Yamahas neue YZF-R9 hat vielen Kommentaren nach zu wenig Leistung. Am Stammtisch mag das stimmen, doch sportlich ist das die richtige Leistung. MOTORRAD erklärt.

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Endlich, so mag man sagen, hat Yamaha ihre heiß-ersehnte R9 präsentiert. Mit der vom potenten CP3-Motor, einem 890 Kubik fassenden Triple befeuerten R9 möchte Yamaha nicht nur den Landstraßen-Fahrer abholen, sondern auch in den Kampf um die Supersport-Kronen in internationalen wie nationalen Rennserien einsteigen. Doch die berechtigte Frage: Taugt das Motorrad, dessen Aggregat aus dem Landstraßen-Feger MT-09 stammt, überhaupt für das Haifischbecken der Supersport-Kategorie? Vielen scheinen 119 PS zu wenig. MOTORRAD denkt das nicht und erklärt.

Video: Im Video - Neue Yamaha R9 gefahren

Sind 119 PS zu wenig?

Beim ersten Blick in die technischen Daten der neuen Yamaha YZF-R9 sieht es so aus: Mit nominell 119 Pferden bei 10.000 Touren, 93 Newtonmetern bei 7000 Umdrehungen sowie einem – laut Yamaha – fahrfertigen Gewicht von 195 Kilogramm steht das Motorrad zwar gut im Futter, doch gegen die etablierte Supersport-Konkurrenz wirken die Daten etwas zu handzahm. Dass das nur auf den ersten Blick zutrifft, kann schon jetzt gesagt werden, denn: Die Supersport-Platzhirsche wie eine Honda CBR 600 RR, Kawasaki Ninja ZX-6 R oder Triumph Street Triple 765 ziehen im Serientrimm im gleichen Leistungsspektrum an der Kette – allerdings mit deutlich weniger Drehmoment.

Next Generation Supersport

Mit Ausnahme der Ducati Panigale V2, deren Power für die SSP-Regularien von 155 auf gut 147 PS gedrosselt werden muss, spielen alle Next-Generation-Supersport-Motorräder in ein und derselben Leistungsklasse. Zudem gibt es diese Neuausrichtung der Supersport-Klasse nicht umsonst: Die Kosten sollen verringert werden, man wollte und möchte weg von teuren und wartungsintensiven Hochzücht-Motoren. Wenn Yamaha aus dem CP3-Triple etwa zehn Prozent Leistung im Renntrimm herauskitzelt, stehen schnell – niedrig gestapelt – 135 PS im Spiel. Sprich: Selbst wenn Yamaha die R9 im Straßentrimm mit deutlich über 119 PS brächte, ist die Chance groß, für den offiziellen Rennsport den Motor drosseln zu müssen.

Video: Erster Check: Yamaha R9

Racing-Kit für die Yamaha YZF-R9

Dass dafür ein Racing-Kit von Yamaha für die YZF-R9 kommen wird, steht dabei schon fest – nur was es beinhalten wird, darüber schweigen die Japaner noch. Höchstwahrscheinlich einen Zylinderkopf oder andere Maßnahmen, um die vergleichsweise niedrige Verdichtung von serienmäßigen 11,5:1 deutlich zu erhöhen. Weiterhin dürften eine komplette Abgasanlage, andere Nockenprofile und weitere Spielereien in dem Kit enthalten sein. Zudem wird – wie vom WM-Regelwerk vorgeschrieben – ein frei programmierbares Steuergerät von Mechtronik das Rechnen im Hintergrund übernehmen und so größere Freiheiten bei der Abstimmung des CP3-Triples ermöglichen.

R9 ist mit 195 Kilo nicht schwer

Außerdem spielt die Yamaha YZF-R9 ebenfalls – selbst wenn das überraschen mag – in der gleichen Gewichtsklasse wie die gar nicht so federleichten 600er: Die CBR 600 RR wiegt serienmäßig mit 192 Kilo nur unwesentlich weniger, eine Sechser-Kawa bringt dabei sogar acht Kilogramm mehr auf die Waage und ist damit schwerer als die R9 mit 195 Kilo. Und wer sich mit japanischen Serienmotorrädern befasst und es forciert, findet rasch sehr viele Kilos zum Sparen.

Video: Im Video: Ducati Panigale V2 Superquadro Final Edition

Im Supersport zählen andere Werte

Am Ende kommt zur sportlichen Einordnung der Yamaha YZF-R9 ohnehin noch das Balance of Performance (BoP) der Supersport-WM zum Tragen. Hier zählen nicht nur offensichtliche Thematiken wie Leistung und Gewicht für eine passende Einordnung, sondern auch detaillierte Parameter wie Drehzahlbreite (Schaltvorgänge pro Runde) oder Radstand. Und dass Yamaha mehr als überzeugt von ihrer neuen Supersport-Waffe ist, zeigt ihr Einsatz für die kommende Saison: Ihr Top-Team Ten-Kate hat schon bestätigt, mit der R9 anstatt mit der erfolgsbehängten R6 und mit einer prächtigen Fahrerkombination in der SSP-WM anzugreifen.

R9 folgt der R1 nur im Geiste nach

Yamaha möchte die die neue YZF-R9 nicht als "Nachfolgerin" der R1 darstellen, denn im Grunde bestellen die beiden Modelle völlig verschiedene Felder. Die R1 mit 998 Kubik und 200 PS ist Basis für die World Superbike, die R9 für die World Supersport, also eine Klasse niedriger. Die R1 hat keine EU-Homologation mehr ab 2025 als Neufahrzeug, die R9 bedient diesen Markt künftig.

Video: Test-Talk: Honda CBR 600 RR vs. Kawasaki Ninja ZX-6R

160 PS nicht für 13.000 Euro

Noch ein Punkt für die 119 PS der neuen Yamaha YZF-R9 als richtiges Maß ist der dazugehörige Preis. 13.749 Euro inklusive Nebenkosten in Deutschland sind für das gebotene Motorrad ein wirklich gutes Angebot, und das soll auch den Einstieg in den Rennsport erleichtern. Eine R9 mit sagen wir 160 PS und entsprechend angepasster Ausstattung würde in Richtung 17.000 bis 18.000 Euro kosten – und das wäre kein Einstiegspreis in einen ohnehin teuren Sport.

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Fazit

Vielen scheinen die 119 PS der neuen Yamaha YZF-R9 zu wenig zu sein für einen Supersportler. Doch für den geplanten Einsatz in der SSP-Klasse ist das exakt die richtige Leistung. Denn die 600er leisten kaum mehr, sind in etwa gleich schwer wie die 900er und haben 30 Nm weniger Kraft. Und wo die 600er-Motoren am Ende ihrer Leistung sind, fängt der Yamaha-Triple erst an – wenn er das geplante Racing-Kit eingebaut hat. Nicht zu vergessen: Für 13.749 Euro sind 160 PS eben nicht finanzierbar, das wäre weit weg vom Ansatz des Einsteiger-Renngeräts. Unterm Strich: 119 PS sind für die R9 genau richtig.  © Motorrad-Online

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