Eine Holzbox, ein Faltbrett und eine Klappmatratze – reicht das, um ein Auto Camper zu nennen? Mit dem wohl günstigsten, campingtauglichen Neufahrzeug am Markt, dem Dacia Jogger mit Campingkit, ist promobil-Redakteurin Samira dieser Frage nachgegangen. Einmal rund um den Bodensee, zwei Nächte zu zweit im Kofferraum.

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Micro-Camping und Car-Camping liegen im Trend. Gerade junge Menschen und Berufsanfängerinnen und -anfänger, Personengruppen mit wenig finanziellem Spielraum, entdecken diese Reiseform für sich. Doch auch Minimalisten und Pragmatiker wissen die Vorteile des Trends zu schätzen. Die Familienkutsche oder den geerbten Kombi zum Übernachten auszustatten, ist nicht nur finanziell leichter zu realisieren, es benötigt auch weniger Vorbereitung als der Traum vom handgemachten Instagram-Vanlife. Zeitgleich belastet man die ohnehin in vielen Städten angespannte Parkraumsituation nicht mit einem zusätzlichen Fahrzeug.

Da wir uns als Campingexperten jedem Aspekt des motorisierten Campings verschrieben haben, war es auch für promobil-Redakteurin Samira Matschinsky an der Zeit dem Trend einmal auf den Zahn zu fühlen. Und so schnappte sie sich kurzerhand den Jogger vom Hof, lud ihren Partner und die Campingstühle ein und fuhr los Richtung Bodensee.

Dacia Jogger mit Campingkit

  • Ausführung: Extreme+ 5-Sitzer, Eco-G 100
  • Systemleistung: 74 kW (101 PS)*
    *Testwagen im LPG-Betrieb
  • Antrieb: LPG und Benzin, 6-Gang-Schaltgetriebe
  • Grundpreis*/Testwagenpreis: ab 21.250/24.053 Euro
    *Extreme+ 5-Sitzer (Essential 5-Sitzer, LPG ab 17.900 Euro, 7-Sitzer ab 18.900 Euro)
  • Zugelassenes Gesamtgewicht: 1.724 kg
  • Ausstattung: umfangreiche Extreme+-Serienausstattung mit modularer Dachreling, Keyless go, Multimedia mit Smart-Phone-Anbindung u. v. m.
  • Camping-Zubehör: Schlafpaket (1.500 Euro), Dacia Heckzelt für 3 Personen (560 Euro), Verdunklungsset (295 Euro), Dachbox 480 Liter (430 Euro)

"Für wen ist so ein Car-Camper geeignet?", "In welchen Situationen ist er einsetzbar?", "Welche Stärken und Schwächen hat das Konzept von Dacia?" und "Macht mein Rücken das mit?" diese Fragen und viele mehr stellte sich die Redakteurin zu Beginn des Wochenendes. Ob zwei Nächte an zwei Partylocations wohl reichten, um sie zu beantworten?

Die Reise kann beginnen: Alles an Bord?

Eine Klappkiste mit Lebensmitteln, ein Kasten Bier, eine Tasche mit Klamotten, Handtücher, Badesachen, zwei Campingstühle – für drei Tage bei Freunden braucht es nicht viel. Im letzten Moment landen Kissen und Decken auf der zusammengeklappten Matratze im Kofferraum. Alles an Bord? Los geht's!

Die Optik kann täuschen: hier ist viel Modernes dabei

Die ersten Fahrversuche sind noch ruckelig. Wer Automatik gewöhnt ist, muss sich mit der Gangschaltung erst wieder anfreunden. Was hingegen auf den ersten Blick freut, sind die, heutzutage altmodisch anmutenden, Knöpfe im Cockpit. In Kombination mit dem modernen Touch-Display des Bordcomputers ergibt sich eine spannende Optik – irgendwo zwischen diesem und dem letzten Jahrzehnt. Doch der Dacia kommt mit zahlreichen modernen Assistenzsystemen – wie dem Tempomat, einem Spurhalte-Warner, Einparkhilfe, Rückfahrkamera und einem Tote-Winkel-Assistenten im Spiegel – sowie einer elektrischen Parkbremse.

