Ein unscheinbares Hallentor direkt neben einem Supermarkt führt in das Reich von Kay Kutzner. Dass er auch ohne Werbung und Firmenschild über dem Tor gefragt ist, belegen zahlreiche Wohnwagen, die draußen auf ihren OP-Termin warten.
Was von außen nach einer kleinen Hinterhofwerkstatt aussieht, überrascht innen mit einem durchdachten und durchgestylten Konzept. Staufächer, riesige Ablageflächen, Rolltische und etwa 70 Schubladen stehen für fünf Arbeitsplätze bereit. Dass es für Kay mehr ist als ein Job, belegt auch ein riesiges selbst gebautes und bunt hinterleuchtetes Wandbild in Form eines Wohnwagens mit Uhr im Zentrum. Hier wird auf den ersten Blick klar, dass der 46-Jährige mit Herzblut bei der Sache ist.
Teil Zwei: Die Wohnwagen-Reparatur beginnt
Die Metapher des gerupften Huhns ist gar nicht so abwegig, wenn Ferdi so ohne Gaskasten, mit halb aufgeklapptem Dach und vor allem ohne Bugfenster und Rahmen vor einem steht. Ein trauriger Anblick, auch wenn Feuchtigkeit und Gammel inzwischen aus dem Wandaufbau verschwunden sind.
Der Bugschaden außen wird behoben
Zuerst widmen wir uns dem Bug. Hier gilt es, das Bugbrett samt Blech, welches ja dem Alufraß zum Opfer gefallen ist, komplett neu aufzubauen. Dafür wird im ersten Schritt eine Holzlattung auf der neuen Innenverkleidung verklebt. Diese dünne, aber stabile Pressspanschicht trägt auf der Innenseite eine weiße Dekorschicht, die das Anstreichen überflüssig macht. Da die Lattung im Bugbereich etwas dünner ist, müssen die neuen Holzlatten vorab alle mit der Kreissäge auf Maß gebracht werden. Stabilität erlangt das neu konstruierte Teil später durch die Überlappung rechts und links sowie die vollflächige Verklebung mit dem vorhandenen Fensterbrett.
Eine Herausforderung bei der Konstruktion ist die Bugschräge in Kombination mit dem geraden Abschluss der Fensterbank. Die Lösung erweist sich aber als denkbar einfach: Mit dem ausgebauten Altteil lässt sich der benötigte Winkel der Kreissäge wunderbar einstellen. Ein triftiger Grund, ausgebaute Materialien nicht sofort zu entsorgen.
Vor dem Einbau wird das neue Bugteil natürlich noch um das Fachwerk für die Isolierung ergänzt. Nicht nur die Lattung ist in diesem Bereich dünner, sondern auch die Isolierung. Kay Kutzner hat aber auch hierfür eine simple, geniale Lösung: Mit dem Verschnitt von zwei passenden Holzlatten als Abstandshalter bringt er den heißen Draht des Styroporschneiders auf die richtige Höhe und kann so eine dünne Schicht von der gesamten Platte abtrennen.
Die Außenhaut wird erneuert
Nachdem die Isolierung mit der hölzernen Innenseite der Innenverkleidung verklebt ist, geht es an die Außenhaut. Die passende Alu-Hammerschlag-Platte findet sich im Lager des Campingdoktors, ist aber in größeren Stücken für jedermann online zu bekommen. Auch für den Zuschnitt bewährt sich das Maß des Altteiles, wobei seitlich Raum für spätere Überlappung gelassen wird. Für Letztere trennt Kay vorsichtig das bestehende Blech rechts und links der Lücke vom verklebten Innenleben, damit die neue Überlappung Platz findet.
Beim Einsetzen des neuen Bugteils sind Präzision und Schnelligkeit gefragt. Zum einen muss das Teil innen und außen exakt in die Lücke passen, und zum anderen wird die Überlappung mit Kleber versehen, der nur ein kurzes Verarbeitungszeitfenster hat, bevor er die Klebeflächen dauerhaft verbindet.
Farbe für den neuen Bug
Entsprechend groß ist die Erleichterung, als das neue Bugteil sitzt und passt wie angegossen. Während der Kleber unter dem Druck zahlreicher Schraubzwingen anzieht, suchen wir nach einer passenden Farbe. Weiß scheidet aus, da es ohne professionellen Lackierer ein Ding der Unmöglichkeit ist, den alten verwitterten Weißton von Ferdi zu treffen.
