Zero fordert MOTORRAD Online heraus: Die neue DSR packt 150 Kilometer Pendelstrecke ohne Laden. Unser Pendler-Test offenbart Außergewöhnliches.

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Die bisherigen Pendler-Fahrten des Autors mit Stromern hatten meist einen gestressten oder mindestens angestrengten Akku zum Ergebnis, mit nur wenig oder gar keiner Restreichweite mehr (einfache Strecke: 73 km). Auf lange Sicht leiden die Zellen dabei enorm, was mittelfristig Kapazität und damit Reichweite kosten wird. Selbstsicher liefert Zero die neue DSR und erhöht den Einsatz: "Mit der kommst du hin und zurück, ohne zu laden". Challenge accepted.

Video: Pendeltest: Zero DSR

Zero sagt: ohne Laden hin und zurück

Mutiger Ansatz von Zero, mit nur 15,6 kWh Brutto-Kapazität mindestens 146 Kilometer Reichweite per Tonspur zu garantieren. Insbesondere da die Zero S als Elektro-125er 2022 mit 14,4 kWh nur um die 120 Kilometer unter gleichen Bedingungen maximal erreichte. Dazu ist die DSR mit 242 Kilo um 57 Kilo schwerer, erzeugt mit 170 Nm gleich 61 Nm mehr als die Zero S und leistet mit 33 Kilowatt die dreifache Dauerleistung. Ob das wirklich hinhaut mit der Reichweite?

Zero DSR 2.000 Kilometer im Pendler-Test

Am Ende waren es über 2.000 Kilometer Pendelei mit der Zero DSR. Über die einfache Strecke von 73 Kilometer – wahlweise 76 Kilometer mit ein paar Kurven mehr – musste die Zero zeigen, ob sie den hügeligen Weg aus dem Kraichgau in den Stuttgarter Kessel mit einer Ladung packt. Die Antwort ist bei einer Netto-Kapazität von 13,8 kWh nicht überraschend: Ja, sie packt es. Und zwar so gut, dass die Rückfahrt tatsächlich ohne Zwischenladen möglich war. Sprich: Über 140 Kilometer Landstraße mit einem Schnitt zwischen 60 und 70 km/h sind drin. Doch die richtige Überraschung folgt erst noch.

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Viel Reserve übrig

Es wird nicht einmal knapp mit der Elektro-Reiseenduro. Die Zero DSR nimmt die 146 Kilometer in 2 Etappen klaglos hin, hat bei normaler und flotter Fahrweise immer 20 bis 30 Prozent Kapazität über, die Zellen kommen also auf Dauer entspannter durch die Ladezyklen. Erst bei erzwungen schneller und unvernünftiger Fahrt im Sport-Modus erreicht die DSR die heimische Steckdose mit 0 Prozent. Ähnlich hoch dürfte die Verweildauer des Führerscheins dann betragen.

Den Sport-Modus meiden

Apropos Sport-Modus: Den am besten meiden. Der Verbrauch der Zero DSR zum Standard-Modus liegt um 10 Prozent höher, knabbert bisweilen an den 10 kWh/100 Kilometer Verbrauch und bringt keinen spürbaren Vorteil. Insbesondere die unterschiedlichen Wirkstufen der Rekuperation im Leerlauf und beim Bremsen wirken unausgewogen. Im Schiebebetrieb bremst die DSR kaum, beim Antippen der Bremse schlägt das Bremsmoment zu, was Gefühl kostet. Allerdings: Im Sport-Modus gibt es zwischen 80 und 140 km/h bei Vollgas einen mächtigen Antritt. Die Sache ist die niedrigere Reichweite und den Führerschein nicht wert.

Eigener Modus bringt Erlösung

Einiges an Fahrspaß, Fahrkomfort und Reichweite bringt der einstellbare Fahrmodus per App. Das System der Zero DSR erlaubt das individuelle Konfigurieren von Höchstgeschwindigkeit, Drehmoment, Leistung und Bremsmomenten im Leerlauf und beim Bremsen. Für die 146 Kilometer stellte sich nach 1.000 Kilometern eine Kombination aus 42 Prozent Höchstleistung bei 100 Prozent Drehmoment als effizient heraus, die Bremsmomente im Schiebebetrieb und beim Bremsen bei 42 und 50 Prozent. So wurden Verbräuche bei flotter Fahrweise von knapp über 60 km/h im Schnitt von knapp über 8 kWh/100 Kilometer erfahren.

