Dresden (dpa/tmn) - Was macht ein Entomologe? Er erforscht Insekten. Und was sind Lepidoptera? Das ist der wissenschaftliche Name für die Schmetterlinge. 500 000 Schmetterlingsarten finden sich Schätzungen zufolge auf der Erde. Bislang sind etwa 160 000 Arten beschrieben.

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Entomologe Matthias Nuß ist Leiter der Sektion Lepidoptera bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, sein Arbeitsplatz ist der Museumsverbund Naturhistorische Sammlungen Dresden. Im Job-Protokoll gibt er Einblick in seine Beschäftigung mit den zarten Flügeltieren.

Der Weg in den Job

Das Interesse an Natur, an Tieren und Pflanzen war bei mir schon in der Kindheit ausgeprägt. Ich hatte früh ein Aquarium, später ein Terrarium, ich habe mich für Gehölze interessiert, für die Jagd. Meine Begeisterung für Schmetterlinge begann in der 8. Klasse. Hier eröffnete sich eine neue Welt aus mehreren Tausend Arten, deren Larven an allen heimischen Pflanzen zu finden sind und es war klar, dass es auf lange Zeit viel zu entdecken geben wird.

Mein Weg in den Beruf war ungewöhnlich. Ich bin noch zu DDR-Zeiten zur Schule gegangen, ich war nicht frei in meinen Entscheidungen. Ich habe an der Polytechnischen Oberschule meinen Schulabschluss erworben und wurde als Kartograf ausgebildet, mein Abitur habe ich an der Abendschule nachgeholt.

Den Job als Kartograf habe ich gekündigt, was damals ungewöhnlich war. Ich habe als ungelernte Arbeitskraft im Obstbau angeheuert, bin dann von meinem Vorgesetzten zum Gartenbaustudium delegiert worden. Obstbau, Pflanzenschutz, das fand ich spannend. Erst für meine Promotion habe ich mich mit Schmetterlingen weltweit befasst.

Die Herausforderungen

Für meine Promotion habe ich eine Schmetterlingsgruppe weltweit untersucht. Meine erste Expedition führte nach Kolumbien und war noch privat finanziert. Allerdings habe ich mein Thema viel zu groß angelegt und es nicht - wie geplant - in drei Jahren geschafft. Ich habe mich für ein dreijähriges Stipendium beworben, parallel dazu in einem Planungsbüro gejobbt. Das war mein Plan B, falls sich das mit der Wissenschaft als unrealistisch herausgestellt hätte.

Drei Jahre später, nach Ablauf des Stipendiums, kam zum Glück ein Angebot für einen Verlag ein Bestimmungsbuch über Tagfalter zu übersetzen. Ich hatte acht Wochen Zeit, die 440 Arten zu bearbeiten. Ein Job, den wohl kein anderer machen wollte, der mich aber finanziell über Wasser hielt, sodass ich meinen Weg als Wissenschaftler fortsetzen konnte.

Die Aufgaben

Meine Tätigkeit hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Ich war früher selbst weltweit unterwegs, habe neue Arten entdeckt. Um zu wissen, ob man eine neue Art gefunden hat, muss man sich zunächst einen Überblick verschaffen, welche Arten in einer bestimmten Verwandtschaftsgruppe bereits bekannt sind, das heißt, man studiert die gesamte Fachliteratur seit 1758, dem Jahr, in dem Carl von Linné den Grundstein für das Beschreiben von Tierarten legte. Und bevor man ein Insekt eingehend untersuchen kann, muss es auf einer Expedition gesammelt, präpariert und etikettiert werden.

Im Laufe meines Berufslebens gab es viele technische Neuerungen, so habe ich mich vor zwanzig Jahren in die Molekulargenetik eingearbeitet. Durch die Untersuchung der Variation von DNA-Molekülen zwischen Organismen können wir deren natürliche Verwandtschaft viel effizienter ergründen. Und längst helfen uns Algorithmen und umfassende Online-Datenbanken bei diesen Analysen.

Lange Zeit habe ich mich intensiv der Erforschung der Zünslerfalter gewidmet. Sie stellen mit über 16 000 beschriebenen Arten weltweit eine der größten Lepidoptera-Familien. Ein anderer Bereich, der mich immer interessierte, war die Frage, wie man junge Leute erreichen kann, um Nachwuchs zu gewinnen. Daraus entstand vor mehr als zehn Jahren das Kooperationsprojekt "Insekten Sachsen".

Das persönliche Rüstzeug

Ich selbst war immer neugierig, habe mir Fragen gestellt. Wieso kann etwas an einem bestimmten Ort leben, welche Voraussetzungen braucht es? Und ich würde sagen, man muss abstrahieren können, sollte sich überlegen können, mit welcher Methode man zum Ziel kommt.

Fleiß und Ausdauer sind sicherlich auch ein gutes Rüstzeug, zudem ist es nicht schlecht, wenn man auch mit Misserfolgen umgehen kann. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich der Erfolg nicht immer einstellt. Dann ist man traurig und frustriert - und muss sich motivieren können, weiterzumachen.

Die Berufsaussichten

Die Perspektiven sind nicht unbedingt rosig. Garantien auf eine Wissenschaftskarriere gibt es nicht, aber gute Chancen. Ich möchte alle, die sich für Biologie, Pflanzen und Tiere interessieren, unbedingt dazu ermuntern, ihren Neigungen entsprechend zu studieren.

Wenn man sein Fach mag und richtig gut ist, findet man auch sein Auskommen. Und wer denkt, die Universität sei kein spannender Arbeitsplatz, kann auch im Naturschutz, in der Umweltbildung oder in der Biotechnologie, bei Industrieunternehmen, arbeiten.

© dpa-infocom, dpa:220816-99-407524/6  © dpa

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