so ausgeprägt. Meist bewegen sich jedoch junge Scottish Fold-Kätzchen schon weniger als gesunde Artgenossen und blocken hohe Sprünge ab. Im Laufe der Jahre vermeiden die Fellnasen aufgrund der Schmerzen überflüssige Bewegungen und können bei Berührungen oder beim Streicheln sogar aggressiv reagieren.

Die OCD kann außerdem zu Gelenkschwellungen, missgestalteten Gliedmaßen, einer abnormalen Gangart, veränderten Körperhaltung bis hin zur Arthrose führen. Außerdem sind die Ohren ein wichtiges Kommunikationsmittel unter Fellnasen. Mit ihren Knickohren kann sich die Scottish Fold jedoch nur eingeschränkt mit ihren Artgenossen verständigen.

Scottish Fold: deformiert und unheilbar krank.
Scottish Fold: deformiert und unheilbar krank. © Foto: unsplash.com/Deniz Demirci (Symbolfoto)

Um dem kleinen Stubentiger daher ein erträgliches Katzenleben zu gewährleisten, sind Schmerztherapien und häufige Besuche beim Tierarzt nötig. Oftmals erreichen die kleinen Samtpfoten jedoch kein hohes Alter, da die Schmerzen und die Lebenseinschränkungen einfach zu groß sind. Das Bayrische Verwaltungsgericht Anspach entschied 2020, dass die Zucht von Scottish Fold verboten ist, da diese gegen das Tierschutzgesetz verstoße.

Die Geschichte der Katzenzucht

Als Zucht bezeichnet die Biologie die geplante Fortpflanzung mit dem Ziel, der genetischen Umformung einer Tierart. Dabei sollen gewünschte Eigenschaften verstärkt und erhalten bleiben. Unerwünschte Eigenschaften aber durch entsprechende Auslese zum Verschwinden gebracht werden.

Wenn unsere vierbeinigen Freunde jedoch durch angezüchtete Merkmale an chronischen Schmerzen leiden und deswegen immer wieder auf tierärztliche Behandlungen angewiesen sind, sprechen wir von Qualzucht. Das Tierschutzgesetz regelt unter Paragraf 11b, was unter Qualzucht zu verstehen ist. Vereinfacht heißt es: "Wenn Katzen oder ihren Kitten aus erblichen Gründen (durch die Zucht) Körperteile fehlen oder ihr Körper so umgestaltet ist, dass sie unter Schmerzen oder Qualen leiden, handelt es sich um Qualzucht.”

Die Zucht von Haustieren begann mit der Zähmung ihrer Wildformen bereits vor mehr als 12.000 Jahren, als der Mensch sesshaft wurde und die Landwirtschaft erfand. Die Samtpfote begleitet uns Menschen bereits seit mehr als 2.000 Jahren. Doch erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Katzenzucht weltweit.

Regionale Typen wurden zu eigenständigen Rassen weiter entwickelt, andere entstanden durch Rassekreuzungen. Mittlerweile sind etwa 70 Katzenrassen von den großen Zuchtverbänden anerkannt. Viele weitere sind noch in der Anerkennungsphase oder stehen kurz vor der Anerkennung.

Merkmale für die Qualzucht bei Katzen

Ein Gutachten für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft listet die folgenden acht Merkmale für eine Qualzucht bei Stubentigern auf:

1.) Kurzschwänzigkeit und Schwanzlosigkeit

2.) Verkürzte Gliedmaßen

3.) Kurzköpfigkeit

4.) Anomalien der Ohren

5.) Anomalien des Fells und der Haut

6.) Vielfingerigkeit

7.) Entropium (Fehlstellung des Augenlids)

8.) Farbaufhellungen der Iris

Der englische Tierarzt und bekannte TikTok-Star Ben Simpson-Vernon veröffentlichte auf seinem Kanal ein Video über Katzenrassen, die er auf keinen Fall kaufen würde. So sehr leiden diese Samtpfoten unter den Schönheitsidealen, die der Mensch für sie vorsieht. Doch auch die folgenden Fellnasen erfüllen alle Merkmale der Qualzucht: Munchkin-Katze (Dackelkatze), Stummelschwanz-Katzen (Manx, Cymric, Japanese Bobtail, Kurilen), Pudelkatze, Exotic Shorthair, Sphynx-Nacktkatzen. Die fehlenden Schnurrhaare der Sphinx-Nacktkatzen gelten laut Bundestierärztekammer als Qualzuchtmerkmal.

Keine Unterstützung der Qualzucht

Daher solltest Du keine Qualzuchten kaufen. Lasse Dich nicht täuschen durch Anzeigen von vermeintlich reinrassige British Kurzhaarkätzchen mit "zufälligen” Knickohren. Und bitte lasse Dich nicht von aktuellen Modetrends beeinflussen.

Wenn Du eine solche Samtpfote bei Dir aufnehmen möchtest, solltest Du in den Tierheimen in Deiner Umgebung Ausschau halten. Denn der beste Weg für ein liebevolles zu Hause ist die Adoption aus dem Tierheim. Dadurch unterstützt Du keine zusätzliche Vermehrung dieser Rassen, denn die Scottish Fold aus dem Tierheim sind kastriert.

Achte darauf, dass das Tier eine gut erkennbare Nase, aufrechte Ohren, lange Beine und einen gut ausgeprägten Schwanz hat. Sei Dir vor allem über die möglicherweise hohen Folgekosten für Arzneimittel und Tierarztbesuche bewusst.

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