Continental hat bereits umfassende Neustrukturierungen seiner Unternehmensbereiche angekündigt. Nun sollen in der Sparte ContiTech fünf deutsche Werke geschlossen werden.

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Nun steht es fest: Continental spaltet seine Automotive-Sparte ab. Damit bewahrheitet sich im kommenden Jahr, was Konzernchef Nikolai Setzer beim Kapitalmarkttag Anfang Dezember 2023 bereits angekündigt hatte. Falls im März der Aufsichtsrat und im April die Aktionäre im Rahmen der Hauptversammlung zustimmen, soll dieser sogenannte "Spin-off" bis zum Jahresende 2025 abgeschlossen sein. Mit dieser Umstrukturierung fokussiere sich das DAX-Unternehmen "auf mehr Eigenständigkeit für unsere ertragsstarken Unternehmensbereiche Reifen und ContiTech", so Setzer bei der offiziellen Bekanntgabe der Abspaltung im Dezember 2024.

Der Schritt sei eine "wichtige Grundlage dafür, Automotive zukunftsorientiert und kapitalmarktfähig aufzustellen", ergänzt Philipp von Hirschheydt (50), Continental-Vorstandsmitglied und Leiter des Unternehmensbereichs Automotive. Dieser Geschäftsbereich ist unter anderem zuständig für Auto-Cockpits sowie Displays und sorgt für einen Jahresumsatz von etwa 3,5 Milliarden Euro. Der Einstieg eines Investors oder eine Überführung in ein Joint-Venture mit einem Partnerunternehmen sei perspektivisch ebenso denkbar wie der Börsengang dieses Geschäftsbereichs, hieß es vor Jahresfrist.

Stärkere Eigenverantwortung der Bereiche

Nun sollen wesentliche Aufgaben und Funktionen des Konzerns schrittweise in die Unternehmensbereiche überführt werden. "Bis Ende 2025 soll eine schlanke, fokussierte Holding-Struktur entstehen", sagt Setzer. Die unternehmerische Verantwortung liege künftig verstärkt dort, wo sie den größten Nutzen bringe – "in den Unternehmensbereichen nah an den Märkten und Kunden". Für kleinere Geschäftsfelder der Automotive-Sparte prüft Continental ähnliche Optionen. Entschieden sei aber noch nichts, einen Zeitplan gebe es ebenfalls noch nicht. Einen Komplettverkauf der Automotive-Sparte ("auch künftig eine starke Säule") schließt Continental dagegen ebenso kategorisch aus wie einen Rückzug aus dem Geschäft mit dem autonomen Fahren.

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Um die für die Umstrukturierungen nötigen Voraussetzungen zu schaffen, hatte Continental seine Organisationsstruktur zuvor von sechs auf fünf Geschäftsfelder gestrafft. So wurden Teile des bisherigen Geschäftsfelds Smart Mobility nach dessen Auflösung in die Automotive-Sparte überführt, da es hier bereits natürliche Schnittmengen gebe. "Mit der Bündelung unserer Struktur bringen wir Technologielösungen in die Geschäftsfelder ein, wo wir Synergien sehen", sagte von Hirschheydt bereits Mitte November 2023. So könne Continental besser auf Marktanforderungen eingehen.

Sparprogramm und Jobabbau

Darüber hinaus verpasste Continental der Automotive-Sparte ein umfassendes Sparprogramm. Der Dax-Konzern will ab 2025 jährlich 400 Millionen Euro sparen. Zu diesem Zweck verschlankt er aktuell die Geschäfts- sowie Verwaltungsstrukturen und senkt seine Ausgaben für Forschung sowie Entwicklung. Zum Beispiel, indem die Zahl der weltweit 82 Entwicklungsstandorte reduziert und ein größerer Anteil der Entwicklung in Ländern mit niedrigeren Kosten gestemmt wird.