Deshalb entscheiden wir uns kurzerhand für ein Grau, das möglichst gut mit den Bugecken des Platin 510 TF harmoniert. Vor dem Lackieren mit der Spraydose muss der Bug großflächig abgeklebt werden, damit keine Farbpartikel an ungewollte Stellen kommen. Zusätzlich nutzt Kay beim Lackieren mit der Dose eine spezielle Absauganlage, um den überschüssigen Sprühnebel in der Halle zu minimieren.
Reparaturen im Wohnwageninneren
Nachdem die Außenhaut schon eine erste Ahnung vom Endergebnis zulässt, wird im Innenraum fleißig gepuzzelt: Stützende Holzteile werden, wo nötig, im erhaltenen Fachwerk ergänzt, wobei je nach Form Multitool oder die Stich- oder Kreissäge zum Einsatz kommen. Und natürlich läuft dabei nicht alles glatt. Frei nach dem Motto "Wer misst, misst Mist!" vermesse ich mich bei einer Innenverkleidung, was uns etwa um eine halbe Stunde zurückwirft. Kay nimmt es gelassen und kontert lächelnd: "Na, in Mathe gepennt?"
Dennoch ist nach dem zweiten Aufbautag die Luft kurz raus. Zum einen frustriert das unerwartete Ausmaß an Schäden, zum anderen geht es beim Aufbau deutlich langsamer voran als beim Abriss. Zusätzlich kommen immer neue, außerplanmäßige Arbeiten dazu, denn der Bugschaden ist im unteren Bereich stärker ausgeprägt als gedacht. Daher muss die Sitzgruppe doch noch ausgebaut werden, um in der engen Ecke vernünftig arbeiten zu können. Immerhin: Von der schadhaften Ecke ist knapp 2,5 Stunden später nichts mehr zu sehen. Dem routinierten Fachmann sei Dank.
Schnell sichtbare Erfolge schafft die Montage der beiden Bugecken. Mit viel Dichtmasse auf den Kontaktflächen werden sie wieder an den vorgesehenen Haltepunkten verschraubt. Kays Sorge, beim Neuaufbau die Maße und Passungen verändert zu haben, bestätigt sich zum Glück nicht. Und dennoch kostet uns die an sich einfache Montage und Justierung der Bugklappe mehrere Stunden. Jedes Mal, wenn sie halbwegs an der richtigen Stelle zu sein scheint, verzieht sie sich beim Verschrauben, sodass der Schließmechanismus nicht mehr greift. Letztlich nutzen wir zwei schmale Brettchen als Führung, um die Klappe perfekt zentriert zu verschrauben.
Das Bugfenster wird eingesetzt
Beim darüberliegenden Bugfenster bekomme ich den Auftrag, das Dichtungsgummi einzulegen. Mit ordentlich Dichtmasse versehen, findet er schließlich seinen Platz und wird rundum mit dem Elektrotacker am darunterliegenden Holzrahmen fixiert. Damit die Tackernadeln anschließend nicht mehr zu sehen sind und die Fensterdichtung in Form bleibt, muss das sogenannte Spannband eingelegt werden. Kays gequältes Lächeln und die sarkastische Aussage "Das gehört zu meinen Lieblingsaufgaben" bereiten mich trotzdem nur unzureichend auf die Friemelei vor, die das Einlegen eines Spannbandes bedeutet.
Als ich nach 15 Minuten erst ein Viertel des Rahmens geschafft habe und das sperrige Band partout nicht in seinen vorgesehenen Sitz zurückwill, gibt mir Kay den erlösenden Hinweis: "Wenn du einen breiten Schlitzschraubendreher vorsichtig zwischen Spannband und Gummi drehst, springt es besser rein." Tatsächlich geht es mit diesem Trick deutlich besser.
Nachdem das Spannband sitzt, montieren wir zuerst die neu eingedichtete Führungsschiene und das Bugfenster. Abschließend müssen noch die Gegenhalter für die Sperrriegel im Einlegeband verschraubt werden. Dabei fällt auf, dass ich mit dem Einlegen natürlich nicht an der richtigen Stelle angefangen habe und wir neue Löcher brauchen, während die alten Löcher abseits der Riegel sichtbar bleiben.
