Krankheit, Winterblues, Zeitmangel – Gründe für eine Trainingspause gibt’s viele. Sportwissenschaftlerin Ronja Klees und Sportmediziner Dr. Denis Biró erklären, wie du nach einer solchen Auszeit schnell wieder fit wirst.

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Ein hartnäckiger Infekt, Nachwuchs oder einfach nur ein längeres Motivationstief – es gibt viele Gründe, warum das Radtraining einige Wochen oder gar Monate zu kurz kam. Umso wichtiger, nun mit Vernunft wieder einzusteigen und sich nicht gleich zu viel zuzumuten. In diesem Artikel beantworten Sportwissenscfatlerin Ronja Klees und Sportarzt Dr. Denis Biró die wichtigsten Fragen rund um den Neustart ins Training.

Was bedeutet "längere Auszeit" konkret?

"Von einer längeren Auszeit spricht man, wenn die Phase der Inaktivität über den für einen Radsportler untypischen Zeitraum andauert", erklärt Ronja Klees. "In der Regel kann man hier einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen annehmen, das entspricht einer klassischen Saisonpause. Deshalb sollte – wie nach der Saisonpause – ein behutsamer Trainingsaufbau erfolgen. Musste man gar krankheits- oder verletzungsbedingt pausieren, ist schon bei wenigen Tagen Auszeit ein vorsichtiger Aufbau ratsam, um den Körper anfangs nicht übermäßig zu belasten und Rückfälle oder langfristige Schäden zu riskieren."

Wie stark baut der Körper bei Inaktivität ab?

"Es hängt vom Grad der Inaktivität ab: War jemand bettlägerig, etwa wegen Fieber, dann bildet sich die Muskulatur durch die Inaktivität stark zurück", erläutert Ronja Klees. "Dann muss der Aufbau langfristiger erfolgen. Triathleten rate ich, dann erst mal nur Rad zu fahren oder zu schwimmen, statt zu laufen, da der Bewegungsapparat sonst stark belastet wird. Leichte Alltagsbewegung wie Spazieren hilft dabei, dass der Körper während einer Auszeit nicht zu sehr abbaut. Auch nach Verletzungen sollte man sich in Absprache mit dem Arzt möglichst bald wieder moderat bewegen, auch wenn noch leichte Schmerzen auftreten können. Zudem gilt: Je älter die Person, desto länger dauert es, wieder auf die Beine und auch wieder aufs Rad zu kommen."

Wie sollten die ersten Einheiten nach einer Pause aussehen?

"Egal ob nach einer Krankheit oder sonstiger Auszeit – es gilt immer die Faustregel: erst die Häufigkeit der Einheiten steigern, dann die Umfänge und zuletzt die Intensität", rät Ronja Klees. "Das kann konkret bedeuten: Zunächst dreimal pro Woche 60 bis 90 Minuten Rad fahren, in der Woche darauf viermal 60 bis 90 Minuten. Wenn die Einheiten sich gut anfühlen und keine Erschöpfung oder Symptome auftreten, kann das Volumen erhöht werden – z. B. mit einer Wochenend-Einheit von zwei bis zweieinhalb Stunden. Klappt das ebenfalls gut, darf man allmählich das gewohnte Wochenpensum anstreben, ehe man voll ins Training zurückkehren und intensive Intervalle bzw. Wettkämpfe bestreiten kann. War man hingegen während der Pause gesund, kann die Rückkehr zum Training etwas zügiger geschehen. Nach einer Krankheit (womöglich mit Fieber) oder einer Verletzung am Bewegungsapparat sollte der Aufbau konservativer erfolgen."

Wie lange dauert es, um wieder auf mein altes Level zu kommen?

