Frankfurt/Main (dpa/tmn) – Für fast jeden Aspekt des Reisens gibt es bereits eine clevere Smartphone-App. Doch an die Koffer werden immer noch Anhänger aus Papier mit Barcode geklebt.
Zwar kommt das meiste Gepäck an, aber immer wieder geht ein Koffer auf der Reise verloren. Laut dem Luftfahrt-IT-Unternehmen Sita waren es im vergangenen Jahr 5,73 von 1000 Gepäckstücken. Das ist so wenig wie nie zuvor, doch jeder verlorene Koffer ist ein Ärgernis. Wenn Barcodes an den Aufklebern abreißen oder verschmutzen, sind sie für die Scanner schwer zu lesen. Und so kommt es, dass mancher Koffer stehenbleibt oder zumindest nicht da ankommt, wo er hin soll.
Hier kommt nun eine digitale Lösung ins Spiel: Radio Frequency Identification (RFID), das Tracking per Funkwellen. Eine Antenne identifiziert dabei den Koffer. Diese habe eine noch bessere Leserate als die optischen Scanner, die im Einsatz sind, sagt Markus Müller, Leiter der Gepäckanlagen am Frankfurter Flughafen.
Wie sinnvoll das System ist, hängt allerdings auch davon ab, woher der Koffer kommt und auf welche Technologie der Flughafen beim Transfer und dem Ein- und Ausladen sonst setzt. "RFID ist interessant und hat Potenzial, aber weltweit müssen dann auch alle Flughäfen und Airlines mitmachen", sagt Müller.
Die Funkwellen-Technologie ist nicht neu. "RFID kommt in der Luftfahrt in ganz verschiedenen Bereichen zum Einsatz, zum Beispiel in der Wartung und in der Kennzeichnung von Teilen in der Kabine", sagt Marc Bachmann, Bereichsleiter Luftfahrt und Verteidigung beim Technologieverband Bitkom. In der Gepäckverfolgung hingegen gebe es erst Ansätze. Auch an Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt probiert man mit RFID schon seit rund 20 Jahren herum, durchgesetzt hat sich die Gepäckerkennung per Funkwelle aber noch nicht.
Doch es geht: Der McCarran-Flughafen in Las Vegas und der Hong Kong International Airport zum Beispiel setzen konsequent auf RFID. Auch die amerikanische Fluggesellschaft Delta Airlines vergibt seit vergangenem Jahr Gepäcktags mit eingedampften RFID-Chip, um das Gepäck besser verfolgen zu können.
Doch es braucht Infrastruktur, um die Technologie zu nutzen: Die Flughäfen müssen über Gepäckförderbänder und Antennen verfügen, die die Wellen erkennen können und über Drucker für RFID-Anhänger. Delta hat mehr als 1500 Gepäckförderbänder an 84 der größten Destinationen in den USA installiert, die die RFID-Gepäckverfolgungs-Technologie nutzen, wie ein Sprecher sagt. Nach und nach bringt die Airline die Technologie auch international in ihre Abfertigung.
Der Mehrwert für den Passagier ist bei Delta in der App ersichtlich: "Über Push-Benachrichtigungen sind Kunden vom Check-in bis zum Gepäckband der Zieldestinationen immer darüber informiert, wo sich ihr Gepäck gerade befindet", sagt Bitkom-Experte Bachmann.
Das Verfolgen eines aufgegebenen Koffers per App funktioniert jedoch auch ohne RFID. "Kunden steht in der Lufthansa-App bereits seit zwei Jahren eine Baggage-Tracking-Funktion zur Verfügung", sagt Lara Matuschek, Sprecherin bei der Airline. Auch beim Check-in testet man den Einsatz der Funktechnologie, etwa mit einem sogenannten Home Tag, den man sich nach dem Online-Check-in bereits daheim ausdrucken kann. Dieses Papier kommt dann in einen stabilen Halter, der mit einem RFID-Chip ausgestattet ist.
Ebenfalls in der Entwicklung ist ein elektronischer Gepäckanhänger, auf dem alle Informationen zu Gepäck und Flügen enthalten ist. "Wenn der sich durchsetzt, kann auch das RFID nochmal einen großen Schub bekommen", sagt Müller.
Der Hersteller Rimowa hat indes zusammen mit Lufthansa, T-Systems und Airbus einen Koffer entwickelt, in den ein Display gleich integriert ist. Darauf werden per Bluetooth die Daten aus der digitalen Bordkarte über die App übermittelt, dann muss das Gepäckstück nur noch beim Gepäckschalter auf das Band gestellt werden. In der ersten Generation hat dieses "smarte Gepäck" zwar noch keinen RFID-Chip integriert, in der zweiten aber schon.
Noch befindet man sich in Sachen RFID also in der Testphase. Das Unternehmen Sita kommt in verschiedenen Studien zu dem Schluss, dass RFID im Kampf gegen verlorenes Gepäck ein echter Gewinn sein kann. © dpa
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