Naturwein spaltet die Gemüter: Für die einen ist er der einzig wahre Wein, für die anderen ist er ungenießbar und überteuert. Wir erklären dir, was den Wein ohne Zusatzstoffe ausmacht.

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Vor ein paar Jahren war er in Deutschland noch ziemlich unbekannt – inzwischen gibt es fast schon einen Hype um ihn: Naturwein. Konventionell hergestellte Weine dürfen diverse Zusätze wie beispielsweise Sulfite enthalten. Zudem dürfen Winzer:innen bei der Produktion zahlreiche Hilfsstoffe verwenden, unter anderem Gelatine zum Klären des Weins. Das regelt eine EU-Verordnung.

Naturwein dagegen entsteht komplett ohne Zusatz- und Hilfsstoffe. Das Ideal ist, Wein so zu produzieren, wie er bereits vor Tausenden von Jahren hergestellt wurde.

Naturwein: Welche Kriterien gelten?

Was genau unter Naturwein zu verstehen ist, ist allerdings im deutschen Weingesetz nicht festgelegt. Es handelt sich bei der Bezeichnung nicht um einen geschützten Begriff. Folglich gibt es auch keine verbindlichen Kriterien, denen der Naturwein genügen muss.

Ebenso wirst du Naturwein wohl nicht im Supermarkt finden: Laut einem Artikel im Magazin der Süddeutschen Zeitung (SZ-Magazin) darf der Begriff wegen seiner Umstrittenheit und unklaren Definition nicht auf den Etiketten stehen. Stattdessen bekommst du den besonderen Wein in Fachgeschäften, Weinbars und direkt bei Winzer:innen ab etwa zwölf Euro pro Flasche. Auch gehobene Restaurants finden zunehmend Gefallen an dem besonderen Wein.

Übrigens: Naturwein ist nicht das gleiche wie Bio-Wein oder biodynamischer Wein, auch wenn die Kriterien für Anbau und Herstellung zum Teil gleich sind. Mehr über Bio-Weine erfährst du in diesem Artikel: Biowein und Bio-Wein-Siegel: Darauf kannst du achten. Naturwein findest du manchmal auch unter den Bezeichnungen "Naked Wine" oder "Raw Wine".

Eine Besonderheit von Naturwein: Die Hefe

Eine Zutat unterscheidet Naturwein besonders von anderen Weinen: Die Hefe.

Winzer:innen arbeiten üblicherweise mit speziellen Reinzuchthefen. Diese wandeln den Fruchtzucker aus den Weintrauben in Alkohol um. Für Naturwein verwenden Winzer:innen dagegen Naturhefe, auch wilde Hefe genannt, die sich aus ganz unterschiedlichen Hefestämmen zusammensetzen kann. Tatsächlich befinden sich auf der Schale der Trauben von Natur aus Hefen. Naturwein-Winzer:innen nutzen diese Hefen, um die Gärung in Gang zu bringen.

So schmeckt Naturwein

In einem konventionellen Wein bestimmt die speziell gezüchtete Hefe einen großen Teil des Geschmacks, so das SZ-Magazin. Das ist ein Grund, weshalb Naturwein ganz anders schmeckt als konventioneller Wein.

Da Naturwein-Winzer:innen auch sonst keine Hilfs- oder Zusatzstoffe verwenden, um den Geschmack zu kontrollieren, ist die geschmackliche Bandbreite von Naturwein sehr groß. Manche unterscheiden sich kaum von gewöhnlichen Weinen, andere schmecken stark nach Hefe, Essig oder fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut. Wenn du "normalen" Wein gewohnt bist, ist Naturwein für dich womöglich erst einmal gewöhnungsbedürftig. Das kann auch mit daran liegen, dass viele Naturweine nicht gefiltert und deshalb sehr trübe sind.

Der Geschmack von Naturwein kann sich bei der Lagerung noch sehr stark verändern. Dies liegt dem SZ-Magazin zufolge daran, dass der fertige Naturwein noch aktive Mikroorganismen enthält.

Ist Naturwein der bessere Wein?

Naturwein enthält keine Zusatzstoffe und wird mit traditionellen Mitteln hergestellt. Macht ihn das zu einem besseren Wein?

Naturwein scheint konventionellem Wein gegenüber einige gesundheitliche Vorteile mitzubringen:

  • Ein offensichtlicher Vorteil ist, dass bei der Herstellung von Naturwein im Gegensatz zu konventionell produziertem Wein keine chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt werden.
  • Laut einer Studie haben biologisch angebaute Früchte und Beeren eine stärkere antioxidative Wirkung.
  • Naturwein kommt ohne Schönung und Filtration aus – und enthält deshalb mehr vom sekundären Pflanzenstoffs Resveratrol.
  • Die menschliche Leber kann Wein ohne Sulfitgehalt besser verarbeiten.

Wichtig: Schlussendlich ist auch Naturwein ein alkoholisches Getränk – du solltest ihn deshalb nur in Maßen genießen.

Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt bei Naturwein zudem eine größere Rolle. Naturwein-Winzer:innen verzichten nicht nur auf Zusatz- und Hilfsstoffe, sondern verwenden auch wesentlich weniger Dünger als konventionelle Winzer:innen. Der SZ zufolge bewirten viele Naturwein-Winzer:innen ihre Rebstöcke biodynamisch, also nach Demeter-Kriterien. Eine besondere Rolle spielt bei ihnen eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt: Eine große Artenvielfalt sorgt für besonders viele verschiedene Hefestämme auf den Trauben. So können Naturwein-Winzer:innen das umliegende Ökosystem unterstützen.

Ein Punkt wird im SZ-Magazin aber auch kritisiert: Ein Großteil des deutschen Naturweins geht in den Export an Liebhaber:innen in aller Welt. So hilft der Naturwein zwar den lokalen Ökosystemen, verursacht beim Transport aber viele CO2-Emissionen.

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Überarbeitet von Paula Boslau  © UTOPIA

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