Vor wenigen Monaten stellte Sram seine neue Topgruppe Red AXS mit 2 x 12 Gängen vor. Nun kommt die XPLR-Variante für Gravelbikes mit 1-fach-Kurbel und 13-fach-Kassette. Wir haben den ersten Test.

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Kurz & Knapp

  • Gravel-Gruppe mit 1x13-Setup
  • 40er-Kettenblatt (wahlweise 38-46 Zähne)
  • 10–46-Kassette
  • 80 Prozent weniger Handkraft beim Bremsen nötig
  • schnelle, präzise Schaltvorgänge
  • Schaltröllchen blockieren nicht ("Magic Wheel")
  • 4528 Euro / 2488 g (inkl. Powermeter)
  • 4023 Euro / 2398 g (ohne Powermeter)

Seit der Vorstellung der Topgruppe Sram Red AXS im Mai 2024 und ersten Sichtungen einer neuen Gravel-Gruppe beim Unbound Gravel Anfang Juni wartete die Szene gespannt auf Srams nächsten Wurf: Die Sram Red XPLR AXS. "Die ultimative Gravel-Gruppe", verspricht Jason Fowler, Product Manager Road Drivetrains bei Sram. Und ergänzt: "Der Bedarf an hochwertigen Komponenten wächst. Ein Gravelbike ist längst nicht mehr nur ein Zweitrad."

Die neue Red XPLR sei noch robuster, arbeite präziser und zuverlässiger als der Vorgänger. Und trotz massiver Optik habe sie im Vergleich zum Vorgänger auch rund 100 Gramm abgespeckt. Klar, dass auch die neue Red XPLR komplett drahtlos arbeitet. Im Schaltwerk sitzt der bekannte AXS-Energiespender, der auch in allen anderen Elektronikschaltungen des Herstellers zum Einsatz kommt.

Klingt vielversprechend? Wir konnten die neue Sram Red XPLR AXS auf bislang rund 500 Kilometern bereits intensiv testen. Um es vorwegzunehmen: Sram hat nicht zu viel versprochen. Die neue Red XPLR ist nicht nur leichter als die Vorgängergruppe, sie glänzt auch mit verbesserter Ergonomie, vielen pfiffigen Detaillösungen, souveräner Schalt- und Bremsperformance sowie dermit dem hauseigenen Hammerhead-Computer und der AXS-Smartphone-App.

Übernahme von der Straße

Die Lenkerarmaturen, die Flat-Top-Kette und die Bremsen mit ihren einstellbaren Carbon-Hebeln übernimmt die neue Gravel-Gruppe von der Straßen-Red. Gut so: Minimale Handkräfte aus jeder Griffposition liefern mächtig Bremspower, die sich zudem feinfühlig dosieren lässt. Oder, wie Jason Fowler es formuliert: "Ein Finger am Hebel genügt, um die Kontrolle zu behalten."

In Bremsgriffhaltung soll 80 Prozent weniger Handkraft erforderlich sein als beim Vorgänger, um die gleiche Bremspower aufzubauen. Im Unterlenker immer noch 33 Prozent. Fakt ist: Auch bei längeren Abfahrten in den Alpen auf Schotter mit dauerhaftem Bremseinsatz präsentierten sich die Stopper von ihrer besten Seite. Sehr geräuscharm, jederzeit verlässlich und ohne Fading. Und die Hände ermüden tatsächlich nicht so schnell.

Ohne Umwerfer

Der Verzicht auf einen Umwerfer spart Gewicht, macht den Antriebsstrang technisch einfacher und damit weniger anfällig für Defekte. Nur ein Kettenblatt bedeutet aber auch: weniger Bandbreite. Was in der Regel Kompromisse beim kleinsten oder größten Gang erfordert und in der Regel größere Gangsprüngen bedingt. Dank 13 Ritzeln reicht die Bandbreite (460 Prozent) bei der neuen Sram Red XPLR dennoch für einen weiten Einsatzbereich.

Am Testrad war an der leichten Direct-Mount-Carbon-Kurbel mit Powermeter ein 40T-Blatt verbaut. Am Hinterrad die aktuell einzige lieferbare 13-fach-Kassette in 10–46er-Abstufung. Damit lässt sich‘s sehr anständig klettern – auch längere Anstiege oder steile Rampen geraten nicht so schnell zur Tortur. Die (kleinen) Berggänge sind eher weiter gestuft, die Sprünge deshalb recht groß.

