Fäkalien, Fettreste und viel Schmutzwasser - was andere ekelt, ist für Kanalbetriebsarbeiter die ganz normale Arbeitsumgebung. Unangenehme Gerüche bringen sie nicht so leicht aus der Fassung. Denn Gewöhnung ist alles.
"Zu unseren Aufgaben gehört die Kanalinspektion, die Kanalreinigung und Instandhaltung", berichtet Ralf Jannek, leitender Mitarbeiter im Kanalnetz der Berliner Wasserbetriebe.
Er räumt mit einigen Vorurteilen über den Beruf und den Arbeitsplatz des Kanalbetriebsarbeiters auf: "Anders als in dem Spielfilmklassiker 'Der dritte Mann' ist nur eine geringe Zahl der Berliner Kanäle überhaupt begehbar." Deshalb besteht auch die Arbeit von Kanalbetriebsarbeitern keineswegs nur darin, durch Schmutzwasserkanäle zu waten. Jannek, der früher selbst einmal vor Ort als Kanalbetriebsarbeiter tätig war, betont, dass der Beruf inzwischen genauso hochtechnisiert sei wie viele andere. "In vielen Fällen übernehmen Roboter die Arbeiten im Kanal. Sie haben Fräs- und Bohraufsätze. Der 'Kanaler' selbst sitzt dann an einem PC-Arbeitsplatz und steuert die Verfahren." Überhaupt gibt es für den Arbeiter vor Ort jede Menge Hilfsmittel wie zum Beispiel spezielle Spülfahrzeuge, die wie ein Hochdruckreiniger funktionieren.
Steht eine Kanalbegehung an, weil zum Beispiel die Arbeiter prüfen müssen, ob vor oder nach Baumaßnahmen Schäden am Kanal entstanden sind, werden die Mitarbeiter der Berliner Wasserbetriebe nicht unbedingt mit dem ganzen Ausmaß an Verunreinigungen konfrontiert wie sich das manch ein Laie vorstellt: "Kanalbetriebsarbeiter führen dann - soweit möglich - mit Hilfe von Maschinen eine sogenannte Vorreinigung durch. Das ist für denjenigen, der den Kanal inspiziert, angenehmer."
Dennoch gibt Jannek unumwunden zu, dass diese Arbeit nichts für sensible Nasen und dreckverabscheuende Gemüter ist. "Oft waten wir im Kanal durch einen morastigen Untergrund, der sich etwa so anfühlt wie der Schlick im Wattenmeer." Auch die Gerüche sind eine Herausforderung: "Da unten kann sich Schwefelwasserstoff entwickeln. Dieses Gas riecht nach verfaulten Eiern."
Die meisten Menschen denken, das Unangenehmste an der Arbeit der Kanalarbeiter seien die Abwässer aus Toiletten. Doch Jannek weiß es besser: "Das Abwasser aus den Badezimmern ist gar nicht so schlimm. Bedenken Sie, dass die Exkremente bei einer Klospülung mit bis zu zehn Litern Wasser verdünnt werden." Für zusätzliche Verdünnung sorgt zudem das Abwasch-, Dusch- und Badewasser.
Anders sehe das schon bei erkaltetem Fett aus Haushalten oder der Gastronomie aus. "Ranziges Fett wird im Kanal hart und muss abgetragen werden. Geschieht das manuell, ist das besonders unangenehm. Die dabei entstehenden Faulgase sind ganz eklig", betont Jannek. Im Allgemeinen gewöhne man sich aber an den Geruch im Kanal.
"Natürlich kann es Kanalern auch mal passieren, dass sie Spritzwasser aus einer Toilettenspülung abbekommen", berichtet Jannek. Deshalb gibt es eine ganze Reihe von Hygiene-Regeln, welche die Mitarbeiter einzuhalten haben. Außerdem gibt es Schutzbrillen und die Möglichkeit, die Arbeitskleidung zu wechseln.
Übrigens ist die Geruchsbelästigung nicht das einzige, was die Arbeit eines Kanalers erschwert: Denn Gase wie das schon erwähnte Schwefelwasserstoff sind gesundheitsschädlich. Kanaler haben deshalb immer ein Gasprüfgerät und einen Miniluftfilter als Notfallequipment dabei. Außerdem steht am Einstieg ein Sicherungsposten, der im Notfall seinen Kollegen bergen kann.
Gasentwicklung und Geruchsbelästigung sind aber nur ein Teil der schweren Arbeit dieses Berufes. Auch körperlich machen die Kanaler einen anstrengenden Job - und zwar nicht nur wenn sie schwere Atemschutzmasken tragen. Denn ein Kanaldeckel wiegt 90 Kilogramm. Im Sommer müssen die Kanaler davon schon mal 80 bis 90 pro Schicht heben. "Im Winter, wenn die Schachtabdeckungen zugefroren sind, sind es natürlich deutlich weniger."
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