"Das hängt ebenfalls stark davon ab, ob ich gesund pausiert habe oder ob ich krank war – vor allem, ob ich Fieber hatte", erklärt Ronja Klees. "Bei einer ‚gesunden‘ Auszeit oder einer leichten Erkältung kommt man recht schnell wieder auf das Niveau von vor der Pause. War man hingegen länger krank, kann es mitunter vier bis sechs Wochen dauern, ehe man wieder vollumfänglich trainieren kann – die Defizite sind womöglich erst nach mehreren Monaten ausgeglichen. Außerdem spielt es eine große Rolle, wie lange eine Person schon Ausdauersport bzw. Radsport betreibt. Je mehr Lebenskilometer zu Buche stehen, desto schneller kehrt die Fitness zurück. Den meisten fehlt nach einer Pause gar nicht die Grundlagenausdauer, sondern das anaerobe Vermögen bzw. die Kraft am Berg – diese beiden Komponenten bilden sich nämlich als Erstes zurück, wenn sie nicht trainiert werden, und müssen behutsam und mit Geduld wieder aufgebaut werden.

Wann darf ich wieder intensiv fahren?

"Das lässt sich nicht pauschal sagen", sagt Ronja Klees. "Jegliche Intensitäten sollten erst dann erfolgen, wenn man keine Einschränkungen mehr hat – etwa Kurzatmigkeit oder Müdigkeit nach den Einheiten. Fährt man die ersten Intervalle, ist danach sehr müde oder hat einen ungewöhnlich starken Appetit, dann war es vermutlich zu viel des Guten. Nach einer längeren Pause würde ich raten, nicht gleich mit VO2max-Intervallen zu starten, sondern eher mit 3x10 Minuten im Grundlagenausdauerbereich 2, und zu beobachten, wie das Herz-Kreislauf-System darauf reagiert: Bleibt der Puls während der Intervalle recht konstant, ist das ein gutes Zeichen. Driftet der Puls hingegen stark nach oben ab, kommen die Intervalle noch zu früh."

Welche Signale gilt es nach der Pause zu beobachten?

"Das Körpergefühl ist und bleibt die unangefochtene Nummer eins", erklären Ronja Klees und Denis Biró. "Unser Körper meldet recht zuverlässig, ob er bereit für das Training ist oder ob er noch Ruhe benötigt. Beim Vergleich von Wattzahlen zu Puls muss man differenzieren: Stammt die Abweichung von der noch im Körper sitzenden Krankheit oder vom normalen Fitnessverlust durch die Pause? Auch ein höherer Puls als gewöhnlich muss nicht schlimm sein. Denn auch wenn der Ruhepuls wieder normal ist, kann der Belastungspuls bis zu vier Wochen lang um 10 bis 20 Schläge höher liegen als gewohnt. Trotzdem ist dann die Rückkehr ins Training bereits möglich, wenn keine weiteren Symptome oder Schmerzen auftreten."

Ab wann sind Wettkämpfe wieder möglich?

"Wettkämpfe sind nach den medizinischen Return-to-Sport-Richtlinien (siehe S. 74) frühestens in Stufe 5 möglich", empfiehlt Denis Biró. Ronja Klees rät zudem, zunächst noch eine Einheit mit Wettkampfintensität zu fahren und zu schauen, wie der Körper darauf reagiert: "Wenn im Anschluss keine Probleme auftreten, spricht nichts gegen die Teilnahme." Auch nach einer Verletzung sollte ein Sportler auf Rat der beiden Experten nur dann an den Start gehen, wenn bei bzw. nach intensiveren Einheiten keine Beschwerden mehr auftreten.

Woran erkenne ich, ob ich mir schon zu viel zumute?

