Probleme beim Einschlafen, Albträume oder immer wieder nachts aufwachen: Auch Kinder können unter Schlafstörungen leiden. Welche das sind und wie Eltern sie erkennen und vorbeugen können, erklärt eine Schlafforscherin.

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Kleinkinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren benötigen täglich etwa 10 bis 12 Stunden Schlaf. Doch nicht jeden Tag klappt es, dass die Kleinen ausreichend schlafen. "Kinder müssen das Schlafen und gerade auch einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus erst lernen", erklärt die Psychologin und Schlafforscherin Kerstin Hödlmoser.

Bei manchen gehe es schneller, bei manchen dauere es länger. Wichtig ist laut der Expertin, dass Eltern sich nicht zu sehr unter Druck setzen. "Allerdings ist es wichtig, dass sie eine klare Regelmäßigkeit und Routine vorgeben, um die Kinder in diesem Lernprozess zu unterstützen."

Was aber, wenn diese Regelmäßigkeit auch mit der Zeit nicht kommt oder das Kind nachts immer wieder aufwacht? Denn nicht nur Erwachsene können unter Schlafstörungen leiden. Es sind durchaus bereits Kinder betroffen. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt die Expertin, wie Eltern in solchen Fällen reagieren können.

Was Kindern den Schlaf raubt

Sehr häufig seien bereits im Kindesalter sogenannte Insomnien, berichtet Hödlmoser. Dabei unterscheide man zwei Arten: "Die Ein- oder Wiedereinschlafstörung mit Abhängigkeit von Einschlafhilfen - das können die Eltern sein, aber auch Fläschchen oder Schnuller - und eine Schlafstörung aufgrund inkonsequenten Erziehungsverhaltens in Kombination mit Widerstand des Kindes beim Zubettgehen."

Kerstin Hödlmoser
Kerstin Hödlmoser ist eine österreichische Schlafforscherin. © Kerstin Hödlmoser

Typisch seien außerdem Albträume oder der sogenannte Pavor Nocturnus (Nachtschreck). Auch Schlafwandeln sei eine Schlafstörung, die oft im Kindesalter auftritt und dann aber bis zum Jugendalter wieder nachlässt.

"Es gibt aber auch schon im Kindesalter sogenannte organische Schlafstörungen, wie beispielsweise schlafbezogene Atmungsstörungen, sogenannte Schlafapnoen, bei denen es zu Atemaussetzern während des Schlafes kommen kann", sagt die Schlafforscherin und rät: "Die sollte man auf jeden Fall medizinisch abklären lassen."

Mit Kindern über deren Schlaf sprechen

Einen Nachtschreck bekommen Eltern meist mit. Andere Dinge, die die Schlafqualität des Kindes beeinflussen, können einem jedoch entgehen. "Sobald das Kind nicht mehr bei den Eltern im Schlafzimmer schläft, wissen diese häufig gar nicht, wie lange ihr Kind braucht, bis es einschläft und ob es nachts mal aufwacht, schlecht träumt und nicht wieder einschlafen kann", schildert Hödlmoser das Problem. Ihr Tipp: "Eltern sollten ihre Kinder immer wieder mal dazu ermutigen, über ihr Schlafverhalten nachzudenken und davon zu erzählen."

Außerdem warnt sie: "Wenn die Kinder älter werden und dann vielleicht das Smartphone unerlaubterweise mit ins Bett nehmen, heißt es nicht, dass sie schlafen, wenn das Licht ausgeschaltet ist und man nichts mehr hört im Kinderzimmer." Deshalb appelliert sie an Eltern: "Wir Eltern sind dafür verantwortlich, dass unsere Kinder ein gesundes Schlafverhalten lernen – und hierfür sollten wir auch ein gutes Vorbild sein!"

"Bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit oder Aggressionen sollte immer ein Blick auf das Schlafverhalten geworfen werden. Oft schlafen diese Kinder zu wenig oder unregelmäßig."

Kerstin Hödlmoser, Schlafforscherin

Nicht nur nachts wird deutlich, ob Kinder gut schlafen. "Schlafstörungen fallen häufig über das Verhalten tagsüber auf", erklärt Hödlmoser. "Wenn wir nicht ausgeschlafen sind, sind wir viel instabiler, schneller gereizt, können uns nicht so gut konzentrieren, was sich auch in sozialen Interaktionen bemerkbar macht und diese erschwert."

"Bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit oder Aggressionen sollte immer ein Blick auf das Schlafverhalten geworfen werden. Oft schlafen diese Kinder zu wenig oder unregelmäßig", gibt die Expertin zu bedenken. Gerade bei Aufmerksamkeitsdefizitstörungen, Hyperaktivitätsstörungen, aggressivem Verhalten und Auffälligkeiten im Sozialverhalten sollten Psychologen und Kinderärzte den klassischen Anamnese-Fragebogen zur Erfassung des Schlafverhaltens heranziehen, rät sie.

Rituale und Regelmäßigkeit als entscheidender Faktor für guten Schlaf

Kann man bei einem solchen Verhalten also auf eine Schlafstörung schließen? "Das muss nicht gleich eine Schlafstörung sein, aber man sollte Eltern in solchen Fällen ein paar Tipps an die Hand geben, gerade was die Regelmäßigkeit betrifft", so Hödlmoser.

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"Regelmäßiges Schlafen und Essen wird manchmal ein bisschen belächelt, aber jeder, der darauf Wert legt, wird eine Verbesserung feststellen", sagt die Schlafforscherin. Bei gleichen Essenszeiten zum Beispiel könne sich der Körper darauf einstellen und finde in einen Rhythmus. Dasselbe gelte beim Schlaf. "Was hier eine große Rolle spielt, ist das klassische Einschlafritual. Pyjama anziehen, Zähne putzen, Geschichte vorlesen, kuscheln - das Standardprogramm, um den Körper zu entspannen und damit auf das Schlafen vorzubereiten."

Laut der Expertin schlafen Kinder leichter ein, je routinierter das Einschlafritual gemacht und zeitlich eingehalten wird. Viele Eltern kennen das vermutlich. "Wenn ein Kind zum Beispiel gewöhnlich um 20 Uhr ins Bett geht und man diesen Zeitpunkt verpasst, sind die Kleinen schnell mal überdreht", sagt Hödlmoser. "Klar darf es Abweichungen geben, aber man tut sich selbst und den Kindern einen großen Gefallen, wenn man versucht, die Bettgehzeiten einzuhalten. Dann sind die Kinder tagsüber fitter. Sind sie unausgeschlafen, leidet schnell die soziale Kompetenz darunter."

Eine Situation, die wohl alle Eltern kennen: Das Kind möchte einfach nicht schlafen und wird wütend. "Dann ist es trotzdem wichtig, einen Weg zu finden, sein Kind zu beruhigen und auf den Schlaf einzustimmen", meint Hödlmoser. Laut der Schlafexpertin ist es dafür hilfreich, wenn Eltern den Kindern einen Grund geben, gerne ins Bett zu gehen: "Vielleicht noch die besondere Lieblingsgeschichte vorlesen oder eine Extrarunde kuscheln." Aber das Wichtigste, wenn das Kind mal bockig ist, sei, "konsequent bleiben, auch wenn das oft leichter gesagt als getan ist".

Was außerdem helfen kann, wenn Kinder keine Lust aufs Ins-Bett-gehen haben: den Schlafplatz umgestalten. Hödlmoser schlägt zum Beispiel vor, das Kinderzimmer umzustellen, um eine neue Schlafumgebung zu gestalten oder eine neue Bettdecke zu kaufen. "Und wenn es gar nicht besser wird, sollte man eine Psychologin oder einen Psychologen aufsuchen – je früher man sich Unterstützung holt, desto eher und einfacher kann man gemeinsam nach Lösungswegen suchen."

No-Go vor dem Schlafen: Blaulicht

Einige Eltern erlauben ihren Kindern vor dem Schlafengehen, noch etwas am Handy oder Tablet anzuschauen. Davon rät Hödlmoser bei Babys und Kleinkindern allerdings dringend ab. Immerhin zeigten zahlreiche Studien, dass Blaulicht das Schlafhormon Melatonin hemmt. Stattdessen empfiehlt die Schlafforscherin: "Lieber das klassische Geschichtenvorlesen und Kuscheln oder ein Hörspiel hören – jedenfalls etwas ohne Blaulicht."

Über die Gesprächspartnerin

  • Assoc.-Prof. Dr. Kerstin Hödlmoser ist Psychologin und Professorin an der Universität Salzburg am Centre for Cognitive Neuroscience (CCNS). Sie forscht in den Bereichen Biologische Psychologie (Schwerpunkt Schlaf und Kognition) und Sportpsychologie (Schwerpunkt: Schlaf und Regeneration im Leistungssport).
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