Das nächste Problem zeigt sich am Bugfenster, da sich Innen- und Außenschicht schon großflächig voneinander gelöst haben. Ein vorheriger improvisierter Reparaturversuch vereitelt den Plan, die Flächen zu trennen und anschließend neu einzudichten. Stattdessen fixiert Kay beide Teile mit zwei Schrauben in den Ecken außerhalb der Fensterdichtung. Dabei ist das vorsichtige Vorbohren essenziell, damit der spröde Kunststoff nicht einreißt. Notwendig ist dieses Provisorium, damit sich die äußere Schicht nicht während der Fahrt löst und hinterherfahrende Fahrzeuge gefährdet. Nachdem im letzten Schritt die Fensteraufsteller wieder montiert sind, geht es an den finalen Feinschliff.
Die alte Dichtmasse muss weg
Vor dem Eindichten müssen die jeweiligen Untergründe möglichst sauber sein. Daher gilt es erst die alte Dichtmasse zu entfernen, was sich als ziemlich langwierige Angelegenheit entpuppt. Der dauerelastische Dichtstoff lässt sich nämlich nur in kleinen Mengen abknibbeln. Dabei hilft ein mittlerer Schlitzschraubendreher. Wobei es so immer eine Gratwanderung zwischen Abschaben und Zerkratzen ist.
Gut, dass die alte Dichtmasse nur auf der Innenseite der Leisten haftet, die nach der erneuten Montage nicht mehr sichtbar sind. Anschließend wird noch der Dreck der letzten Jahrzehnte abgewaschen. Derart vorbereitet, trägt Kay Dichtmasse auf, was dank der elektrischen Kartuschenpresse und seiner ruhigen, sehr routinierten Hand sehr gleichmäßig gelingt. Anschließend werden die Leisten durch die Dichtmasse verschraubt, wodurch sich die Schraublöcher direkt mit abdichten.
Was mit Dichtmasse passiert, die über 20 Jahre Wind und Wetter ausgesetzt war, zeigen der Pilzlüfter des Bades und der Heizungskamin. Die eigentlich dauerelastische Masse ist dunkel verfärbt, bemoost und an vielen Stellen spröde und aufgeplatzt. Entsprechend hartnäckig sträubt sie sich gegen die notwendige Reinigung nach dem Ausbau. Anschließend geht es für die beiden Dachaufbauten mit viel frischer weißer Dichtmasse zurück an ihren angestammten Platz. Apropos viel Dichtmasse: Beim finalen Abtupfen der Leisten und Kanten kommen etwa 1,5 Tuben an überschüssiger Dichtmasse zusammen.
Neuer Unterbodenschutz
Im letzten Arbeitsschritt geht es noch mal unter den Wohnwagen, da Kay auf seiner Liste noch den letzten Punkt, den unwürdig gealterten Unterbodenschutz, abhaken will. Mit einer Bürste vorgereinigt, werden zwei kleinere Stellen ausgebessert. Insgesamt findet der Fachmann aber lobende Worte für den Zustand des Sperrholzbodens. Die sonst gern von Fäulnis betroffenen Ecken sind noch gut in Schuss.
Beim Abschlussfoto ist die Menge an genutztem Werkzeug und Verbrauchsmaterial beeindruckend. Wer sich die Reparatur im Bewegtbild anschauen will, wird nach und nach auf unserem Youtube-Kanal Clever Campen fündig. Aktuell schneiden wir viele, viele Stunden an Videomaterial.
Teil Eins: Den Schaden schätzen
Stichproben mit dem Schraubenzieher
Bei der Vorkontrolle wird es schmerzhaft, denn nachdem wir Redaktionscaravan Ferdi in seiner Operationsbox ausgerichtet und abgekurbelt haben, verschwindet Kay, mit einem kleinen Kreuzschraubendreher bewaffnet unter dem Wagen und erklärt: "Der Ablauf ist eigentlich immer identisch. Ich beginne mit der Schadensaufnahme und erstelle eine Liste, die ich anschließend mit dem Kunden durchgehe." Währenddessen prüft er durch Stiche mit dem Schraubendreher die Festigkeit neuralgischer Stellen. Der Holzboden ist noch gut erhalten, aber ein anderer Punkt bereitet Sorgen: "Die Seitenwand vorn links ist abgesackt", erklärt Kay und ergänzt: "Da ist nicht viel übrig von der Verbindung zum Fahrzeugboden." Als Übergangslösung kommt ein Wagenheber samt Holzlatte zum Einsatz, der die Wand während der anstehenden Arbeiten stützt.
