Stellantis will zusammen mit Zeta Energy Lithium-Schwefel-Batterien herstellen. Durch den Einsatz des Abfallprodukts Schwefel sollen die Produktionskosten der Akkus gesenkt werden. Ist das endlich die Chance für günstige E-Autos?
Beide Unternehmen schlossen am 5. Dezember 2024 eine Entwicklungsvereinbahrung. Die neue Batterietechnologie zeichnet sich durch eine hohe gravimetrische Energiedichte (Kilogramm pro Kilowattstunde) aus und soll die Reichweite und das Handling von Elektroautos verbessern. Trotz eines reduzierten Gewichts soll die volumetrische Energiedichte (Liter pro Kilowattstunde) auf dem Niveau heutiger Lithium-Ionen-Batterien bleiben – ein Novum.
"Unsere Zusammenarbeit mit Zeta Energy ist ein weiterer Schritt, um unsere Elektrifizierungsstrategie voranzutreiben und saubere, sichere und erschwingliche Fahrzeuge zu liefern", erklärte Ned Curic, Chief Engineering and Technology Officer von Stellantis.
Schnelles Laden, niedrigere Kosten und Nachhaltigkeit
Die Lithium-Schwefel-Technologie (LiS) wiegt nicht nur weniger als die herkömmliche Lithium-Ionen-Technologie bei gleicher Kapazität, sie soll auch schneller laden. Die Schnellladegeschwindigkeit könnte um bis zu 50 Prozent gesteigert werden. Zudem sinken die Kosten pro Kilowattstunde (kWh) auf weniger als die Hälfte der aktuellen Technologien.
Ein weiterer Vorteil der LiS-Akkus ist die Herstellung aus Abfallstoffen und Methan. Damit fallen die CO₂-Emissionen deutlich geringer aus als bei bisherigen Verfahren. Die Produktion soll in den bestehenden Gigafactories von Stellantis in Europa oder Nordamerika erfolgen und dabei eine kurze, vollständig lokale Lieferkette nutzen.
Nachhaltigkeit ohne Kobalt und Nickel
Zeta Energy setzt bei der Entwicklung auf Schwefel als zentralen Rohstoff, der kostengünstig und weltweit verfügbar ist. Das Unternehmen verwendet unraffinierten Schwefel, ein Nebenprodukt industrieller Prozesse, sowie Methan und andere Abfallstoffe. Auf teils teure und umweltschädliche Materialien wie Kobalt, Nickel, Grafit oder Mangan soll vollständig verzichtet werden.
"Die Kombination der Lithium-Schwefel-Batterietechnologie von Zeta Energy mit der unübertroffenen Expertise von Stellantis in den Bereichen Innovation, globale Herstellung und Vertrieb kann die Leistung und das Kostenprofil von Elektrofahrzeugen erheblich verbessern", sagte Tom Pilette, CEO von Zeta Energy.
Wer ist Zeta Energy?
Das 2014 in Houston, Texas gegründete US-Unternehmen hat sich nach eigenen Angaben auf die Entwicklung, Vermarktung und Herstellung von leistungsstarken, sicheren, wiederaufladbaren Batterien konzentriert, die kostengünstiger und nachhaltig produziert werden sollen. Gründer Charles Maslin hat sich auf Lithium-Schwefel-Batterien mit proprietären Schwefelkohlenstoffkathoden und metallischen 3D-Lithiumanoden konzentriert, will diese zur Serienreife entwickeln und vermarkten. Das Unternehmen verweist auf zahlreiche Auszeichnungen für die neue Technologie (darunter die des US-Energieministeriums ARPA-E und VTO-Programme und des World Materials Forum). Zeta Energy verfüge über ein umfangreiches Patentportfolio mit über sechzig Patenten und Anmeldungen.
