Das Überfahren einer Haltelinie bei roter Ampel ist einer der am strengsten geahndeten Verkehrsverstöße. Aber was tun, wenn die rote Ampel einfach nicht die Farbe wechselt? Ungeduld kann gefährlich werden.
Beim Verstoß gegen das Haltegebot bei roter Ampel wird die Polizei richtig ungemütlich. Schon das Überfahren einer Haltelinie bei einer Sekunde Rotlicht kostet 90 Euro und zieht einen Punkt in Flensburg nach sich.
Kommt es dabei zu einer Gefährdung liegt die Strafe bereits bei 200 Euro Bußgeld, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot. Liegt zusätzlich eine Sachbeschädigung vor, werden 240 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot verhängt.
Qualifizierter Rotlichtverstoß
Leuchtet die Ampel schon länger als eine Sekunde Rot, zählt das als "qualifizierter" Rotlichtverstoß und wird richtig teuer. Bei einem qualifizierten Missachten der roten Ampel geht das Gericht von absichtlichem Handeln aus und nicht von Nachlässigkeit. Neben 200 Euro Geldbuße werden zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot fällig.
Bei einer Gefährdung steigt das Bußgeld auf 320 Euro, bei Sachbeschädigung sogar auf 360 Euro. In allen drei Fällen sind je nach Tatbestand sogar weitere Geldstrafen, Führerscheinentzug und Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren nach Paragraf 315c StGB möglich.
Erforderliche Wartezeit nicht gesetzlich geregelt
Es kann allerdings durchaus passieren, dass eine Ampel bedingt durch einen technischen Defekt nicht mehr auf Grün schaltet. Wenn Autofahrer ausreichend lange gewartet haben, können sie langsam und vorsichtig weiterfahren. Wichtig dabei: immer nach möglichem Querverkehr schauen.
Wie lange genau Autofahrer warten müssen, ist allerdings gesetzlich nicht geregelt. Wartezeiten von drei Minuten gelten jedoch vor Gerichten allgemein als zu kurz. So hat zum Beispiel das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Beschluss v. 10.06.1999, Az.: 2 Ss OWi 486/99) entschieden, dass eine Zeitspanne von drei Minuten nicht ausreicht, um auf einen Defekt zu schließen.
Drei Minuten warten ist nicht lange genug
In dem verhandelten Fall hatte ein Fahrer ungefähr drei Minuten gewartet und fuhr dann weiter, als die Ampel immer noch auf Rot stand. Kaum war er weg, sprang sie jedoch auf Grün - die Ampel war nicht defekt, nur die Rotphase außergewöhnlich lang. Der Fahrer musste eine Geldstrafe zahlen, aber das Fahrverbot blieb ihm aufgrund des glaubwürdigen Irrtums erspart.
Unter Juristen werden derzeit fünf Minuten als ausreichende Wartezeit gehandelt, bis Fahrer von einem Defekt ausgehen können. Beim Überfahren der Haltelinie müssen Autofahrer allerdings äußerste Vorsicht walten lassen. Kommt es in dieser Situation zu einem Unfall, tragen sie auf jeden Fall die Schuld - auch dann, wenn die Ampel wirklich defekt ist.
Genauer Zeitnachweis durch "Ampelblitzer"
Da es vor Gericht bei Rotlichtverstößen auf Minuten oder sogar Sekunden ankommt, spielt die Zeitmessung für die Beweisführung eine wesentliche Rolle. Am genauesten sind in dieser Hinsicht Überwachungsanlagen, die sogenannten "Ampelblitzer".
Solche Einrichtungen befinden sich in der Regel an viel befahrenen Kreuzungen. Die Ampelblitzer halten mit Induktionsschleifen und Kameras fest, ob Fahrer das Rotsignal beachtet haben. Dagegen ist schwer zu argumentieren.
Häufig befinden sich Ampeln mit mutmaßlichen Defekten aber an Nebenstraßen oder Landstraßen ohne automatische Verkehrsüberwachung. Die Anzeigen erstatten dann häufig Polizisten, die den Vorgang beobachtet haben.
Polizisten dürfen schätzen
Allgemein gilt, dass Polizisten Rotlichtverstöße durch Schätzungen bekunden dürfen. Bei qualifizierten Rotlichtverstößen von mehr als einer Sekunde fordern die Gerichte allerdings regelmäßig, dass sie ihre Aussagen mit Indizien erhärten.
Das kann so erfolgen, dass die Polizisten den Rotlichtverstoß mit einer Armbanduhr oder Stoppuhr gemessen haben. Ob bei einer Wartezeit von mehreren Minuten die Polizei tatsächlich die Zeit sicher genug geprüft hat, müsste im Ernstfall der eigene Rechtsanwalt prüfen.
Sollte eine Ampel defekt sein, nehmen die Bauämter der zuständigen Gemeinden Hinweise gerne entgegen. Einige große Städte wie Köln und München unterhalten dafür eigene "Ampel-Hotlines". © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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