Luftlose Reifen für Pkw haben einige Hersteller bereits vorgestellt. Aber ein deutsches Gesetz verhindert ihren Einsatz.
Luftlose Reifen sollen wartungsarm und schwer zerstörbar sein – Hersteller wie Michelin oder Goodyear haben entsprechende Modelle bereits vorgestellt. Im Serieneinsatz für Pkw gibt es sie aber noch lange nicht – auch, weil ein deutsches Gesetz für straßenzugelassene Pkw Luftreifen vorschreibt.
36 Abs. III StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) verlangt ausdrücklich: "Die Räder der Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen mit Luftreifen versehen sein, soweit nicht nachstehend andere Bereifungen zugelassen sind." Zur Verhinderung von eventuellen Schlupflöchern, definiert die Vorschrift gleich im darauffolgenden Satz, was der Gesetzgeber unter "Luftreifen" versteht: "Als Luftreifen gelten Reifen, deren Arbeitsvermögen überwiegend durch den Überdruck des eingeschlossenen Luftinhalts bestimmt wird." Damit ist das von Michelin bereits 2019 vorgestellte nicht-pneumatische Reifenmodell Uptis genauso raus, wie der 2022 von Goodyear präsentierte namenlose Konkurrenz-Entwurf.
Allerdings erprobt Michelin den Uptis bereits auf der Straße: Fahrzeuge der französischen Post sind teilweise mit diesen Reifen ausgerüstet und auch in Singapur fahren Testfahrzeuge mit diesen Pneus. Michelin möchte die Tests im Straßenverkehr in Zusammenarbeit mit gewerblichen Kunden kontinuierlich ausweiten – solche Kunden legen einen besonders hohen Wert auf Ausfallsicherheit. Die Michelin-Verantwortlichen wünschen sich unter anderem Großkunden, wie es beispielsweise Polizeibehörden sind. Die aus den Tests gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Weiterentwicklung des Uptis einfließen. Mit einem Serieneinsatz für private Pkw-Endkunden rechnen Michelin und Goodyear nicht vor dem Jahr 2030. Auch, weil die Reifenindustrie gerade andere Entwicklungs-Prioritäten hat.
Reifenhersteller mit anderen Prioritäten
Insbesondere Michelin hat die Entwicklung von luftlosen Pkw-Reifen bis zur Serienreife vorangetrieben, was aber in der Reifenindustrie keinen Trend ausgelöst hat. Die Ingenieure beschäftigen sich aktuell vornehmlich mit Forschungen und Entwicklungen für Reifen, die bei der Erfüllung der kommenden Abgasnorm Euro 7 eine wichtige Rolle spielen. Die ersten Euro-7-Regelungen gelten ab Ende November 2026, ab 1. Juli 2028 greifen dann schrittweise spezielle Vorschriften für nicht abgasbezogene Partikel aus Reifenabrieb.
Um luftlose Reifen auch für den Einsatz bei Pkw zulässig zu machen, ist Michelin mit dem Gesetzgeber im Kontakt – schließlich müsste der dafür die StVZO anpassen. Dass der Gesetzgeber Luftreifen vorschreibt, hat natürlich Gründe: Zum Zeitpunkt der Formulierung des Gesetzes waren luftgefüllte Reifen die beste Möglichkeit, den Kontakt eines Fahrzeugs mit verschiedenen Untergründen herzustellen. Luftreifen passen sich dem Untergrund im richtigen Maß an, wobei die Kontaktfläche zwischen Reifen und Untergrund maximal groß bleibt.
Für Nutzfahrzeuge sind nicht-pneumatische Reifen bereits im Einsatz. So hat Michelin seit 2019 den für Kompaktlader und leichte Baumaschinen gedachten X Tweel im Angebot. Allerdings gelten für solche Erdbewegungsreifen deutlich andere Anforderungen als für Reifen von straßenzugelassenen Pkw. Insbesondere fahren die Baumaschinen deutlich langsamer.
Fun Fact 1: Dort, wo irdische Gesetze kaum gelten, ist auch der Einsatz von luftlosen Reifen kein Problem. Für ein kommendes Mondauto hat Michelin deshalb so einen Reifen entwickelt. Und auch die drei bisher zum Einsatz gekommenen Mondautos hatten luftlose Reifen – ihre Drahtgeflecht-Räder waren für die sandige Mondoberfläche perfekt geeignet.
Fun Fact 2: Die StVZO erlaubt bereits seit langem luftlose Reifen – in Form von eisernen Reifen. Diese müssen an den Kanten abgerundet sein, daran verwendete Nägel müssen eingelassen sein – und auch sonst dürfen diese harten Reifen die Straße nicht beschädigen. Zulässig sind Eisenreifen für beispielsweise Zugmaschinen in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben und nur für Geschwindigkeiten von bis zu 8 km/h. © auto motor und sport
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