- Karriere machen, das mag in vielen Köpfen immer noch heißen: irgendwann Chef oder Chefin sein.
- Tatsächlich sinkt die Bereitschaft dazu aber. Der Druck, die Probleme - nicht jeder fühlt sich damit wohl.
Es klingt aufregend: das Unternehmen mitgestalten, auch mal unangenehme Entscheidungen treffen, im Fokus stehen. Diese Anforderungen an Führungskräfte zeigen aber auch schon, was unter anderem dazu gehört, Chef oder Chefin zu sein.
Deshalb sind es auch gar nicht so viele Menschen, wie man meinen könnte, die wirklich danach streben. Eine repräsentativen Umfrage im Auftrag der Initiative Chefsache zeigte:
- 35 Prozent der 5.000 Befragten wollen eine Führungsposition übernehmen.
- 30 Prozent der Frauen und knapp 40 Prozent der Männer.
- Tendenz: sinkend.
Erste Frage: Fühle ich mich in der Führungsrolle überhaupt wohl?
Für Berufstätige wird Führung oft als Karriereziel ausgegeben. Woher weiß man aber, ob es zu einem passt? Ob Führung etwas für einen ist, merke man oft schon in der Jugend, sagt Jörg Schmidt, Geschäftsführer der Haufe Akademie für den Bereich Kompetenz für Fach- und Führungskräfte. Wer proaktiv etwas gestalten möchte, gerne im Fokus steht und wem es leichtfällt zu kommunizieren, der erfülle schon wichtige Bedingungen.
Man müsse es auch mögen, sich selbst zu reflektieren und zu entwickeln. "Grundsätzlich kann man all das auch lernen", sagt Schmidt. "Aber man sollte sich in einer Führungsposition auch wohlfühlen." Es sei also wichtig, dass man Affinität zum Führen habe, sich davon gewissermaßen angezogen fühle.
Sich selbst hinterfragen: Kann ich motivieren? Vertrauen gewinnen?
So sieht es auch Karrierecoach Ute Bölke. "Wer Führungskraft wird, sollte das aus innerer Überzeugung tun." Sich aus Statusgründen oder wegen des Geldes dafür zu entscheiden, könne einem "früher oder später um die Ohren fliegen".
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Allen voran: "Menschen sind schwierig", so Ute Bölke. Was lustig klingt, ist durchaus ernst gemeint: Nicht immer sind Dynamiken im Team nachvollziehbar, geschweige denn kontrollierbar. Genau das sei aber die Aufgabe als Führungskraft. Dafür braucht es viel Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, das Vertrauen von Menschen zu gewinnen.
Wer den Chefsessel als Ziel vor Augen hat, sollte sich im Klaren darüber sein, dass er oder sie dann fachliche Aufgaben abgibt. Die erledigen nun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Es geht darum, das volle Potenzial eines Teams auszuschöpfen, statt jede Entscheidung selbst zu treffen", betont Schmidt.
Akzeptanz, Respekt, Druck von unten und oben - wie gehe ich damit um?
Wer sich diesen Aufgaben gewachsen fühlt, kann sich als Führungskraft probieren. Einfach wird es wohl nicht - egal, ob man im eigenen Unternehmen aufsteigt oder ob man von außen kommt, wie Bölke analysiert.
Werden Beschäftigte innerhalb ihres Teams befördert, bekommen sie es vor allem mit Akzeptanzproblemen zu tun. Den Respekt als Führungskraft muss man sich erarbeiten, auch wenn man sich bereits kennt. Kommt man neu ins Unternehmen, können ebenso unschöne Überraschungen warten. Etwa, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der oder dem alten Vorgesetzten hinterhertrauern.
Gerade in sogenannten Sandwichpositionen hat man es immer schwer. "Erwartungen und Ansprüche von unten und oben, das setzt viele unter Druck", sagt Bölke.
Bin ich der Typ, der Pläne macht oder eher improvisiert?
Wer sich seines Ziels sicher ist, sollte sich gut überlegen, wie man die künftige Arbeit als Führungskraft gestalten will und nicht improvisieren, empfiehlt Schmidt. Am besten geht man die neue Aufgabe mental durch und entwirft ein Szenario für die ersten 100 Tage: Was will ich bis dahin erreicht haben?
Als Vorgesetzter befinde man sich oft auf dem schmalen Grat, sich gut in die Unternehmenskultur einzupassen, aber auch prägend Einfluss zu nehmen, sagt Schmidt. "Man will sich profilieren mit seinen Ideen, Dinge in Frage stellen, aber die unternehmenskulturellen Grenzen nicht überschreiten."
Eine Gebrauchsanleitung für das richtige Maß gibt es nicht. Mit der Zeit entwickelt man laut Schmidt ein Gefühl dafür, wie sehr man anecken kann und wann man besser mit dem Strom schwimmt.
Schmidt warnt davor, so zu tun, als laufe von Anfang an alles perfekt. Bloß keine Schwäche zeigen wollen und bei völliger Ahnungslosigkeit Kompetenz vortäuschen, das sei der falsche Ansatz. "Die meisten merken, wenn man unsicher ist. Man sollte offen damit umgehen und als Person authentisch bleiben." (Elena Zelle, dpa/af)
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