Die europäischen Hersteller tun sich mit ihren Premium-Elektroautos in Fernost schwer. Mercedes beispielsweise musste für die EQ-Modelle bereits das Preisgefüge nachjustieren, um wenigstens ein paar Fahrzeuge vom chinesischen Hof zu bekommen. Die asiatische Konkurrenz macht den Deutschen mit umfangreich ausgestatteten Tech-Boliden das Leben schwer und an dieser Entwicklung scheint sich mit Blick auf Nios neuste Ankündigung auch in näherer Zukunft nichts zu ändern.
Video: Der Akkutausch am NIO ET7 im Video
Auf dem Nio Day kurz vor Weihnachten 2023 hatte Gründer und CEO William Li knapp 90 Minuten benötigt, um alle Features des neuen Topmodells zu erläutern. Zunächst die harten Fakten: Ab einem Preis von umgerechnet rund 102.000 Euro erhalten die Kunden ein 5,32 Meter langes E-Auto mit 3,25 Meter Radstand, zwei komfortablen Executive-Sitzen im Fond und Fastback-Heck. Dieses Layout legt nahe, dass die angepeilte Zielgruppe gern hinten rechts Platz nimmt. Damit der Chauffeur auch seine Freude bei der Arbeit hat, befehligt er zwei Elektromotoren. Die Asynchronmaschine an der Vorderachse steuert 180 kW, die Permanentmagnet-Synchronmaschine an der Hinterachse 340 kW zur Systemleistung bei. In alter Währung sind das 697 PS.
Kurze Pause, schnelle Ladung
Lange Kaffeepausen beim Laden sind den Fahrern dagegen nicht vergönnt. Der Akku mit 900-Volt-Technik lädt mit bis zu 600 kW im regulären Schnellladebetrieb. Li attestiert der neu entwickelten 120-kWh-NMC-Batterie extrem niedrige Innenwiderstände und eine Energiedichte von 292 Wh pro Kilo auf Zellebene. Innerhalb von fünf Minuten können bis zu 255 Kilometer Reichweite gezapft werden. Zudem kann Nios Batterietausch-Infrastruktur genutzt werden, bei der innerhalb weniger Minuten ein komplett voller Akku eingesetzt wird (siehe Video weiter oben im Artikel).
Im Nio innen gibt natürlich riesige Displays. Der zentrale Touchscreen im Cockpit misst mit 15,6 Zoll mehr als die meisten modernen Notebooks. Für die zweite Sitzreihe spendiert Nio auf jeder Seite einen 14,6-Zoll-Screen. In der Mitte sitzt zudem ein Acht-Zoll-Bildschirm, vermutlich als Bedienkonsole. Zudem gibt es einen kleinen Kühlschrank und faltbare Tische, ähnlich wie im Flugzeug. Für ruhige Fahrten lassen sich die hinteren Sitze um bis zu 45 Grad zurücklehnen.
Komplexe Technik an Bord
Damit ruhige Fahrten überhaupt möglich sind, verbaut Nio das intelligente Chassis-System Sky Ride. Entsprechend fährt der ET9 mit drive-by-wire-Technologie, Hinterradlenkung (max. 8,3 Grad Einschlagwinkel) und aktiven integrierten hydraulischen Dämpfern vor. Die Sensorik umfasst neben Kameras und Radar auch drei Lidar-Sensoren. Die Assistenten, hinter denen leistungsstarke Chips von Qualcomm und aus eigener Produktion stecken, fasst Nio unter der Bezeichnung Aquila 2.0 zusammen.
Video: Im Video: Nio ET9 schüttelt Schnee ab
Dieses Sky Ride System führte Nio zuletzt mit einem kleinen Video-Clip auf recht spektakuläre Weise vor. Die Höhenverstellung des Fahrwerks wurde dabei so programmiert, dass sich der Nio ET9 schüttelt wie ein nasser Hund. Allerdings nicht, um Wasser aus dem Pelz zu bekommen, sondern um sich von frischem Schnee zu befreien. Das finden wir recht charmant, auch wenn Detailfragen offen bleiben: Was passiert mit dem Kaffee im Cupholder, wie hält man die Kinder davon ab, diese Funktion vor ihren Freunden in Dauerschleife vorzuführen und klappt das auch mit mitteldeutschem Pappschnee?
Wie auch immer, Vorbestellungen sind in China seit Dezember 2023 möglich, die ersten Auslieferungen kündigt Nio für 2025 an. Für die ersten Kunden gibt es zudem noch 100 Stunden kostenlosen Chauffeur-Service dazu. Ein späterer Start in Deutschland ist bislang nicht offiziell angesagt, aber dennoch wahrscheinlich. Bislang hat Nio alle Modelle auch nach Europa gebracht. © auto motor und sport
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