Manch einer, der für die Arbeit krankgeschrieben ist, traut sich kaum aus dem Haus. Denn wer im Kino oder Restaurant einem Kollegen oder gar dem Chef begegnet, kommt schnell in Erklärungsnot. Dabei ist die Vorsicht der Arbeitnehmer oft übertrieben. Was ist mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erlaubt – und wann kriegt man richtig Ärger?
Generell gilt: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (oder umgangssprachliche Krankschreibung) wird von einem Arzt ausgestellt, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung unfähig ist, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. "Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben darüber, was ein Arbeitnehmer während einer Krankschreibung tun darf und was nicht", erklärt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf Anfrage. "Die einschlägige Rechtsprechung geht davon aus, dass sich der Kranke so verhalten muss, wie es seiner Genesung und der Wiedergewinnung seiner Arbeitsfähigkeit zuträglich ist."
Oder andersherum: "Grundsätzlich darf der/die ArbeitnehmerIn während der Arbeitsunfähigkeit alles, was sein/ihr Gesundwerden nicht behindert", erklärt der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB. Im Einzelfall kommt es also immer auf die jeweilige Krankheit an und darauf, was der Arzt verordnet hat. "Während bei Arbeitsunfähigkeit wegen einer fiebrigen Erkältung Bettruhe angesagt ist, kann beispielsweise bei einer psychischen Erkrankung Bewegung im Freien das richtige Mittel zur Genesung sein", so der DGB.
Restaurantbesuch, Kino und sogar Urlaub während der Krankschreibung möglich
Wenn also eine Schreibkraft wegen einer Sehnenscheidenentzündung krankgeschrieben ist, kann man ihr dennoch den Besuch in einem Restaurant oder Kino nicht verwehren. Mit diagnostizierter Bronchitis wiederum sollte man verrauchte Kneipen in jedem Fall meiden.
"Auch die Entscheidung, ob der/die ArbeitnehmerIn zu Hause bleiben muss oder einen gebuchten Urlaub antreten kann, hängt von der Frage ab, woran der Arbeitnehmer erkrankt ist", erklären die Arbeitsrechtsexperten vom Gewerkschaftsbund. So kann ein Patient mit Rückenleiden durchaus einen Wanderurlaub antreten, wenn der Arzt im die Bewegung sogar empfiehlt. Der Arbeitgeber beziehungsweise die Krankenkasse sollte dem jedoch zustimmen, weil sonst die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wegfallen kann.
Zur Sicherheit: Rücksprache mit dem Arzt
Gerade bei Zweifeln sollte man aber immer Rücksprache mit dem Arzt halten. Was kann meiner Genesung schaden? Was hingegen kann sogar förderlich sein? Wer etwa an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder Haltungsschäden leidet und von den Kollegen im Fitnessstudio gesehen wird, muss keine Folgen befürchten, wenn ihm der Arzt sogar dazu geraten hat.
Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte man sich diese Einschätzungen vom Hausarzt auch schriftlich geben lassen. Alltägliche und unvermeidliche Handlungen, wie Lebensmittel einkaufen oder Wäsche waschen, müssen in der Regel nicht gerechtfertigt werden.
Vorsicht: Bei Täuschung oder falschem Verhalten droht Kündigung
Das Verhalten während einer Krankschreibung sollte jedoch keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden. Denn nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hat der Arbeitgeber durchaus das Recht, dem Arbeitnehmer zu kündigen – und zwar dann, wenn der Erkrankte kein gesundheits- und heilungsförderndes Verhalten zeigt oder die Arbeitsunfähigkeit gar nur vortäuscht.
"Bestehen Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit, so kann der Arbeitgeber verlangen, dass ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erstellt wird", warnt das Bundesministerium. Außerdem ist er berechtigt, sogenannte Krankengespräche zu führen und beim Arbeitnehmer nachzufragen, wie die Genesung verläuft. Und tatsächlich ist auch die Rechtslage im Fall der Sekretärin aus Münster nicht ganz eindeutig: "In Einzelfällen kann der Arbeitgeber Überprüfungen oder Beobachtungen durch Detekteien durchführen", erklärt der DGB.
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