Mit 74 kW (101 PS) ist das Fahrzeug ausreichend ausgestattet – schließlich ist es ein PKW, kein ausgewachsenes Wohnmobil – doch beim Anfahren, Beschleunigen und Überholen merkt man die eher pragmatisch gedachte Motorisierung (Turbo-Drei-Zylinder) dann schon immer wieder. Mit einem angepassten Fahrstil und ohne Dachbox sind 160 km/h auf der freien Autobahn jedoch ohne Weiteres möglich. Ansonsten lädt der Dacia Jogger eher zum gemütlichen Cruisen als zu sportlichen Fahrmanövern ein.

Parken? Kein Problem!

Die erste Location des Kurztrips: ein atemberaubender Blick Richtung Bodensee, auf die Ausläufer der Schweizer Alpen, das österreichische Flachland um Bregenz und das deutsche Lindau. Dazu strahlend blauer Himmel und Temperaturen jenseits der 20 Grad. Dementsprechend gut besucht ist der Parkplatz. Dennoch findet sich schnell ein schönes Plätzchen für den Dacia. Ein eindeutiger Vorteil gegenüber dem Wohnmobil. Die Party kann losgehen.

Einige Stunden später ist es höchste Zeit, das Bett zu machen. Die Sonne ist lange weg, der Parkplatz liegt vollständig im Dunkeln. Der Gedanke kommt auf, man hätte das Bett gleich bei Ankunft richten sollen. Zu spät. Zum Glück ist der Aufbau intuitiv gut zu bewältigen und die kleinen Leuchten an der Autodecke reichen, um das Nötigste zu erkennen.

Das Bett aufzubauen, ist selbst im Dunkeln ein Klacks

Zuallererst müssen die Campingstühle von der Rückbank in die Dachbox verschwinden. Diese dient auch als Zwischenlager für Kissen, Decken und die Klappmatratze, die vorerst nur im Weg sind.

1. Sobald die Rückbank heruntergeklappt ist, ist der gefaltete Bettrahmen an der Rückseite der Campingbox sichtbar. Dieser ist mit einem Leitergummi gesichert. Der Rahmen wird über die gefaltete Rücksitzbank herausgezogen und gleicht den Höhenunterschied zum Campingmodul aus. Zwei Querstreben stabilisieren die Konstruktion.

2. Anschließend kann die mit Lüftungsschlitzen ausgestattet Holzplatte aufgefaltet werden. Am Kopfende, im Bereich der Seitentüren, besteht die Möglichkeit, diese noch einmal seitlich auszuziehen, um die Kontur des Autos nahezu perfekt auszufüllen.

3. Die Klappmatratze kann nun folgen. Dabei sollte man darauf achten, dass das Ende mit den Klettverschlüssen Richtung Cockpit liegt. Hier lassen sich zwei Matratzenteile anfügen, die die Liegefläche im Türbereich verbreitern.

4. Spannbettlaken, Kissen und Decken vervollständigen die erstaunlich üppige Schlaffläche (102–137 x 188 cm).

5. Wer morgens nicht gern mit den ersten Sonnenstrahlen aufwacht, sollte vor der verdienten Nachtruhe außerdem die Verdunklungen anbringen – für jedes Fenster eine Blende, für Front- und Heckscheibe je zwei. Doch auf ohne die stoffbespannten Einsätze sichern getönte Fenster ab der B-Säule ein wenig die Privatsphäre.

Sobald das Bett aufgebaut ist, stellt sich die Frage: "Wie komme ich da jetzt am elegantesten rein?" Darauf haben auch die beiden Tester keine vollständig zufriedenstellende Antwort gefunden. Nach zwei Nächten können sie den Tipp geben: zu den Seitentüren ein- und aussteigen ist einfacher als durchs Heck, gerade, wenn man nicht allein nächtigt.

In der Breite geräumig und erstaunlich komfortabel

Darüber, ob man nach einer durchzechten Nacht überall gute Nachtruhe findet, lässt sich streiten. Fest steht: Eine große Holzplatte mit einer relativ dünnen Matratze kann niemals so bequem sein wie ein richtiges Bett. Mit einem ordentlichen Matratzentopper könnte man diesem Problem allerdings noch ein wenig entgegenwirken.