Die Zusammenarbeit zwischen Stellantis und Zeta Energy ist ein zentraler Bestandteil des Strategieplans "Dare Forward 2030". Bis 2030 will der Konzern insgesamt 75 Elektrofahrzeug-Modelle auf den Markt bringen. Gleichzeitig wird ein "Dual-Chemistry-Ansatz" verfolgt, bei dem verschiedene Batterietechnologien entwickelt werden sollen, um die Bedürfnisse aller Kundengruppen abzudecken. Die Marktreife der Lithium-Schwefel-Batterien ist für 2030 vorgesehen.
Anfang Dezember konnte Stellantis zudem eine Kreditzusage in Höhe von bis zu 7,54 Milliarden US-Dollar für ein Joint Venture von mit Samsung SDI namens StarPlus Energy LLC vermelden. Das Milliardendarlehen soll dem Gemeinschaftsunternhemen helfen, zwei Fabriken für E-Auto-Batterien in Kokomo, Indiana, zu bauen und zeigt, wie sich der europäische Konzern mit US-Tochter-Marken auf dem US-Markt engagiert. Technologisch haben diese Batterien allerdings nichts mit denen von Zeta zu tun, es handelt sich um klassische Lithium-Ionen-Akkus.
Wie funktioniert eine Lithium-Schwefel-Batterie?
Wie oben bereits erwähnt, zeichnen sich Lithium-Schwefel-Batterien durch eine hohe gravimetrische Energiedichte aus, was bedeutet, dass sie bei gleichem Gewicht deutlich mehr Energie speichern können als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Sie bestehen in der Regel aus einer Lithium-Metall-Anode und einer Schwefel-Kathode, die mit Kohlenstoff kombiniert wird, um die hohe Kapazität des Schwefels Ionen aufzunehmen genutzt werden kann.
Beim Entladen werden Lithium-Ionen von der Anode in den Elektrolyten abgegeben und verbinden sich an der Kathode mit dem Schwefel, wodurch verschiedene Lithiumsulfide gebildet werden. Theoretisch könnte diese Technologie bis zu 2.500 Wh/kg erreichen, was fast zehnmal so viel ist wie bei gängigen Lithium-Ionen-Batterien. Die Praxis sieht allerdings anders aus. Auf Systemebene verliert die Technik diesen Vorteil bisher.
Die größten Herausforderungen der LiS-Akku-Chemie liegen bei der Lebensdauer und der volumetrischen Energiedichte. Während die gravimetrische Dichte vielversprechend ist, sind die Batterien in Bezug auf ihren Platzbedarf weit weniger effizient, was ihre Anwendung in kleinen Geräten wie Elektrofahrzeugen einschränkt. Außerdem ist die Lebensdauer der Zellen derzeit noch begrenzt. Das liegt daran, dass sich die Lithium-Anode bei der Entladung stark verändert und Dendriten bilden kann. Diese kleinen nadelähnliche Strukturen in der Zelle können einen Kurzschluss verursachen. Ähnliche Alterserscheinungen gibt es auch bei NMC-Akkus (Nickel-Mangan-Kobalt), allerdings treten sie erst deutlich später auf oder wenn die Zelle überlastet wird.
Bevor Stellantis die Technik tatsächlich in Serie bringen kann, müssen daher noch einige Probleme gelöst werden. Dennoch bieten die Batterien großes Potenzial, insbesondere für Anwendungen, bei denen Gewicht und Kosten eine größere Rolle spielen als das Volumen, wie etwa in Stationärspeichern oder in Flugzeugen.
Was sind die Vorteile von Schwefel in Batterien?
Der Einsatz von Schwefel in Batterien bietet gleich mehrere Vorteile:
- Kostenreduktion: Schwefel ist weit verbreitet, kostengünstig und könnte die Produktionskosten von Batterien erheblich reduzieren.
- Nachhaltigkeit: Der Rohstoff ist ein Nebenprodukt vieler industrieller Prozesse und erfordert keine umweltschädliche Förderung.
- Ressourcenschonung: Schwefelbatterien verzichten auf kritische Materialien wie Kobalt, Nickel und Mangan, was die Versorgungssicherheit erhöht.
- Leistungsfähigkeit: Schwefel ermöglicht eine hohe Energiedichte und damit leichtere Batterien mit vergleichbarer Leistung.
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