Ob Schulabgänger oder Hochschulabsolvent - wer jetzt ins Berufsleben einsteigt, beginnt seine Karriere mitten in einer Krisenzeit.

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Da stellen sich natürlich Fragen: In welchen Branchen gibt es krisenfeste Jobs? Welche Bereiche sind vom Abschwung besonders stark betroffen? Anja Schreiber sprach darüber mit Ralf Beckmann, Arbeitsmarktexperte bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

Gibt es eigentlich in Deutschland Branchen, die von der Krise weniger betroffen sind?

Ralf Beckmann: Zwar wirkt sich die Krise auf den gesamten Arbeitsmarkt aus, allerdings bisher in geringerem Maße als viele Experten befürchtet haben. Die Kurzarbeit ist hier ein stabilisierender Faktor. Die Zahl der gemeldeten Stellen ist insgesamt rückläufig. Aber gibt es auch Branchen, die von diesem Trend überhaupt nicht betroffen sind. In bestimmten Feldern ist die Zahl der offenen Stellen sogar gestiegen.

Welche Branchen sind das?

Ralf Beckmann: Der ganze Bereich des Sozialwesens ist wenig konjunkturabhängig. So waren im August bei den Agenturen für Arbeit rund 22.000 Stellen für Altenpfleger, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Erzieher gemeldet. Das ist im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Plus von 41 Prozent. Auch im Bereich Erziehung und Unterricht gab es durchschnittlich ein Fünftel mehr Stellenangebote. Es zeigt sich, dass der Bedarf an Erzieherinnen in Kindergärten genauso wie an Lehrkräften in berufsbildenden Schulen, in der beruflichen Erwachsenenbildung oder im Sport- und Gesundheitsbereich zunimmt.

Gibt es noch einen weiteren Bereich, der sich gegen den Krisentrend entwickelt hat?

Ralf Beckmann: Das Gesundheitswesen ist ebenfalls eine Branche, die entgegen dem allgemeinen Trend wächst. In diesem Bereich wurden im August 18 Prozent mehr offene Stellen gemeldet als im gleichen Monat des Vorjahres. Es bestehen also weiterhin gute Chancen für medizinisches Fachpersonal.

Gilt das auch für Ärzte?

Ralf Beckmann: Für Ärzte sieht es noch besser aus: Sie werden dringend gesucht. Bei Medizinern gibt es quasi Vollbeschäftigung. Wer arbeitslos wird, findet in der Regel nach kurzer Zeit wieder eine neue Stelle.

Nun zu den schlechten Nachrichten. Welche Branchen hat die Krise besonders stark in Mitleidenschaft gezogen?

Ralf Beckmann: Besonders von der Wirtschaftskrise betroffen sind der Maschinenbau und die Automobilindustrie. Die Metallerzeugung und Metallverarbeitung leidet ebenso unter der Rezession wie die Gummi- und Kunststoffindustrie. Dies sind auch die Branchen, die am häufigsten das Instrument der Kurzarbeit in Anspruch nehmen.

Das heißt also, dass in diesen Industriezweigen die Jobs weniger werden?

Ralf Beckmann: Die Kurzarbeit trägt zwar dazu bei, dass die bestehenden Arbeitsplätze zum großen Teil erhalten bleiben. Frei werdende Stellen werden jedoch in wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht unbedingt wieder besetzt. In Metall- und Elektroberufen registrierten die Arbeitsagenturen im Verlauf des aktuellen Jahres ein Drittel weniger zu besetzende Stellen als im Vorjahreszeitraum. In den den chemie- und kunstoffverarbeitenden Berufen gab es ein Viertel weniger offene Stellen.

Sind auch die Ingenieure davon betroffen?

Ralf Beckmann: Ja, die Nachfrage nach Maschinen- und Fahrzeugbauingenieuren, Elektroingenieuren und Wirtschaftsingenieuren ist gegenüber dem Vorjahr rückläufig. So gibt es zum Beispiel für Maschinenbauingenieure ein Drittel weniger gemeldete Stellen als im Vorjahr. Dennoch haben junge Ingenieure, die jetzt mit dem Studium fertig werden, gute Beschäftigungsperspektiven. Wegen des Ruhestandseintritts vieler Hochqualifizierter und der vergleichsweise geringen Studierendenzahlen wird in diesem Bereich mittelfristig der Fachkräftemangel dominieren.

Sind noch weitere Branchen von der Krise besonders stark betroffen?

Ralf Beckmann: Die gemeldeten Stellen aus der Zeitarbeitsbranche sind überdurchschnittlich zurückgegangen. Gerade die Zeitarbeit gilt als ein Frühindikator dafür, ob die Nachfrage der Wirtschaft nach Arbeitskräften sinkt oder steigt. In den letzten beiden Monaten steigen die Stellenmeldungen wieder, liegen aber noch immer 7 Prozentpunkte unter dem Stand vom August 2008.

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