2025 bringt kaum Neues für Motorradfahrer mit sich. Einzig, das Ende einer wichtigen Übergangsfrist bei Reifenfreigaben fällt ins Gewicht und dürfte für Neujahrsfrust bei der Hauptuntersuchung sorgen.

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Am 1. Januar beginnt ein neues Jahr. Für die meisten von uns oder die meisten Zusammenhänge springt der Kalender von 2024 auf 2025. Nicht beim Blick auf das Kalenderblatt beim Thema Reifenfreigaben, Herstellerinformationen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Hier erfolgt eine Zeitreise zurück ins Jahr 2008 – für alle Biker und ohne Rückfahrticket. Und zwar durch das Ende einer wichtigen Übergangsfrist für Reifen mit einem Herstellungsdatum bis Kalenderwoche 52 im Jahr 2019 (DOT 52/19 auf der Reifenflanke).

Diese Motorradfahrer sind betroffen

Im Grunde ist dieser Reset auf das Jahr 2008 bereits seit 2019 für die meisten Motorradfahrer gültig. Eine Übergangsfrist galt für Reifen, die bis Ende 2019 hergestellt wurden, damit im Zweifel damals neue Reifen nicht sofort wieder getauscht werden mussten. Diese Übergangfrist endet am 31. Dezember 2024.

Damit gelten die Bescheinigungen der Reifenhersteller nicht mehr als Freifahrtschein, um auf dem Motorradmodell XY den Reifen CD fahren zu dürfen, obwohl er eigentlich den Reifen AB fahren müsste. Betroffen davon sind alle Motorräder, unabhängig einer nationalen Betriebserlaubnis (grob bis EZ 2002) oder einer EU-Zulassung (grob ab EZ 2003).

Video: Reifenfreigabe 2025: Alles, was sich ändert und was du wissen musst!

Woran erkenne ich die Art der Zulassung?

Die Frage, welche Art Zulassung das Motorrad hat, beantwortet die Zulassungsbescheinigung I (ZLB I), im Volksmund Fahrzeugschein genannt. Und zwar mit dem Eintrag im Feld K auf der dritten Seite. Beginnt der Eintrag mit den Buchstaben "eg" ist es eine EU-Zulassung. Doch Obacht: Steht in den Feldern 15.1 und 15.2 mit den Reifendimensionen zusätzlich ein Reifenmodell, hat das Motorrad in einer Form eine Einzelzulassung oder es ist bei der Zulassung eines unveränderten Krads etwas schiefgelaufen.

Steht im Feld K allerdings eine meist vierstellige Zahl, ist das Motorrad nach nationalem Recht zugelassen und entsprechend steht in den Feldern 15.1 und 15.2 die zugelassene Reifendimension sowie das vom Motorradhersteller freigegebene Reifenmodell – und damit ein sehr alter Reifen. Teilweise sind die freigegebenen Reifen im Feld 22 zu finden, und bindend.

Reifenfreigaben nicht mehr gültig

In einem Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – so hieß das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) damals noch – vom 1. Juli 2008 wurden wichtige Zusammenhänge zwischen Reifengrößen und deren Änderungen vereinfacht. Die sogenannten Reifenfreigaben der Reifenhersteller bekamen einen sehr hohen Stellenwert.

Im Grunde wies das Ministerium an, Änderungen an Dimension und/oder Modell als zulässig zu betrachten, wenn die Reifenfreigabe mitgeführt wird und der entgegen der Typgenehmigung verbaute Reifen mechanisch freilief. 2019 wurde dieser kunden- und marktfreundliche Umgang bei Reifenänderungen wieder zurückgedreht. Resultat ab 2025: Die Reifenfreigaben für die im Grunde 3 verschiedenen Fälle der Reifenänderungen sind nicht mehr pauschal gültig.

