Die Neungang-Wandlerautomatik hatte bislang viele Fans. Allerdings treten immer häufiger Probleme mit dem komfortablen Schaltgehilfen auf. Wer ist besonders betroffen und was sagt Stellantis? promobil fragt nach.

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Als Fiat im Sommer 2019 das von nicht wenigen Reisemobilfahrern eher ungeliebte automatisierte Schaltgetriebe namens Comfort-Matic in Rente schickte und durch eine moderne Neungang-Wandlerautomatik ersetzte, war die Freude groß. Denn die 9-Speed setzte dem vormals ruckartigen Hoch- und Runterschalten der Gänge endlich ein Ende. Von nun an wechselte die "echte" Wandlerautomatik galant und unbemerkt die Gänge, was dank der neun Übersetzungsstufen nahezu stufenlos vonstattenging. Das verschaffte dem Ducato einen enormen Komfortgewinn.

Außerdem verpasste Stellantis seinem neuen Automatikgetriebe eine Start-Stopp-Funktion, was bei manchen Fahrern zumindest anfangs für Verwunderung sorgte, wenn an der Ampel plötzlich der Motor ausging und beim Treten des Gaspedals wieder ansprang.

Häufige Ausfälle der Automatik im Fiat Ducato

Entwickelt wurde die Wandlerautomatik mit dem Namen 9HP48 in einer Zusammenarbeit zwischen Stellantis und dem bekannten Friedrichshafener Getriebespezialisten ZF, der auch für viele Pkw-Modelle Automatikgetriebe liefert. Das Exemplar für den Ducato wird allerdings nicht am Bodensee gefertigt, sondern in einem Chrysler-Werk in den USA, nach den Plänen von ZF.

Der Stellenwert des Fiat Ducato als Reisemobil-Basis ist groß. Im diesjährigen Report des Caravaning Industrie Verband ist zu lesen, dass im Jahr 2023 der Fiat mit insgesamt 20.567 Einheiten das meistgenutzte Basisfahrzeug war. Umso schwerer fällt es ins Gewicht, wenn am bewährten Ducato gehäuft Ausfälle aufzutreten scheinen. Eine nicht unerhebliche Anzahl an Rückmeldungen von promobil-Lesern nährt den Verdacht, dass sich Probleme mit dieser Neungang-Wandlerautomatik im Fiat Ducato der Serie 8 häufen.

Eine ganze Reihe von Ducato-Fahrern berichten von Ausfällen ihrer Automatik – ganz unabhängig vom Aufbauhersteller –, und das auch bei geringer Laufleistung und relativ jungen Fahrzeugen. Unglücklicherweise passieren solche Ausfälle oft ausgerechnet im Urlaub, auf Tour, weit weg von zu Hause, weit weg von der heimischen Werkstatt.

Herausforderungen bei der Reparatur

Claudia und Jörg Burger beispielsweise sprechen in ihrer Leser-Zuschrift an die promobil-Redaktion von einer vierwöchigen Odyssee mit ihrem Reisemobil auf Ducato-Basis, die sie Geld, Nerven und nicht zuletzt wertvolle Urlaubszeit gekostet hat. Auch Günter Gläß klagt sein Leid und schreibt, dass seit seiner von Werkstattbesuchen gespickten Reise durch Frankreich und Spanien das Wohnmobil mit Automatikgetriebe nun ungenutzt daheim im Carport stehe. Oft zieht sich die Reparatur in die Länge. Fiat-Professional-Werkstätten fühlen sich teils nicht für Reisemobile zuständig, insbesondere bei Integrierten. Zudem stocke die Lieferung von Ersatzgetrieben.

Sogar manche Reisemobil-Hersteller beklagen sich und berichten von Fällen, in denen Kunden mit einem kaputten Automatikgetriebe im Urlaub stranden. Der Ball wird dann von den Händlern weiter an die Aufbauhersteller gespielt, die aber ebenso überfordert sind und nur auf den Basisfahrzeughersteller verweisen können.

Bei Fiat-Stellantis sei das Thema bis zum Zeitpunkt unserer Anfrage noch nicht aufgepoppt, heißt es. Dort seien zwar mehrere Fälle von Schäden am Automatikgetriebe des Ducato 8 registriert, allerdings betrachtet das Unternehmen das noch nicht als gehäuftes Auftreten.

Ausfälle aufgrund hohen Gewichts

Die Burgers vermuten, dass die Ausfälle mit dem hohen Gewicht der betroffenen Reisemobile zusammenhängen, da es sich meist um Modelle mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht handelt. Das deckt sich mit vielen Angaben in Zuschriften und User-Beiträgen diverser Internetforen. Von Stellantis kommt dazu der Hinweis, dass gerade Käufer größerer und schwererer Fahrzeuge gerne zur Automatik greifen. Bei nahezu hundertprozentiger Ausstattung solcher Modelle mit Automatikgetrieben seien Ausfälle einfach in Relation wahrscheinlicher.

Oft kündigen sich die Getriebe-Probleme mit einem gelben oder roten Warnlämpchen an. Man solle den "Motor überprüfen lassen" oder das "Getriebe überprüfen lassen" oder es heißt schlicht "Getriebeöl überhitzt", ehe der Ducato in den Notlauf übergeht oder gar nicht mehr fährt.