"Das größte Warnsignal nach einer Krankheit wäre Fieber oder Unwohlsein bei oder unmittelbar nach einer sportlichen Aktivität", sind sich Denis Biró und Ronja Klees einig. "Auch Kurzatmigkeit bei leichter Intensität, Schmerzen in der Brust, in den Muskeln oder den Gelenken deuten darauf hin, dass man es übertrieben hat. Weitere Zeichen können geschwollene Lymphknoten in der Leiste, am Hals oder auch starke Ermüdung sein. Dank moderner Fitnesstracker kann man auch die Herzfrequenz-Variabilität (HRV) beobachten. Diese ist im gesunden Zustand höher als im Krankheitsfall. Sinkt die HRV plötzlich stark ab, kann das auf einen Rückfall bzw. eine Überbeanspruchung hindeuten."

Wie werde ich die angesetzten Kilos wieder los?

"Mit Geduld", sagt Ronja Klees augenzwinkernd. "Wenn die Umfänge wieder steigen und man sich normal ernährt, dann gehen die Kilos meist von allein wieder weg. Auf keinen Fall sollten Radsportler nach einer Auszeit in eine Extremdiät verfallen. Denn der Körper hat durch die Inaktivität ohnehin schon Muskulatur verloren, mit einem Kaloriendefizit macht man das Ganze nur noch schlimmer. Zudem ist das Immunsystem dann anfälliger für (neue) Infekte. Dank regelmäßigem Grundlagentraining geht angesetztes Körperfett schnell wieder weg. Und wenn man nur eine Woche pausiert hat, sind zwei Kilo Gewichtszunahme in Form von reinem Körperfett auch gar nicht möglich. Vielmehr sind es Wassereinlagerungen durch die Pause (bspw. durch Muskulaturabbau, Stress oder Medikamente), die die Gewichtszunahme erklären. Das betrifft häufig Frauen, aber gelegentlich auch Männer. Wer durch eine Krankheit viel Gewicht verloren hat, sollte besser nicht sofort ins Training einsteigen. Besser ist es, noch ein bis zwei Tage ausreichend zu essen, um die Energiespeicher aufzufüllen und die Muskulatur zu stärken."

Was kann ich während einer Auszeit tun, um nicht meine komplette Fitness einzubüßen?

"Bei einem Infekt lautet die simple Antwort: Nichts!", bringt es Ronja Klees auf den Punkt. "Dann muss man die Situation akzeptieren und sich bewusst machen, dass die Fitness nach der Genesung schnell wiederkommt. Bei einer längerfristig reduzierten Trainingszeit – etwa durch private oder berufliche Verpflichtungen – kann das reduzierte Volumen mit etwas mehr Intensität kompensiert werden. Statt lockeren 20 Minuten kann eine Einheit aus zehn Minuten Warm-up, einer fünfminütigen 30/30-Serie und einem fünfminütigen Ausfahren bestehen. Beim Indoor-Training kann man generell die Trainingszeit um etwa ein Drittel kürzen, da es keine Rollphasen gibt und die Zeit so effizienter genutzt wird. Wenn sich am Wochenende ab und an Zeit für eine längere Ausfahrt findet, dann kann man die Form gut durch die Phase des reduzierten Trainings retten. Und wenn alle Stricke reißen, gibt es immer noch die Laufschuhe oder andere Alternativsportarten."

Was bedeutet Muskelkater für mein Training?

"Ein leichtes Ziepen in den Muskeln nach den ersten Workouts ist ganz normal und erfordert keine Zwangspause", erklärt Ronja Klees. "Viele gesunde Sportler beobachten das auch, wenn sie nach langer Zeit wieder Krafttraining machen. Das vergeht nach wenigen Einheiten. Ein stechender oder brennender Schmerz hingegen deutet auf eine Verletzung hin. Dann ist Ruhe geboten, bis der Muskel verheilt ist. Zur Heilung von Muskelkater und zur besseren Regeneration hat die REGman-Studie des Bundesinstituts für Sportwissenschaft ergeben: Es hilft lediglich viel Schlaf und ausgewogenes Essen – andere Maßnahmen wie Faszienrollen oder Eisbäder lieferten keinen belegbaren Mehrwert. Und nur weil der Muskelkater ausbleibt, heißt das nicht, dass das Training nicht gewirkt hätte."

