Lotus stellt eine neue Konzeptstudie namens Theory 1 vor. Der Elektro-Sportwagen etabliert eine neue Design-DNA und erinnert an den Esprit.
Der britische Autobauer Lotus hat sich klar zu einer batterieelektrischen Zukunft bekannt. Schon jetzt werden drei von vier angebotenen Modellen rein elektrisch angetrieben: der SUV Eletre, die GT-Limousine Emeya und das Hypercar Evija. Letztes Verbrenner-Überbleibsel ist der Emira, der 2026 ein elektrisches Pendant erhalten soll, das später sein Nachfolger wird. Dieser wird aktuell unter dem internen Code Type 135 entwickelt. Einen ersten konkreten Ausblick auf den elektrischen Emira-Erben liefert die nun offiziell enthüllte Studie Theory 1.
Design
Lotus stellt mit dem Theory 1 seine neue Design-DNA vor, und das ist in diesem Fall wörtlich gemeint. Darin sind die drei Kernprinzipien digital, natürlich und analog vereint, oder abgekürzt: DNA. Die Karosserie und Glasflächen bestehen in erster Linie aus recycelten Materialien, darunter ein Verbundwerkstoff aus Zellulose und Polycarbonat. Das vom Spezialisten Kyocera zugelieferte Laserlicht erlaubt besonders kleine Scheinwerfer und Rückleuchten. Die Windschutzscheibe setzt weit vorn an und zieht sich hinauf in ein weitgehend verglastes Dach, das sich bis zum Hinterteil erstreckt. Die Türen schieben sich beim Öffnen nach hinten und fast im rechten Winkel nach oben.
Die Front des spiegellosen Lotus Theory 1 zeigt sich stark zugespitzt; auch der mittig unterbrochene Frontspoiler schiebt sich weit nach vorn. An den Flanken zieht sich das Element weit nach oben, während der Schweller diese Optik auf der anderen Seite der vorderen Radhäuser aufgreift. Diese unterbrechen eine Designlinie, welche die Karosserie mittig horizontal bis zur B-Säule durchschneidet. Hier biegt sie pfeilförmig nach vorne oben ab, um zusammen mit der sanft abfallenden Dachlinie ein metallisch gestaltetes Heck zu formen. Hier zeigt sich ein extrem reduziertes Design mit den Leuchten samt Lotus-Schriftzug oben, einem offenen Teil im Zentrum und einem mächtigen Diffusor unten.
Aerodynamik
Hier kombiniert Lotus aktive und passive Elemente, um Abtrieb und Windschlüpfigkeit möglichst perfekt in Einklang zu bringen. Der Bugspoiler erzeugt zusammen mit den Luftleitblechen einen aerodynamisch hilfreichen Luftschleier, während der Unterboden über mehrere Schächte Luft in das Kühlsystem leitet oder Anpressdruck erzeugt. Die Flanken leiten störende Luftturbulenzen um den Theory 1 herum, und der aktive Heckspoiler fährt je nach Fahrsituation ein oder aus. Motoren, Batterie und Fahrwerk sollen optimal gruppiert worden sein, unter anderem um die Verwindungssteifigkeit und den Schwerpunkt zu verbessern.
Antrieb
Lotus verrät nicht, wie viele Motoren den Theory 1 antreiben; der Allradantrieb deutet auf mindestens zwei hin. Sie leisten insgesamt 735 kW (1.000 PS) und beschleunigen den Elektro-Sportler in unter 2,5 Sekunden von Null auf Hundert sowie auf maximal 320 km/h. Die 70-Kilowattstunden-Batterie erlaubt eine Reichweite von 402 Kilometern. Motoren und Akku sitzen in einem Chassis, das aus recyceltem Carbon besteht. Das hilft, das Gewicht des 4,49 Meter langen, 2,00 Meter breiten und 1,14 Meter hohen Theory 1 unter der 1,6-Tonnen-Marke zu halten. Der Radstand beträgt 2,65 Meter.
Innenraum
Im Innern des Lotus Theory 1 steht die "Lotuswear"-Technologie im Mittelpunkt, die auf Grundlage der Nvidia-Drive-Rechner-Plattform und mit Robotik-Funktionen arbeitet. So passen sich die Textilmaterialien auf den asketischen Sitzen und am eckigen Steer-by-Wire-Lenkrad nicht nur an die Körperform der Insassen oder der oder des Fahrenden an, sondern reagieren in Echtzeit auf die jeweilige Fahrsituation. Die Sitze bieten dadurch mehr Halt, das Lenkrad signalisiert, wann eingelenkt werden sollte. Zudem weisen Lichtimpulse darauf hin, wann beschleunigt oder gebremst werden muss. Die inneren Blinkanzeigen sitzen als Laserlichter rechts und links im Cockpit. Weitere grafische und illuminierte Elemente befinden sich am Lenkrad und an den von innen sichtbaren vorderen Fahrwerks-Komponenten.