Letztlich landet das Reisemobil in der Werkstatt, wo der Schaden inspiziert wird. Muss ein neues Getriebe her, werde das zwar nicht über Nacht geliefert, die zwischenzeitlichen Schwierigkeiten bei der Lieferbarkeit seien aber überstanden, so Stellantis. Nach Prüfung und Freigabe, die bei einem so teuren Ersatzteil notwendig sei, bekäme der Händler innerhalb von ein, zwei Wochen das neue Getriebe geliefert. Bei Fiat will man sich immerhin um die Probleme mit der 9-Speed noch mal gezielt kümmern.

Das eigene Fahrzeug über Wochen und Monate nicht nutzen zu können, ist für Betroffene höchst ärgerlich. Nur ein schwacher Trost: Im neuen Ducato 9 kommt ein neues Automatikgetriebe mit acht Fahrstufen zum Einsatz.

Ihre Erfahrungen mit dem Ducato-Getriebeschaden

Uns haben viele Zuschriften zu diesem Thema erreicht. Fast alle handeln von der eigenen Misere mit dem Ducato-Getriebe. Einige der Erzählungen haben wir hier für Sie gesammelt:

Franz Lenz, per Mail: "Unser Knaus Sky I Baujahr 2013 (150.000 km) steht nun bereits 3 Monate beim Händler hier in Süddeutschland Nähe Sigmaringen." Der Händler schien von Anfang an schlichtweg überfordert und hat, noch bevor der Scanreport ausgelesen wurde, sofort vom kompletten Austausch der Selespeed, plus Kupplung, plus Getriebe gesprochen. O-Ton:…und wenn dann der Motor eh schon draußen ist, wechseln wir auch gleich noch die Lichtmaschine, Schläuche und checken den Turbo. Geschätzt über 20.000 Euro. Da fragt man sich, Überforderung oder Abzocke oder beides?! Einen finalen Kostenvoranschlag konnte der Händler auch nicht zu Papier bringen. Fiat FCA wurde eingeschalten, aber brachte bis heute auch nicht wirklich eine Lösung zustande. Es ist schlichtweg ein Drama und ich frage mich, wo ich Hilfe bekommen kann?"

Jürgen Gerlach, per Mail: "Auch ich bin leider ein Betroffener, der mittlerweile den zweiten Getriebeschaden der Neungang-Wandlerautomatik in einem Jahr hat. Der erste Getriebeschaden kam bei 7.300 km auf, der zweite Getriebeschaden jetzt in Schweden bei 13.300 km. Im Februar/März 2025 wird das Fahrzeug zwei Jahre alt. Der aktuelle Schaden kann dieses Jahr nicht mehr repariert werden, sodass ich dann von den zwei Jahren, ein ganzes Jahr auf das Wohnmobil verzichten muss."

Thomas Boss, per Mail: "Ich bin selbst Geschädigter dieses Getriebes. Uns erwischte es auf der Rückfahrt aus der Bretagne im Juni. Allerdings hat sich bei mir keine Öllampe etc. gemeldet, sondern das Getriebe fing bei einer geringen Bergfahrt in den kleinen Gängen plötzlich zu malen an und das in einer Lautstärke, als ob direkt am Ohr eine Kaffeemühle läuft.

Die Fiat-Werkstatt hat die starken Geräusche aufgenommen und danach auch das Öl analysiert. Späne waren keine vorhanden und das Öl auch nicht schwarz. Die waren ratlos.Die Tonaufzeichnungen und div. Berichte wurden an Ingenieure in Italien gesandt. Lapidare Antwort: Getriebe raus, Ölkühler raus und alle Leitungen ersetzen.

Mein Fahrzeug, ein Carthago Chic-C Line Integrierter EZ 4.22 mit 29.000 km, war leider 2 Monate zu früh aus der Garantie und mein Dilemma begann. In unserem Ort gibt es eine ehemalige Fiat-Werkstatt, die sich auf Wohnmobile spezialisiert hat. Weil ich dort hingegangen bin, hat Fiat jetzt wegen "Werkstatt Untreue" meinen Kulanzantrag abgelehnt, sodass ich auf 16.000 EUR Reparaturkosten sitzen geblieben bin."

Markus Pa, auf facebook: "Das Problem hatten wir auch. Nach 2300 Kilometern! Fahrzeug (Sunlight A70 4,4 Tonnen) stand dann 9 Wochen in Südtirol in der Werkstatt."

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olni38, auf Instagram: "Nach gut 20.000 km und kurz vor Ende der Garantie forderte uns ein Warnhinweis auf, das Getriebe kontrollieren zu lassen. Nach einem erfolglosen Update stand fest: Das Getriebe muss ausgetauscht werden. Also vorerst keine Reisen. Das WoMo steht seit Wochen in der Werkstatt. Fiat hat zwar die Freigabe zum Austausch erteilt, hält sich aber gegenüber der Werkstatt mit Angaben zur Lieferdauer bedeckt. Angeblich soll ein Ersatzgetriebe nur 1 – 2 Wochen nach der Freigabe beim Händler sein. Wir erleben das krasse Gegenteil."

anne11e_o.o, auf Instagram: "Bei uns war das Getriebe nach 5.000 km defekt, BJ 2023 und 180 PS."  © Promobil

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