Alufraß unter dem Bugfenster
Auf dem Bugblech aus Alu funktioniert die "Stichprobe" mit dem Schraubendreher natürlich nicht. Die braucht es aber auch gar nicht, denn der Bug ist rund um das Fenster spürbar weich, und das geschulte Auge erkennt sofort den Alufraß an mehreren Stellen unter dem Bugfenster. "Außen sieht man nur ein paar verfärbte Stellen, unter dem Blech ist die Schadstelle aber meist deutlich größer", erklärt Kay und orakelt: "Da müssen wir wohl das gesamte Blech unter dem Fenster austauschen." Innen kommt nach der Flächenprüfung mit dem Feuchtigkeitsmessgerät wieder der Schraubendreher zum Einsatz, und diesmal geht er wie durch Butter. Kein Wunder, nach dem Freilegen des Hauptschadens im Bug vorn links bröselt uns das ehemals stützende Holzgerüst wie Rindenmulch entgegen. Erst jetzt kann man die Fäulnis im Wandaufbau auch riechen.
Ein Multitool ermöglicht sensibles Arbeiten
Nachdem die Innenverkleidung entfernt und der Schaden freigelegt ist, kommt eines der wichtigsten Werkzeuge zum Einsatz: Der Oszillierer, auch Multitool genannt, lässt sich mit verschiedenen Säge-, Schab- oder Schleifaufsätzen bestücken. Bei Ferdi besteht seine Hauptaufgabe darin, die Latten des Wandaufbaus präzise zu schneiden und die EPS-Isolierung vom Hammerschlagblech der Wandverkleidungen zu lösen. Beeindruckend sind dabei vor allem Genauigkeit und Geschwindigkeit, mit der Kay das Werkzeug führt. Das ist bei Ferdi besonders wichtig, da es viele Originalteile nicht mehr gibt und es viel Zeit kosten würde Beschädigtes zu ersetzen.
Leider ist die Feuchtigkeit auch oberhalb des Bugfensters im Bereich der Zierleiste eingedrungen, wodurch ein neues Problem entsteht: Die Zierleiste lässt sich nur in Holz richtig verschrauben, was im Umkehrschluss bedeutet, dass auch die Unterkonstruktion der Leiste über die Jahre gelitten hat. Beim Lösen der Leisten dreht der Großteil der verrosteten Kreuzschrauben frei und findet im Holz keinen Halt mehr. In diesem Fall hilft ein Spachtel. Vorsichtig hinter die Leiste geführt, wird er zum Hebel, um die Schrauben herauszubekommen. Rund gedrehte Schraubenköpfe sind ebenfalls keine Seltenheit. Aber auch hier hat Kay eine Lösung: Mit der Akku-Flex eingekerbt, lassen sie sich wie Schlitzschrauben herausdrehen.
Der Aufbau erschwert den Prozess
Dass Wohnwagen und -mobile von außen nach innen gebaut werden, birgt bei späteren Reparaturen Probleme. Die Dachschränke sind beispielsweise von außen und unterhalb des Daches verschraubt, was einen zerstörungsfreien Ausbau erschwert bis unmöglich macht. Als Alternative heben wir das Dachblech an, um die angefaulten Latten des Überganges zu erreichen.
Ein wirtschaftlicher Totalschaden
Im unteren Bereich, also auf Höhe des Gaskastens, ist der Schaden besonders ausgeprägt. Hier kommen wir nicht umhin, die Sitzgruppe zu demontieren und einen etwa zehn Zentimeter breiten Streifen in der Seitenwand zu öffnen. Auf den Umfang des Schadens angesprochen, lächelt Kay und erzählt, dass Ferdi zwar im Grunde ein wirtschaftlicher Totalschaden sei, er aber schon schlimmere Schäden gesehen und wieder hinbekommen habe. Seiner Einschätzung nach ist der Wasserschaden am Bug bereits sechs bis sieben Jahre alt.
Schwachstelle Serviceklappen
Auch Serviceklappen sind immer potenzielle Schwachstellen. Die breite Klappe des Bettstauraumes ist undicht, und ihr Innenaufbau weist alarmierende Feuchtigkeitswerte auf. Ganz ohne Messgerät ist der Schaden am angrenzenden Kabelschacht zu erkennen. Er ist zu morsch für eine Rettung. Am darunterliegenden Boden wird zuerst die innere Deckschicht entfernt, die faulige Lattung der Seitenwand herausgeschnitten und anschließend die Dämmung im Bereich des freigelegten Schadens entfernt. © Caravaning
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