Auswerten von Fahrdaten, automatische Unfallerkennung, digitaler Schadenservice und Schadenregulierung: Mithilfe von KI wird vieles in der Kfz-Versicherung einfacher und geht schneller.
Man lasse sich diese Zahlen auf der Zunge zergehen: Im Rahmen des Telematik-Tarifs der Kfz-Versicherung bei der HUK-Coburg werden enorme Datenmengen verarbeitet. Jeden Tag umrunden die Kunden dieses (Wahl-)Tarifs die Welt 340-mal, das entspricht 13,65 Millionen Kilometern pro Tag. Was bringt das?
Sichere Fahrweise dokumentieren
Normalerweise müssen Autofahrer bei klassischen Kfz-Tarifen zunächst mehrere Jahre unfallfrei versichert sein, um nachzuweisen, dass sie sicher fahren. "Mithilfe der Daten aus dem Telematik-Tarif und KI wissen wir das heute jedoch bereits nach wenigen Fahrten", so Thomas Körzdörfer, Leiter Data Analytics bei der HUK-Coburg. "Dies wird zukünftig zu neuartigen und deutlich flexibleren Kfz-Versicherungsprodukten führen." Das gelte auch für Mietwagen und Shared-Mobility-Angebote. Inzwischen bieten auch andere Versicherer ähnliche Tarife an, bei denen sich der Kunde damit einverstanden erklärt, dass sein Fahrstil getrackt wird. Dies geschieht durch einen Sensor, den man ins Auto legt oder an der Windschutzscheibe anbringt und mit einer App verbindet.
Automatische Unfallerkennung
Diese Vorgehensweise soll die Anwender nicht nur zu einer sichereren Fahrweise motivieren – zum Beispiel, indem man nicht permanent Tempolimits überschreitet oder aufgrund riskanter Manöver etwa auf regennassen Straßen kaum die Kurve bekommt. Schöner Nebeneffekt: Abhängig von den erhobenen Daten ist bei einem regelkonformen und vorausschauenden Fahrstil langfristig eine Einsparung von bis zu 30 Prozent beim Versicherungsbeitrag möglich. Der Fahrwert bestimmt dabei den Folge-Bonus auf Kfz-Haftpflicht und Kasko.
Doch zurück zum Thema Sicherheit und KI. Ein weiterer Benefit bei "Telematik plus" ist die KI-basierte Unfallerkennung. Körzdörfer: "Wir können so die Betroffenen unmittelbar nach dem Unfall automatisch über die ,HUK Mein Auto‘-App kontaktieren. Mit wenigen Klicks lässt sich die Schadenmeldung dort unkompliziert erledigen, die Versicherung wird dann tätig." Dieses Konzept soll nun in Kooperation mit teilnehmenden Autoherstellern auch auf Nicht-Telematik-Kunden ausgeweitet werden. Die Unfallmeldung komme dann direkt aus dem Fahrzeug, ein externer Sensor sei nicht mehr notwendig, so der Datenspezialist.
"Grundsätzlich profitieren die Versicherungskunden auf vielfältige Weise von neuen intelligenten Anwendungen. In der Kfz-Versicherung sorgen vollautomatisierte Prozesse für eine schnellere Schadenregulierung. So können Versicherte heute nach einem Verkehrsunfall beispielsweise Bilder des beschädigten Autos per App hochladen", bestätigt Christian Ponzel, Pressesprecher des GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft). Selbstlernende Systeme träfen dann automatisch eine Entscheidung über die Reparatur beziehungsweise die Schadensumme.
Digitales Schadenmanagement
Der KI-gesteuerte Schadenprozess von morgen läuft schneller und effizienter als der bisherige. Was ist beim Crash geschehen, welche Teile können repariert, welche müssen ersetzt werden? Oder handelt es sich gar um einen Totalschaden? Wird Spezialwerkzeug gebraucht? "Durch das Verwenden von Telematik-Daten und Fotos oder Videos und die Verarbeitung dieser Infos durch KI wissen wir das alles in Zukunft schon bei der Schadenmeldung", sagt Thomas Körzdörfer. Der Versicherer arbeitet gemeinsam mit der DEKRA an der Digitalisierung und Standardisierung des Schadenmeldeprozesses.
Was das konkret bedeutet, erklärt Wolfgang Sigloch, Pressesprecher Automobil der DEKRA Stuttgart: "Wir verwenden das System der Firma Spearhead, an der die DEKRA seit 2021 beteiligt ist. Wenn vorhanden, geben Telematik-Daten aus dem Fahrzeug Aufschluss über Anstoßwinkel, Kollisionsgeschwindigkeit und weitere Parameter. Zudem wird ein dynamischer Fragebogen eingesetzt, um die benötigten Informationen schnell vom Fahrzeughalter zu bekommen. Hinzu kommt eine KI-gestützte Bilderkennung. Die gewonnenen Daten zum Unfall werden dann ebenfalls mithilfe künstlicher Intelligenz mit einer sehr großen Zahl realer DEKRA-Gutachten abgeglichen, um den Schaden einzuordnen. Das passiert innerhalb kürzester Zeit." Dieses digitale Schadenmanagement werde bereits von mehreren Versicherern genutzt, sei aber auch für die Betreiber größerer Flotten interessant.
Und noch eine Funktion übernimmt die KI in der Kfz-Versicherung: Durch das Erkennen manipulierter oder gar gefälschter Fotos von Beschädigungen oder auffälligen Mustern in Schadenmeldungen kann Versicherungsbetrug leichter aufgedeckt werden. © auto motor und sport
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