Im direkten Vergleich mit einem kleinen Campingbus mit Schlafbank und Möbelzeile etwa, ist der Dacia in der Breite erstaunlich geräumig (102–137 cm), sodass sich zwei große Erwachsene gut nebeneinander betten können. Die gewonnene Breite in der Tür ist vor allem für Seitenschläfer, doch auch für breit gebaute Rückenschläfer von Vorteil. Die Liegefläche selbst ist recht hart, was sich jedoch prima mit zwei Seitenschläferkissen ausgleichen lässt. So überlebt auch ein Rücken jenseits der 20 ein langes Wochenende im Auto-Camper problemlos. Auch die mangelnde Kopffreiheit (ca 59 cm) stört beim Schlafen wenig.

Dank der unauffälligen Aufmachung des PKWs und des geringen Platzbedarfs ist das Übernachten vor der Gaststätte oder vor der Haustür des Gastgebers kein Problem. Je nach Gegend fühlt man sich jedoch leicht ausgeliefert und ist Umgebungsgeräuschen ausgesetzt. Auch die nächtliche Durchlüftung ist ein Problem, wenn man die Heckklappe nicht auflassen kann und lediglich die Seitenscheiben einen kleinen Spalt öffnet. Besonders zu zweit ist die Luft dann schnell aufgebraucht und bei Regen hat man ohne Hilfsmittel schnell gar keine Möglichkeit mehr zu lüften.

Der nächste Morgen: Frühstück und Campinggefühle

Am Morgen schälen sich zwei Auto-Camper höchst unelegant aus ihrem Übernachtungsquartier. Zum Umziehen, Duschen und Zähneputzen gibt es an diesem Wochenende zum Glück immer Möglichkeiten in direkter Nähe zum Parkplatz. Am ersten Morgen soll es schnell gehen, also: Kaffee und Croissants to-go unterwegs. Am zweiten Morgen des Kurztrips darf es Frühstück in der Küche der Gastgeber sein.

Die berufliche Neugier gebietet jedoch wenigstens einmal die Campingstühle aus der Dachbox zu holen und sich hinter das Auto zu setzen, mitten auf dem, zum Glück ruhig gelegenen, Parkplatz. Dafür kann die frontale Klappe des Campingmoduls noch ein zweites Mal ausgeklappt werden. So entsteht eine größere Fläche, die als Tisch dient. Zwei Tassen, Teller und der Kaffeekocher finden darauf gemütlich Platz. Mit Baum im Rücken entfalten sich so selbst auf dem Parkplatz Campinggefühle.

Das Thema "Ordnung halten" beschäftigt einen auf dieser Art von Kurztrip zum Glück kaum. Dazu trägt auch die Dachbox bei, die prima als Zwischenlagerstätte funktioniert. Geht man mit dem Dacia nicht Camping, sondern nutzt die fünf (oder sieben) Sitze voll aus, passt auch das Gepäck für alle ins und aufs Auto. Wer die Campingbox dafür nicht auslagern möchte, wird feststellen, dass diese den Stauraum kaum einschränkt. Win, win.

Zum Abschluss: Abenteuer LPG tanken

Das letzte kleine Abenteuer eines Wochenendes mit dem Car-Camper Dacia Jogger, ereignet sich in Form des nach 450 km fälligen Tankstops. Autobauer des 21. Jahrhunderts setzen kaum noch auf den Kraftstoff Flüssiggas (LPG). Neben Renault ist Dacia einer der wenigen Hersteller, die solche LPG-Nachrüstungen samt Garantie (3 Jahre) ab Werk anbieten. Das Netz der LPG-Zapfsäulen ist in Deutschland glücklicherweise hervorragend ausgebaut, sodass Tanken in der Regel kein Problem ist. Ist doch mal keine in der Nähe, verfügen Flüssiggas-Autos auch immer noch über einen Benzintank, der beim Dacia etwa 400 km zusätzliche Reichweite verspricht.

Die Campingform Car-Camping: Top oder Flop?

Will man nach einer Feier bei Freunden nicht mehr nach Hause fahren oder das Wochenende am Meer oder auf einem Festival verbringen, kann der Car-Camper die perfekte Lösung sein. Mit Heckzelt auf dem Campingplatz lässt es sich auch mit bis zu fünf Personen noch gut übernachten. Längere Campingtrips dürften jedoch nur für hart gesottene Minimalisten infrage kommen.

