Berlin - Soziale Netzwerke kosten Zeit. Die meisten davon sind auf Unterhaltung ausgerichtet. Daneben haben sich mit Linkedin und Xing Plattformen etabliert, die sich als reine Berufsnetzwerke verstehen. Sie sollen der Karriere nutzen. Aber lohnt sich ein Profil wirklich?

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Egal ob analog oder digital: "Wer kein gutes Netzwerk hat, der tut sich auf jeden Fall schwerer in der Arbeitswelt", sagt die Karriereberaterin Silke Grotegut, die ein Buch zum Thema geschrieben hat.

Sichtbar sein erhöht die Chancen

Wegen des Fachkräftemangels habe sich der Arbeitsmarkt komplett gedreht, sagt sie. "Deshalb warten die Firmen nicht mehr darauf, dass sich der Richtige schon bei ihnen meldet". Vielmehr gingen sie selbst auf die Suche. Da führe der Weg zwangsläufig über digitale Karriere-Netzwerke.

Grotegut weist außerdem auf den sogenannten verdeckten Stellenmarkt hin. Die meisten Jobs seien nicht ausgeschrieben. Firmen besetzen der Coachin zufolge häufig Positionen aus dem eigenen oder aus dem erweiterten Netzwerk - mit Menschen, die sich initiativ beworben haben, durch Mitarbeiter empfohlen oder im Recruitingprozess gefunden worden sind. Auch hier spielen Xing oder Linkedin eine große Rolle.

Magdalena Oehl beschreibt das aus der Perspektive der Start-up-Szene. Die stellvertretende Vorsitzende des Start-up-Verbandes sagt, "nur wer sichtbar ist, findet statt". Insbesondere bei Gründern und Gründerinnen findet sie es sinnvoll, präsent zu sein. Das helfe zum Beispiel, um potenzielle Investoren und Mitarbeiterinnen auf sich aufmerksam zu machen.

Netzwerk in kleinen Schritten aufbauen

In Business-Netzwerken erfolgreich unterwegs zu sein, setze Gesprächs- und Kontaktfreudigkeit voraus, sagt die Organisations- und Gruppenpsychologin Babette Brinkmann. Sie lehrt als Professorin an der Technischen Hochschule Köln.

Wer neu ist, sollte zunächst schauen, wen er oder sie auf der jeweiligen Plattform bereits kennt - etwa ehemalige Mitschüler, Kommilitonen oder Teammitglieder.

Magdalena Oehl vom Start-up-Verband erlebt häufig, dass man sich nach Events mit neuen Personen vernetzt. Der Schlüssel zum Erfolg sei Kontinuität. Möchte man sich schnell ein aktives, wachsendes Netzwerk aufbauen, müsse man regelmäßig Beiträge schreiben. "Mindestens genauso wichtig ist die Netzwerkpflege, sich also Nachrichten zu schreiben, auf Inhalte zu reagieren und auf interessante Posts hinzuweisen."

Kosten und Nutzen müssen im Verhältnis stehen

Die Netzwerk-Kontakte sollten unterschiedliche Eigenschaften erfüllen. Qualität stehe aber vor Quantität, sagt Silke Grotegut. Das alles klingt nach viel Planung, Aufwand und Zeit. Babette Brinkmann stimmt dem zu. Optimal sei deshalb, wenn es sich nicht als Last anfühlt sowie Kosten und Nutzen im Gleichgewicht stehen. Dann könnten Netzwerke wie Linkedin ein Gewinn sein.

Neben Zeit kosten die Netzwerke mitunter auch Geld. "Xing ist ein Freemium-Produkt, mit dem Basisaccount kommt man nicht besonders weit", sagt Karrierecoachin Grotegut. Bei Linkedin hingegen sind "schon die wichtigsten Features für die Jobsuche in der kostenfreien Variante enthalten". Zusätzliche Angebote seien zahlungspflichtig.

Trotzdem sind Business-Netzwerke nicht zu unterschätzen. "Dieses Modell, dass man sein ganzes Berufsleben bei einem Arbeitgeber verbringt, wird es zukünftig in der Form nicht mehr geben", sagt Grotegut. Irgendwann gehörten regelmäßige Wechsel dazu. Wer dann bereits über ein intaktes Netzwerk verfügt und sichtbar ist, dem gelinge der Neueinstieg schneller.

Literatur:

Silke Grotegut: 30 Minuten. Karriere machen mit Xing, LinkedIn und Co., Gabal 2022, 96 S., ca. 9,90 Euro, ISBN: 978-3-96739-120-6.

© dpa-infocom, dpa:220923-99-873879/2

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