Teil der Strategie sind zudem Stellenstreichungen. Wie Continental am 14. Februar 2024 mitteilte, sollen konzernweit insgesamt 7.150 Stellen gestrichen werden. Das entspricht mehr als drei Prozent der Gesamtbelegschaft. Allein in den Verwaltungsbereichen stehen rund 5.400 Jobs zur Disposition, im Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk weitere rund 1.750 Stellen. Etwa 40 Prozent der insgesamt betroffenen Arbeitsplätze befinden sich nach Angaben eines Sprechers in Deutschland. Continental plant, den Jobabbau möglichst sozialverträglich zu gestalten.

5 Werksschließungen in Deutschland

Ein Schritt dieser Veränderung folgt nun im Bereicht ContiTech. In einer Pressemitteilung hat die Firma angekündigt, weitere strukturelle Änderungen für das Jahr 2025 vorzubereiten. Im Zuge dessen sei geplant, die Produktion an den Standorten Bad Blankenburg (Thüringen), Stolzenau (Niedersachsen) und Moers (Nordrhein-Westfalen) einzustellen. Das betreffe auch den Werkzeugbau am Doppelstandort Frohburg und Geithain in Sachsen.

Zusätzlich möchte das Unternehmen die Aktivitäten im Bereich Original Equipment Solutions (OESL) am Standort Hamburg verkleinern. Im Rahmen der geplanten Verselbstständigung des Automotive-Bereichs soll außerdem eine Produktionslinie des Standorts Hannover-Vahrenwald an einen Automotive-Standort verlagert werden. Insgesamt betrifft die Werksschließung rund 580 Arbeitsplätze.

"Mit den geplanten Maßnahmen reagieren wir auf eine veränderte Marktsituation, die in einigen Kundenbranchen von starken und anhaltenden Nachfragerückgängen geprägt ist. Insbesondere die Entwicklungen in der Automobilwirtschaft und beim Braunkohleabbau in Europa stellen uns vor Herausforderungen", erklärt Philip Nelles, Leiter von ContiTech.

ContiTech beschäftigt sich mit der Entwicklungs- und Materialkompetenz für Produkte und Systeme aus Kautschuk, Kunststoff, Metall und Gewebe. Seit Anfang 2024 arbeitet der Unternehmensbereich in einer neuen Organisationsstruktur. Damit möchte die Firma die Basis schaffen, um sich künftig auf den Ausbau des Industriegeschäfts zu konzentrieren. Außerdem sollen so wirtschaftlich stabile Standorte geschaffen werden.

Sparmaßnahmen trotz Umsatzsteigerung

"Diese Maßnahmen sind wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Automotive-Bereichs zu stärken", sagte von Hirschheydt rund um den Jahreswechsel 2023/24. Strukturen zu vereinfachen und Funktionen zu reduzieren, sei wesentlich für eine erfolgreiche Zukunft des Unternehmens, so der Continental-Vorstand weiter. Das Management sehe sich "alle Funktionen und Prozesse vom Vertrieb über Forschung und Entwicklung bis zur Produktion ergebnisoffen an, um Effizienz und Effektivität signifikant zu verbessern".

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Continental erzielte 2023 einen Umsatz von insgesamt 41,4 Milliarden Euro, was einem Plus von gut fünf Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr entsprach. Der DAX-Konzern beschäftigt aktuell ungefähr 200.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 57 Ländern und Märkten. Etwa die Hälfte davon ist im Automotive-Bereich beschäftigt, der auch nach einer möglichen Abspaltung des Cockpit- und Display-Geschäftsbereiches noch einen Jahresumsatz von ungefähr 15 Milliarden Euro beisteuern dürfte. Und damit ähnlich groß wäre wie das nach wie vor profitable Reifengeschäft, das perspektivisch sogar durch Zukäufe gestärkt werden könnte.

Hinweis: In der Fotoshow erfahren Sie Näheres zum Continental Driver Identification Display, und im Video informieren wir Sie über die neue Trommelbremsen-Technologie des Automobilzulieferers.  © auto motor und sport

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