Die größte Schwäche des Car-Campings dürfte die Abhängigkeit vom guten Wetter sein. Denn auch wenn man im Auto selbst und unter der Heckklappe vor Regen geschützt ist und mit Decken und Kissen auch für einen gewissen Wärmepuffer sorgen kann, muss man für die kleinen Dinge des Alltags jedes Mal das Auto verlassen. Auf längeren Reisen wird auch der Stauraum zu Problem, respektive die Ordnung desselben, gerade, wenn man mit mehr als zwei Personen unterwegs ist.

Dennoch bietet das Car-Camping zahlreiche Vorteile, angefangen bei der einfachen, finanziellen Zugänglichkeit. Campingmodule wie das im Dacia Jogger gibt es inzwischen für die allermeisten Auto-Modelle – in der simpelsten Variante bereits ab um die 500 Euro. Doch aus selbst gebastelte Lösungen mit einer einfachen Matratze und einer Handvoll Euroboxen sind leicht und vor allem schnell zu realisieren. Hinzu kommt, dass das Campingfahrzeug keinen zusätzlichen Parkplatz benötigt und auch ohne Entfernen des Campingmoduls gut im Alltag nutzbar ist.

Car-Camper ab Werk mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis, wie der Dacia Jogger mit Campingkit, erfüllen also einen Bedarf an günstigen, schnellen und alltagsnahen Campinglösungen.

Vorteile und Nachteile des Dacia Jogger mit Camping-Kit

Hier listet Samira Matschinsky auf, was ihr persönlich am Dacia Jogger gut oder nicht so gut gefallen hat. Für Offroad-Fans gibt es jetzt auch den Dacia Duster mit Camping-Kit zu kaufen. Hier lesen Sie mehr dazu. 

Fahren

(+) Moderner Bordcomputer mit Apple Car Play sowie Android Auto (beides kabellos)

(+) Haptisch erlebbare Knöpfe im Cockpit sind Geschmackssache. Dieser altmodische Touch hat uns jedoch gefallen.

(+) guter Verbrauch (auf unserer Strecke mit Dachbox: LPG 9,6 l/100 km)

(+) LPG ab Werk (günstig Tanken)

(+) Reichweite laut Tacho: 400 km mit LPG, weitere 400 km mit Benzin

(+) moderne Assistenzsysteme und elektrische Parkbremse

(+)(-) 101 PS sind ausreichend

(-) keine Automatik im Testfahrzeug (Hybrid-Modell mit 140 PS und Automatik erhältlich)

(-) Den Tote-Winkel-Assistenten im Spiegel hätte man sich ebenso gut sparen können. Das kleine orange glimmende Licht fiel erst nach zwei Tagen mit dem Auto überhaupt auf.

Wohnen und Schlafen

(+) erstaunlich geräumiges Schlafen.

(+) ausgeklügeltes und hochwertiges Betten-System, das ohne Anleitung leicht aufzubauen ist

(+) nutzt sogar die Türbreite aus

(+) (-) Matratzendicke okay

(+) mitgelieferte Verdunklungen für alle Fenster, leicht anzubringen...

(-) ...im Dunkeln allerdings eine kleinteilige Arbeit und die größeren Verdunklungen morgens wieder in die Hülle zu bekommen ist ein Geduldsspiel

Beladen, Stauraum und Zuladung

(+) schwerer und stabiler Möbelbau

(+) Box kann teilweise von oben beladen werden und bietet viel Platz

(+) (+) Die Dachbox ist empfehlenswert, sobald man bspw. Campingstühle mitnehmen möchte.

(+) Im Alltag kann das Campingmodul einfach herausgenommen und in der Garage gelagert werden...

(-) ... hierfür benötigt es Platz und wenigstens zwei kräftige Personen, um das schwere Möbel aus dem Auto zu holen.

Sonstiges

(+)(+) das Alltagsauto ist inklusive

(+)(+) Preis-Leistung

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(+)(+) ein dickes Plus bekommt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Was die Konfiguration mit Campingkit kostet und was alles dabei ist, haben wir oben aufgelistet.

(-) Gasautos sind in einigen Parkhäusern und Tiefgaragen verboten  © Promobil

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