Erfurt (dpa/tmn) - Die Vorfahrtsregeln beherrschen Sie im Schlaf? Vielleicht, aber das denken so manche am Steuer, bis sie aufwachen. Denn in weniger alltäglichen Situationen als "Rechts vor links" kommt der eine oder die andere plötzlich dann doch ins Grübeln. Unklar wird es laut Tüv Thüringen manchmal schon, wenn sich an einer Kreuzung ein Linksabbieger dazugesellt oder gar gleichzeitig vier Fahrzeuge auf eine gleichrangige Kreuzung treffen.
"Wenn an Kreuzungen und Einmündungen die Vorfahrt nicht durch Verkehrszeichen oder durch Ampeln geregelt wird, hat Vorfahrt, wer von rechts kommt", erinnert Autoexperte Achmed Leser vom Tüv Thüringen noch einmal an Grundsätzliches. Ausgeschlossen von der Rechts-vor-links-Regel seien Fahrzeuge, die von Feld- und Waldwegen oder Straßen mit abgesenktem Bordstein auf die andere Straße einfahren möchten. "Diese müssen anderen in jedem Fall die Vorfahrt gewähren", so Leser. Doch manchmal wird es unübersichtlicher.
Mit dem Handzeichen auf die Vorfahrt verzichten
Etwa wenn auf die gleichrangige Kreuzung oder Einmündung aus jeder Straße ein Fahrzeug zufährt und jeder Fahrer dem von rechts kommenden Fahrzeug die Vorfahrt gewähren muss. "Dieses Vorfahrtspatt lässt sich nur auflösen, wenn ein Autofahrer auf seine Vorfahrt verzichtet", erläutert Leser. "Mittels Handzeichen signalisiert er dem von links kommenden Fahrzeug, dass er ihn passieren lässt. Danach greift wieder die Rechts-vor-links-Regel. Ganz zum Schluss fährt der Fahrer, der auf seine Vorfahrt verzichtet hat", so der Verkehrsexperte.
Kreuz und quer und wann fährt wer?
Noch verwirrender ist die Situation, wenn sich drei Fahrzeuge auf einer gleichrangigen Kreuzung treffen und das am weitesten rechts befindliche Fahrzeug in die linke Fahrbahn abbiegen möchte. Jetzt müsse dieser Fahrer zwar niemanden von rechts die Vorfahrt gewähren, allerdings müsse er den Gegenverkehr abwarten. Dieser wiederum muss dem von rechts kommenden Fahrzeug die Vorfahrt gewähren und dieses wiederum dem Linksabbieger. Missverständnisse? Fast inklusive. "Der Linksabbieger sollte auch in diesem Fall per Handzeichen auf seine Vorfahrt verzichten und dem für ihn von links kommenden Fahrzeug Vorrang lassen", rät Leser unsicheren Fahrern.
Die Rechts-vor-links-Regel kann auch woanders zu gefährlichen Fehleinschätzungen führen. Ist eine rechtsabführende Straße eine Einfahrt in eine Einbahnstraße, gingen laut Tüv Thüringen viele Autofahrer davon aus, dass sie niemandem die Vorfahrt gewähren müssen. Theoretisch dürfte ja kein Kraftfahrzeug die Einbahnstraße verkehrt herum befahren. Ja - aber ist die Einbahnstraße für den gegenläufigen Radverkehr freigegebenen, bleibt gegenüber dem ausfahrenden Radfahrer der Grundsatz, dass Vorfahrt hat, wer von rechts kommt, erläutert Achmed Leser.
Recht haben ist gut - darauf zu bestehen nicht immer
Auch abseits aller Regeln rät der Experte, im Zweifel lieber auf die eigene Vorfahrt zu verzichten: Wer nicht sicher ist, ob andere die Situationen richtig einschätzen, bleibt besser auch bei eigentlich unstrittigen Lagen besser stets bremsbereit. Lieber im Zweifel auf die eigene Vorfahrt verzichten, als gefährliche Situationen zu riskieren.
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