Auf Urlaub wollen die Menschen auch trotz Inflation und in Krisenzeiten nicht verzichten, zeigen Umfragen und Buchungszahlen. Wohin reisen die Menschen - und wie? Was ist ihnen dabei wichtig? Fünf Trends zu unserem Urlaubsverhalten jetzt und in Zukunft.
Nummer 1: Immer mehr Frühbucher
Das beste Hotel, die beste Flugzeit – und der beste Preis? Wer früh bucht, kann beim Angebot aus dem Vollen schöpfen. Und Frühbucher-Rabatte der Veranstalter versprechen günstigere Preise, obgleich die tatsächliche Ersparnis oft schwer zu ermitteln ist. Dennoch, gerade für an Ferienzeiten gebundene Familien spricht vieles fürs frühe Buchen. Und nicht nur diese Zielgruppe setzt darauf.
Große Veranstalter berichten von hohen Zuwächsen bei den Frühbucher-Zahlen und dass die Mehrheit der Reisenden mit mehreren Monaten Vorlauf bucht. Dazu tragen flexible Tarife bei, die gegen Aufpreis kurzfristige, kostenfreie Stornierungen oder Umbuchungen erlauben.
Neben dem Geldsparen, das durch die Frühbucher-Rabatte versprochen wird, sieht der Tourismusforscher Martin Lohmann in einem gewissen Sicherheitsdenken einen weiteren Grund für den Trend zum Frühbuchen: "Man will ganz sicher haben, dass dieses Erlebnis auch stattfindet", sagt er.
Zudem sieht er das Frühbuchen auch in einem gesamtgesellschaftlichen Prozess – weg von der Spontaneität, hin zu mehr Planung: "Konzerte, Restaurants, Museumsbesuche, alles wird vorher gebucht, reserviert und gegebenenfalls wieder storniert." Für Reisen gilt das auch.
Nummer 2: Aufs Reisen verzichten? Für die meisten keine Option
Vieles wird teurer, das gilt oft auch für den Urlaub. Doch verzichten wollen die Deutschen darauf nicht. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) erwartet für 2024 eine ähnlich hohe Zahl an Urlaubsreisen wie 2019, also vor der Corona-Pandemie. Sie geht von um die 70 Millionen Urlaubsreisen von fünf Tagen oder mehr aus.
Martin Lohmann ist wissenschaftlicher Berater der FUR und sagt zum konstanten Reiseverhalten der Menschen: "Urlaubsreisen sind uns wichtig und gleichzeitig sind sie eine liebgewonnene Gewohnheit. Das aufzugeben, kommt für die meisten gar nicht infrage."
Das zeigt sich auch an diesem Befund: Bei den Konsumprioritäten stehen Urlaubsreisen laut FUR an zweiter Stelle hinter Lebensmitteln, aber noch vor Wohnen, Gesundheit und Freizeit.
Nummer 3: Die Hitliste der Reiseziele bleibt gleich
Deutschland werde bei den Urlaubsreisezielen 2024 wieder den ersten Platz einnehmen, so Lohmann. Es folgen Spanien, Italien, die Türkei und Österreich. Kroatien und Griechenland spielen ebenfalls vorn mit.
Trotz des stabilen Gesamtbilds zeigt sich in den Daten auch, dass viele Menschen beim Reiseziel neugierig und flexibel sind. Lohmann: "Knapp 40 Prozent der Urlauber suchen jedes Jahr ein Ziel, wo sie noch nie gewesen sind."
Der Deutsche Reiseverband (DRV) erwartet einen Zuwachs bei Fernreisen, etwa in die USA, nach Thailand oder Australien - bei der Zahl der Reisenden und beim Umsatz.
Nummer 4: Kommt zur Flugscham der Zugstolz?
Für das schlechte Gewissen wegen der Klimabelastung durchs Fliegen gibt es schon seit einigen Jahren ein griffiges Schlagwort: die Flugscham.
Tatsächlich wächst laut einer FUR-Umfrage der Anteil von Flugreisenden, die von so einem schlechten Gewissen berichten: Die Hälfte (50 Prozent) gab an, so zu empfinden. 2019 waren es 41 Prozent. Flugscham gibt es demnach in allen Alters-, Einkommens- und Bildungsgruppen. Zur Wahrheit gehört aber auch: "Es gibt immer noch auch viele, denen das nicht an die Nieren geht", sagt Forscher Lohmann.
Als eine umweltfreundliche Alternative zu Flügen gelten Züge, wobei Reisende hier gerade auf längeren Strecken ein viel höheres Zeitbudget mitbringen müssen. Zumal die Streiks der letzten Monate das Vertrauen der Menschen zumindest hierzulande in die Verlässlichkeit der Bahn nicht gerade gestärkt haben. Und im Vergleich zum Flugticket kostet es oftmals auch mehr Geld, gerade wenn man komfortabel in erster Klasse oder Schlafabteil reisen will.
Doch all das trägt dazu bei, dass man dann – für diesen Mehraufwand im Sinne der Umwelt – einen gewissen Zugstolz empfinden könnte. Den man gern nach außen trägt, während mancher seine Flugreise aus Scham vielleicht eher verschweigt.
Zugstolz habe er zwar schon persönlich beobachtet, in Befragungen erforscht sei es im Gegensatz zur Flugscham jedoch nicht, ordnet Martin Lohmann ein. "Am Gefühl, dass man Gutes tut, wenn man mit dem Zug nach Rom oder Stockholm reist, kann schon etwas dran sein." Allerdings sei es kein gesellschaftlich verbreitetes Phänomen. Dafür sei der Anteil der Bahnreisen an den Urlaubsreisen auch einfach zu klein.
Nummer 5: Der Wille zu nachhaltigem Reisen ist da
Nachhaltigkeit an sich ist für viele Reisende ein Thema. Das legte jüngst eine Kantar-Umfrage im Auftrag von Holidaycheck unter 16- bis 69-Jährigen nahe. Verglichen mit dem Reiseverhalten in den letzten Jahren gaben 45 Prozent der Befragten an, nun mehr Wert auf die Nachhaltigkeit eines Reiseortes zu legen. Mit 41 Prozent fast ebenso hoch war der Anteil derer, die dasselbe in Bezug auf das Transportmittel sagten.
Zugleich sei der Anteil an Auslandsreisen und insbesondere an Flugreisen so hoch wie nie zuvor, hielt der Verband Internetreisevertrieb (VIR) in einer Mitteilung fest. "Unsere Branche hat noch viele Hausaufgaben in puncto nachhaltig buchbaren Angeboten zu machen", ließ VIR-Vorstand Michael Buller wissen. Man dürfe da nicht auf die Nachfrage warten.
Am Willen der Menschen mangelt es laut der Kantar-Umfrage zumindest nicht: Für 27 Prozent kommt es demnach in Zukunft "ganz sicher" infrage, auf Flugreisen zu verzichten oder das Flugzeug durch andere Verkehrsmittel zu ersetzen, für 32 Prozent und damit knapp ein Drittel ist das zumindest tendenziell denkbar.
Und: Mit 45 Prozent wären fast die Hälfte der Befragten bereit, für nachhaltig gestaltete Reisen mehr Geld auszugeben. Bei den Jüngeren war die Bereitschaft dabei ausgeprägter als bei den Älteren. Viele geben aber an, sich schlecht über nachhaltige Reiseoptionen informiert zu fühlen. (dpa/mak)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.