Muss ich nach einer Pause beim Sport mehr essen als vorher?

"Auf jeden Fall. Die Stoffwechselprozesse im Körper sind nach einer längeren Pause vom Ausdauersport andere als vorher", erklärt Ronja Klees. "Die Ökonomie des Fettstoffwechsels hat sich verschlechtert, es muss mehr Energie aus dem Kohlenhydratstoffwechsel generiert werden. Daher kommt der Hunger anfangs auch schon bei kurzen, lockeren Einheiten – dann sollte man dem Körper ausreichend Kohlenhydrate während der Einheit sowie danach zusätzlich eine gute Eiweißversorgung zur Verfügung stellen. Der Stoffwechsel gewöhnt sich mit den ersten Trainingseinheiten schnell an die Anforderungen, sodass sich der Hunger beim Sport rasch einpendelt.

Ist Radfahren bei leichtem Schnupfen okay?

"Es hängt davon ab, ob der leichte Schnupfen das erste Symptom ist oder ob es sich dabei um das letzte Überbleibsel eines Infekts mit Husten und/oder Halsschmerzen handelt", erklärt Denis Biró. "Das Problem dabei ist: An einer verstopften Nase allein ist nicht auszumachen, in welchem Stadium man sich befindet. Eventuell ist der Schnupfen schnell wieder weg, vielleicht steht man aber auch erst am Anfang einer Krankheit. In diesem Fall rate ich meinen Sportlern, mit dem Sport auszusetzen und den weiteren Symptomverlauf abzuwarten. Denn es kann sein, dass man mit einer Trainingseinheit den Krankheitsverlauf noch verschlimmert und womöglich eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) riskiert. Bleiben an den Folgetagen weitere typische grippeähnliche Symptome aus oder ist der Schnupfen das einzige Symptom des Erkältungsvirus, dann kann wieder sehr moderat mit Sport begonnen werden."

Wie viel Aktivität ist bei einer Erkältung erlaubt?

"Hier sollte man sich an die Return-to-Sport-Richtlinien (siehe links) halten", empfiehlt Denis Biró. "Leichte Alltagsaktivitäten sind demnach fast immer erlaubt, leichtes Dehnen oder Stabitraining ebenfalls. Beim Radfahren sollte man sich hingegen sehr behutsam herantasten, um die Infektion nicht zu verschleppen oder gar eine Herzmuskelentzündung zu riskieren. Ein nicht auskurierter Infekt kann sich sonst in einer langfristig eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Vergleich zu vor dem Infekt widerspiegeln. Wer Medikamente gegen die Symptome (Nasentropfen, Fiebersenker) oder gar Antibiotika einnimmt, gehört nicht aufs Rad!"

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Wann darf ich nach einem Infekt wieder aufs Rad?

"Warten, bis die Symptome abgeklungen sind", lautet die Empfehlung von Denis Biró. "Wer dann noch zwei Tage zusätzlich pausiert, ist auf der sicheren Seite. Hatte man allerdings Fieber, rate ich dazu, nach Symptomfreiheit mindestens eine Woche zu warten, ehe man wieder mit leichtem Sport beginnt. Moderne Gadgets wie Fitness-Uhren oder -Armbänder bieten mit Ruhepuls oder Herzfrequenz-Variabilität gute Anhaltspunkte, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Der beste Tipp lautet, auf sein Körpergefühl zu achten. Auch an den Profis sollte man sich niemals orientieren! Denn sie verdienen ihr Geld damit, Wettkämpfe zu bestreiten – weshalb manche auch mal mit einer Erkältung an den Start gehen bzw. eine Rundfahrt angeschlagen zu Ende fahren. Für einen Hobbysportler ist ein zusätzlicher Tag Pause bzw. ein verringertes Pensum oft die vernünftigere Idee."  © Bike-X

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