Segelmodus spart weiter Strom

Und selbst die 8 kWh/100 Kilometer sind weiter senkbar, denn das Bremsmoment erlaubt mit der Einstellung auf 0 Prozent im Schiebebetrieb eine Art Segelmodus. Zwar ist dann durch den permanent erregten Motor immer ein leichtes Bremsmoment spürbar, aber ohne Gas rollt die Zero selbst in der Ebene überraschend weit. Und eben für diese kurzen Strecken nutzt die DSR die Energie, die bereits verbraucht wurde, mehr oder weniger weiter. So können Verbräuche von 7,7 kWh/100 Kilometer bei gleichem Fahrprofil realisiert werden. Übrigens: Bei im Schnitt um die 120 km/h auf der A81 und A6 von Stuttgart nach Sinsheim benötigte die DSR gut 80 Prozent der Kapazität. Sprich es dürfte um die 120 Kilometer Strecke mit diesem Profil möglich sein, nur ist dann der Akku eben leer.

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Tempomat mit neuen Möglichkeiten

Im Kontext Pendler-Test von MOTORRAD ist die Zero DSR das erste Modell mit einem Tempomat. Dessen Funktion ist zwar eher zufällig, was die tatsächliche Geschwindigkeit angeht, und bergauf wird die Zero nervig langsamer. Der Clou ist ein anderer: Wer mit aktiviertem Tempomat in ein Gefälle fährt, spürt, wie die Zero über die Rekuperation trotz eingestellter 0 Prozent bremst und so Strom erzeugt. Was im Gegensatz zu den bisherigen Elektro-Pendlern ein gleichmäßiges Abfahren erlaubt, um dabei noch ein paar Wh Bremsenergie in den Akku zu leiten. Sehr schön! Zum Vergleich: Bisher bremste die viel zu hohe Bremsleistung der anderen Stromer diese selbst bei steilen Stücken fast auf 0 km/h, was sowohl den Fahrer als auch den nachfolgenden Verkehr massiv störte.

Ladeleistung für Pendel-Verkehr passend

Wo Strom herausgeht, muss er wieder rein. Das Laden mit der Zero DSR im Pendelbetrieb ist ein entspanntes. Per Typ-2-Buchse und Wechselstrom sind 2,6 Kilowatt am 230-Volt-Netz eine entspannte Massage für die Zellen über Nacht. Und an Wallboxen oder Ladesäulen sind bis 80 Prozent nach Anzeige 6,6 kW-Stromfluss möglich, ab 80 Prozent noch 5,6 kW.

Starkes und teures A2-Krad

Mit ihrer Dauerleistung von 33 Kilowatt ist die Zero DSR ein A2-Motorrad und für den Stufenführerschein zugelassen. In der Konfiguration leistet der Motor maximal 70 PS und 170 Nm, was 150 km/h Top-Speed erlaubt. Per Software kann die DSR von A2 auf A (offen) entdrosselt werden und leistet bei gleicher Kapazität 195 Nm und maximal 80 PS. Rein von der Kraft der Zero aus angeschaut: Es gibt keine stärkeren Motorräder für weniger Geld. Selbst die 170 Nm der A2-DSR sind nichts weniger als Klassenbestwert. Um in einem Verbrennerkrad 195 Nm spüren zu können, muss entweder die Top-Liga von Harley ran oder die Rocket 3 Storm von Triumph. Trotzdem: 19.500 Euro für eine A2-Reiseenduro sind trotz Connectivity, Kurven-ABS, Griffheizung und höhenverstellbarem Schild nicht wenig.

Ladeleistung oder Kapazität steigern

Wie üblich bietet Zero zahlreiche Möglichkeiten entweder per Software oder per Hardware, Ladeleistung und Kapazität zu erhöhen. Der Powertank ist ein zusätzliches Batteriepack mit 3,6 kWh-Kapazität, das im Tankfach integriert wird, so erhöht sich rechnerisch die Reichweite um 26 Prozent. Aufpreis: 3.500 Euro. Interessant könnte der zusätzliche Rapidcharger sein, der weitere 6 Kilowatt Ladeleistung ergänzt, was die Ladedauer je nach Ladestand halbieren kann. Preis: 2.975 Euro. Zusätzlich können im Zero-eigenen Cypher-Store für das "Betriebssystem" der DSR per Software weitere Prozent Kapazität und Ladeleistung hinzugekauft werden. Wobei ersteres die DSR im Grunde schon freigeschaltet hat, da sie bereits 110 Prozent laden kann, also rechnerisch knapp 15 kWh Netto-Kapazität erreicht.

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Fazit

Jawohl ja, mit der Zero DSR in der A2-Konfiguration sind 146 Kilometer tägliches Pendeln ohne Zwischenladen möglich, die Batterie wird dabei nicht einmal ausgereizt, was der Haltbarkeit zugutekommt. Und selbst die Ladeleistung ist mittlerweile gestiegen und gegen Aufpreis noch weiter steigerbar. Der Motor mit 170 Nm ist ein Kraftprotz, der allerdings deutlich vibriert bei Konstantfahrt um die 100 km/h. Aber irgendwas ist ja immer. Für ein A2-Krad mächtig, stark, schwer und teuer. Für ein Elektromotorrad ein wichtiger Schritt in Richtung Alltag.  © Motorrad-Online

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