Video: Vergleich: MICHELIN Anakee Road & MICHELIN Adventure Reifen

Das gilt für Motorräder mit EU-Zulassung

Motorräder mit EU-Zulassung haben es wie gehabt am einfachsten. In der ZLB I steht in den Feldern 15.1 und 15.2 in den meisten Fällen nur eine Dimension in Breite, Querschnitt und Bauart, sowie die Mindestindizes für Traglast und Geschwindigkeit. Stimmen die Werte des montierten Reifens mit den vorgegebenen überein, steht dem Erteilen der Prüfplakette nichts im Weg und im Falle einer Verkehrskontrolle besteht kein Grund zu Diskussion. Es sei denn: Am Fahrwerk des Motorrads wurden tiefgreifende Änderungen vorgenommen. Dann werden die Karten neu gemischt.

Soll ein Reifen mit einer anderen Dimension gefahren werden, lohnt unter Umständen der Blick in das hoffentlich vorliegende COC-Papier, in dem der Fahrzeughersteller vielleicht die gewünschte Dimension ebenfalls freigab. Ist das nicht gegeben, muss die geänderte Dimension begutachtet und in Folge eingetragen werden. Ansonsten erlischt die Betriebserlaubnis. Die Freigabe selbst dient höchstens als Information darüber, dass der Reifenhersteller keine Probleme erkennt.

Das gilt für Motorräder mit nationaler Zulassung

Das Ende der Übergangsfrist mit Beginn des Jahres 2025 dürfte insbesondere Motorräder mit einer nationalen Zulassung betreffen. War es hier seit 2008 möglich, trotz Eintrag eines Reifenmodells in den Feldern 15.1 und 15.2 per Reifenfreigabe eine moderne Reifendimension zu fahren, liegt ab dem 1. Januar 2025 rechtlich das Erlöschen der Betriebserlaubnis vor und das buchstäblich über Nacht. Die Reifenfreigabe des Reifenherstellers dient nur noch als Information darüber, dass der Reifen grundsätzlich auf dem Motorrad "funktioniert".

Rechtsfolge daraus: Nach dem Gutachten wird der neue Reifen nach § 19,2 StVZO eingetragen, und zwar anstelle des alten Modells in den Feldern 15.1 und 15.2 oder ggf. als Ergänzung in Feld 22. Da vornehmlich der TÜV Süd hier keinen Vorteil für den Motorradfahrer sieht, soll nach dem gleichen Artikel keine neue Reifenbindung eingetragen, sondern komplett ausgetragen werden. Nach diesem Vorgang würde die nationale Zulassung im Kontext Reifen rechtlich zu einer EU-Zulassung, sprich es kann jeder Reifen der eingetragenen Dimension gefahren werden. Und ja: Hierfür fallen Kosten für Gutachten und das Ändern der ZLB I an. Allerdings nur einmal und nicht bei jedem Wechsel des Reifenmodells.

Ausnahme: Wie gewohnt ist das nicht möglich, wenn das Fahrwerk des Motorrads maßgeblich verändert wurde.

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Motorradhersteller können helfen

Wie schon vor 2008 kann und sollte der Motorradhersteller in Fällen unklarer Informationen zu den freigegebenen Reifen auf einem Modell mit nationaler Zulassung helfen. Mittels Unbedenklichkeitsbescheinigungen können im besten Falle moderne Reifen ausgewiesen werden oder in Grenzfällen zwischen nationaler und EU-Zulassung bescheinigen, dass beide Modelle technisch identisch sind und grundsätzlich gleich behandelt werden können, wenn das Austragen der Reifenbindung eine Hürde darstellt.

Austragen von Zollgrößen beim Motorrad

Der dritte Fall im Kontext Reifenänderungen am Motorrad sind Modelle mit nationaler Zulassung, die zöllige Dimensionen (bspw. 3.00x 17) eingetragen haben. Ebenfalls waren hier bisher Freigaben der Reifenhersteller anerkennbar, wenn eine metrische Dimension (bspw. 90/100-17) montiert war. Das ist ab 2025 ausnahmslos nicht mehr möglich. Rechtlich gesehen ist das eine Änderung der Dimension, was eintragungspflichtig ist oder mit dem Erlöschen der Betriebserlaubnis einhergeht. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, die bindende Dimension in Zoll und unter Umständen das Reifenmodell austragen zu lassen und eine metrische Dimension eintragen zu lassen.