Im Arbeitsbereich, der beim "Streckemachen" gebraucht wird, sind die Sprünge klein und die Abstufungen ausreichend fein. Wer häufig Rennen fährt, sollte über ein größeres Blatt nachdenken. Die gibt es wahlweise mit 38, 40, 42, 44 und 46 Zähnen und lassen sich problemlos tauschen. Auch eine Kurbel ohne Leistungsmesser führt Sram im Programm, die Kurbelarme gibt es in sechs Längen von 160 bis 175 mm.

13-fach-Kassette

Die 13-fach-Kassette ist der heimliche Star des Antriebs und geht fast schon als Kunstwerk durch. Allerdings kostet das Ritzelpaket mit 675 Euro ein kleines Vermögen, dafür wiegt sie nur schlanke 288 Gramm. Die drei größten Ritzel bestehen aus Aluminium, der Rest ist in bester Sram-Tradition aus einem Stück Stahl gefräst. Die Kassette selbst baut etwas breiter als ihr 12-fach-Pendant, die Abstände zwischen den Ritzeln bleiben aber unverändert, ebenso die Dimensionen der Flat-Top-Kette. Das zusätzliche Ritzel ist leicht nach innen versetzt, das Ritzelpaket passt deshalb auf die bekannten 12-fach-XDR-Freiläufe.

Das mächtig dimensionierte Full-Mount-Schaltwerk lässt keine Zweifel aufkommen, dass es für härteste Anforderungen entwickelt wurde. Allerdings passt es nur an Rahmen mit UDH-kompatiblem Ausfallende (Universal Derraileur Hanger). Ein Standard, der sich im Gravel-Segment erst durchzusetzen beginnt. In den nächsten Monaten sollen aber immer mehr neue Rahmen mit entsprechendem Hinterbau vorgestellt werden. Vorteil – neben der universellen und robusten Bauweise: Das XPLR-Schaltwerk muss nicht mehr eingestellt werden, Einstellschrauben fehlen komplett. Das Feintuning erfolgt ggf. elektronisch in Mikroschritten.

Cleveres Schaltröllchen, ordentliche Schaltperformance

Wichtig ist nur die richtige Kettenlänge, die sich nach der Größe des verbauten Kettenblatts und der Kettenstrebenlänge bemisst. Eine passende Tabelle bietet Sram an. Alle Einzelteile des Schaltwerks und der Kurbel lassen sich übrigens im Schadensfall separat ersetzen. Mehr als ein Gimmick ist auch das "Magic Wheel" genannte untere Schaltwerksröllchen, das nicht blockiert, selbst wenn sich mal ein Ast darin verfangen sollte.

Das Schaltschema der Gruppe bleibt unverändert und entspricht dem aller AXS-Ensembles. Je ein Zusatzschalter in den Hoods wertet die Armaturen weiter auf. Die Schaltung sei "auf verlässliches Schalten auch unter Last programmiert, nicht auf Geschwindigkeit". Dennoch gab’s an weder am Schalttempo noch an der -performance etwas auszusetzen.

Bei den großen Ritzeln könnte der Wechsel vielleicht einen Wimpernschlage schneller erfolgen, aber das ist schon Jammern auf sehr hohem Niveau. Grundsätzlich erfolgten die Schaltvorgänge akkurat, verlässlich und auch unter Last ohne Probleme. Bei Zug auf der Kette begleitet von einem gut hörbaren "Klonk". Der beidseitig messende Powermeter, lieferte im Praxistest konsistente Werte, Strom bezieht er von einer CR-2032-Batterie, die rund 200 Stunden halten soll.

Fazit

Die neue Sram Red XPLR AXS legt die Messlatte für elektronisches Schalten am Gravelbike ein Stückchen höher – als aktuell bestes 1-by-Ensemble. Brems- und Schaltperformance überzeugen ebenso wie die Ergonomie der Hebel. Auch das Komplettgewicht von 2488 Gramm (Herstellerangabe für die Komplettgrupp mit 40T-Kettenblatt und 172,5-mm-Kurbel mit Powermeter, 10–46er-Kassette, Kette mit 114 Gliedern, 160-mm-Discs und Akku) kann sich sehen lassen.

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Bleibt als größter Wermutstropfen der Preis: Rund 4500 Euro kostet die Gruppe mit Leistungsmesskurbel und Akku, ca. 500 Euro weniger ohne Powermeter. Die ebenfalls neue 12-fach GRX Di2 von Shimano steht dazu nicht in direkter Konkurrenz, da sie aktuell ausschließlich mit 2-fach-Kurbel angeboten wird.  © Bike-X

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