Das Sitzkonzept erinnert an den legendären McLaren F1 aus den 1990er-Jahren: Der Fahrerplatz befindet sich vorn zentral im Cockpit, während die maximal zwei Beifahrerinnen oder Beifahrer leicht versetzt dahinter Platz nehmen. Die Kopfstützen mit Gitterstruktur stammen aus dem 3D-Drucker und beherbergen Lautsprecher, die auch den Fahrsound verstärken, während ein Subwoofer hinter dem Fahrersitz platziert ist. Das recycelte geschmiedete Carbon der Außenhaut taucht hier großflächig wieder auf. Es gibt weder ein echtes Armaturenbrett noch große Bildschirme. Fahrinformationen erscheinen auf einem kleinen Monitor, der direkt unter der Windschutzscheibe positioniert ist, oder werden per Projektion in dieser mitgeteilt.
Fahrdynamik
Das elektrische Concept Car bietet fünf Fahrmodi: "Range", "Tour", "Sport", "Individual" und "Track". Beim Theory 1 kombiniert Lotus Doppel-Querlenker an beiden Achsen mit einem aktiven Dämpfungssystem. Vorn rollt der Elektro-Sportwagen auf 20-Zoll-Felgen, während hinten 21-Zöller zum Einsatz kommen. Die von Pirelli eigens entwickelten Reifen des Typs P-Zero Elect kommen vorn in der Dimension 265/35 R20 und hinten in 325/30 R21 zum Einsatz. Die Bremsanlage liefert AP Racing in Form von Sechskolben-Sätteln mit geschmiedetem Monoblock-Aluminiumgehäuse sowie 390 Millimeter großen Carbon-Keramik-Scheiben zu.
Assistenzsysteme
Die Lotuswear-Technologie spielt noch in anderer Hinsicht eine Rolle: Das sogenannte Technologieband verläuft als lang gezogener OLED-Monitor inner- und außerhalb des Lotus Theory 1 und kommuniziert mit seinen Nutzerinnen und Nutzern sowie der Umgebung. Es zeigt den Fahrzeugstatus an oder ob sich Personen im näheren Umfeld befinden. Mit vier Lidar-Komponenten, sechs HD-Kameras und einer Kombination aus Lang- und Kurzstrecken-Millimeter- sowie Ultraschallradar-Sensoren soll die Konzeptstudie zu Level-4-Autonomie in der Lage sein.
Ausblick auf das Serienauto
Als elektrischer Emira-Nachfolger dürfte der Theory 1 in ein Serienauto münden, dessen Name Lotus-typisch mit "E" beginnt. Ursprünglichen Plänen von 2021 zufolge sollte der Elektro-Sportwagen auf einer Plattform aufbauen, die zusammen mit der Renault-Tochter Alpine entwickelt wurde. Doch im Mai 2023 gaben beide Marken bekannt, das gemeinsame Projekt nicht weiterzuführen. Das neue Lotus-Chassis läuft unter dem Arbeitstitel LEVA (Lightweight Electric Vehicle Architecture) und bietet variable Layouts, verschiedene Radstände sowie skalierbare Batteriegrößen. In der Zweisitzer-Konfiguration für den Sportwagen beträgt der Radstand mindestens 2.470 Millimeter.
Die Batterie besteht aus acht Modulen und bietet 66,4 kWh Kapazität, den Antrieb übernimmt ein E-Motor mit 350 kW Leistung (476 PS). In einer zweiten Variante legt der Zweisitzer auf wenigstens 2.650 Millimeter Radstand zu. Die Batterie umfasst zwölf Module und bietet 99,6 kWh Kapazität, den Antrieb übernehmen zwei E-Motoren mit zusammen 650 kW Leistung (884 PS). Angetrieben werden immer nur die Hinterräder. Kommen sollten die Batteriemodule vom Batteriezellenexperten Britishvolt. Eine entsprechende Absichtserklärung hatten beide Partner im Januar 2022 unterschrieben. Mittlerweile ist Britishvolt aber insolvent, die Unternehmenszukunft ungewiss.
Kommen soll der Lotus-Elektro-Sportwagen 2026. Zu den ersten Kunden rollt er dann ab Anfang 2027 zu Preisen ab rund 90.000 Euro. Damit läuft er eine Zeit lang parallel zum Emira mit Verbrennerantrieb, der planmäßig 2028 ausgemustert werden soll. Vom Elektro-Sportler wollen die Briten jährlich etwa 10.000 bis 15.000 Fahrzeuge absetzen. © auto motor und sport
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