Allerdings nur mit deutlich erhöhtem Aufwand, denn eine direkte metrische Entsprechung zur zölligen Dimension gibt es nicht. Mittels eines riesigen Katalogs mit schier unendlichen Listen mit Maßen und Vergleichswerten und Zeichnungen der Reifenhüllkurve wird eine passende metrische Dimension gefunden und im Falle der tatsächlichen Freigängigkeit eingetragen.

Sprich: In diesem Falle ist das Vorgespräch mit dem Gutachter dringend zu empfehlen, da die entsprechende Dimension bereits montiert sein muss, um ein Gutachten zu erstellen. Wer die Tür der zölligen Größen nicht gänzlich zuschlagen möchte, dem steht laut TÜV Süd die Option offen, mittels des erwähnten Gutachtens die metrische Größe zusätzlich eintragen zu lassen.

Radial, Diagonal, Biased – Sonderfall Wechsel der Bauart

Ein Sonderfall bleibt die Änderung der Reifenbauart. Gerade die nationalen Zulassungen und die zölligen Größen können von diesem Fall betroffen sein, denn ältere und alte Reifenmodelle sind im Grunde immer Diagonalreifen. Entsprechende Ersatzreifen neueren Datums hingegen sind entweder in Radial oder in der Bias-Belted-Bauweise hergestellt. Und selbst der Wechsel der Bauart innerhalb einer metrischen Dimension wie von 100/90 -18 auf 100/90 R oder B 18 stellt im Grunde das Erlöschen der Betriebserlaubnis dar.

Grund dafür ist das grundlegend unterschiedliche Fahrverhalten der Reifen auf dem gleichen Motorrad und insbesondere das Ausdehnen bei höheren Geschwindigkeiten. Wobei letzteres beim Wechsel weg von der Bauart diagonal weniger schwer wiegt, denn radial- oder biased-gebaute Reifen dehnen sich weniger aus.

Deutlich schwieriger ist die Montage der unterschiedlichen Bauweisen auf der Felge. Wie schon beim Wechseln von zöllig auf metrisch müssen Kataloge gewälzt und/oder der Motorradhersteller angefragt werden, ob die Kombination möglich ist. Ob diese Information nach Jahrzehnten noch erhältlich ist, scheint fraglich. Auch in diesem Fall ist ein Vorgespräch dringend zu empfehlen.

Fazit

Ab dem 1. Januar 2025 sind Reifenfreigaben selbst für Reifen, die bisher verschont waren, nicht mehr gültig. Betroffen sind nur Motorräder mit einer alten nationalen Zulassung – grob bis EZ 2002. Rechtlich gilt dann wieder, was bereits bis 2008 galt: Jede Änderung der Reifendimension, Fabrikat und/oder Bauart bedarf eines Gutachtens mit anschließender Eintragung in die Fahrzeugpapiere. Die Erklärungen der Reifenhersteller sind nur noch mit schwachem Informationsgehalt nützlich, der Aufwand für den Hersteller dahinter indes erheblich und wichtig.

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Allerdings gibt es eine Maßnahme, die besonders der TÜV Süd forciert: Betroffenen Halter sollen über den bekannten Vorgang der Einzelabnahme keine Reifen mehr eintragen lassen, sondern die alte Reifenbindung austragen lassen und damit alten nationale Zulassungen auf das Level der deutlich liberaleren EU-Zulassung heben. AJedoch ist das nur ohne Einschränkung möglich, wenn das Motorrad technisch im Serienzustand ist, also ohne tiefgreifende Änderungen an Fahrwerk oder Geometrie.

Gleiches gilt für Fahrer von zölligen Reifengrößen, die moderne metrische Dimensionen fahren wollen, allerdings mit einem erhöhten Rechercheaufwand.  © Motorrad-Online

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