- Wer verreist, hinterlässt meist mehr als nur Fußspuren. Muss man deshalb ein schlechtes Gewissen haben?
- Die gute Nachricht: Umweltbewusstsein und Reisen müssen sich nicht widersprechen.
- Nachhaltig reisen liegt im Trend. Mit diesen Tipps und Produkten bringt man Natur- und Artenschutz und Reiselust unter einen Hut.
Was hat der Tourismus mit dem Klima zu tun?
Eine Studie der Universität Sidney aus dem Jahr 2018 kommt zu dem Schluss, dass der Tourismus für acht Prozent des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen verantwortlich sei - wenn man neben der Anreise auch Faktoren wie den Betrieb von Hotels und die Logistik dahinter mit in die Gesamtbilanz einbezieht. Aber ist jeder, der reist, automatisch auch ein Umweltsünder? Die gute Nachricht: Nein. Man kann auch nachhaltig reisen. Im Idealfall schont man dabei nicht nur die Umwelt, sondern sogar den Geldbeutel. Aber was genau bedeutet nachhaltiger Tourismus? Laut Umweltdatenbank.de ist Tourismus dann nachhaltig, wenn "ökonomische, soziale und ästhetische Bedürfnisse erfüllt werden können und gleichzeitig die kulturelle Integrität, essentielle ökologische Vorgänge und die Biodiversität erhalten bleibt".
Grüner wird's nicht - nachhaltig Reisen
Begriffe wie nachhaltiges Reisen oder sanfter Tourismus liegen im Trend. Kein Wunder: Wer mit gutem Gewissen reist, verdirbt sich nicht die Reiselust. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, denn wer nachhaltig reist, schont die Natur vor Ort - und die Nerven der Bewohner. Außerdem geht es beim nachhaltigen Reisen darum, bewusster, gesünder und letzten Endes auch erlebnisintensiver neue Erfahrungen zu sammeln. Dazu gehört auch der Aspekt der Entschleunigung: Statt in einem Sightseeing-Marathon von Standort zu Standort zu hetzen, entdeckt der nachhaltig Reisende: In der Ruhe liegt die Kraft. Auch die Kraft der Regeneration, die Teil des Sinns eines Urlaubs ist. Schließlich sehnt man sich nach Tapetenwechsel und einer Alltagsflucht. Wer die seelischen Akkus langsam auflädt, hat danach länger Energie.
Flugreisen und Kreuzfahrten meiden?
Flugreisen und Kreuzfahrten gelten unter Kritikern als besonders fiese Klimakiller. Ein klassisches Marinediesel-Schiff verursacht einen immensen CO2-Fußabdruck. Selbst die als umweltschonender beworbenen Alternative mit Flüssiggas-Antrieb verursachen nur geringfügig kleinere CO2-Emissionen. Auf einer siebentägigen Kreuzfahrt ist jeder Passagier je nach Gesamtzahl der Mitreisenden für rund eineinhalb Tonnen bis 2,4 Tonnen CO2 verantwortlich.
Flugreisen werden von Kritikern ebenfalls voller Unmut beäugt. Tatsächlich besitzt bereits ein Hin- und Rückflug von Berlin nach Mallorca einen CO2-Ausstoß von 722 kg pro Person. Eine Klimawirkung, die ein durchschnittlicher Autofahrer erst nach einem halben Jahr auslöst. Ist das ein Grund, unter Flugscham zu leiden? Die Antwort muss jeder selbst finden. Eine Alternative zu Fernreisen sind Trips in Nachbarländer oder durchs eigene Land. Auch die eigene Region bietet garantiert Überraschendes zu entdecken. Wer entfernte Orte der Welt ohne Schuldgefühle kennenlernen will, kann seinen Flug zumindest mit einem Beitrag für ein Klimaschutzprojekt kompensieren.
Welche Transportmittel schonen die Umwelt?
Im Vergleich zu Flugreisen oder Kreuzfahrten sind Autos also besser als ihr Ruf. Noch nachhaltiger ist die Anreise per Bus oder Bahn. Am meisten freut sich die Natur natürlich über Radfahrer und Wanderer, die komplett emissionsfrei unterwegs sind. Belohnt werden letztere dank der langsameren Fortbewegung mit bewussteren Eindrücken auf der Route, die mehr Zeit haben, sich in die Erinnerung einzubrennen. Das gilt nicht nur für die Anreise: Wer vor Ort auf das eigene Auto oder einen Mietwagen verzichtet, kann gegebenfalls den dortigen ÖPNV nutzen. Oder, ob nicht vorhanden oder einfach nur als Alternative, per pedes oder Drahtesel die Gegend in aller Ruhe erkunden.
All inclusive ist Sparen am falschen Ende
Urlaub ist für die meisten die finanziell belastendste Investition des Jahres. Ein All inclusive-Paket und eine Pauschalreise erscheinen daher oft als reizvolle Sparmaßnahme. Wer sich allerdings vor allem im gebuchten Hotelesort aufhält, verpasst Land und Leute. Und die kulinarische Vielfalt der Region. Wer stattdessen auf eigene Faust die Fremde entdeckt, erlebt deutlich wahrscheinlicher spannende Abenteuer und authentische Begegnungen mit der Mentalität der Einheimischen. Wer kulturelle Veranstaltungen, Restaurants, Bars und Cafés der Region besucht, unterstützt damit aktiv die Bevölkerung außerhalb der "Parallelwelt" eines großen Tourismus-Konzerns. Wer statt einer Pauschalreise einen Individualurlaub plant, muss zwar mehr Zeit für die Vorbereitung investieren, wird dafür aber garantiert mit mehr Eindrücken belohnt als ein Urlauber, der auf vorgegenenen Pfaden schreitet. Zudem kann man, wenn man den Urlaub selbst zusammenstellt, auch in allen Bereichen mehr Umweltaspekte bedenken.
Nachhaltigkeitssiegel
Gibt es einen TÜV für nachhaltiges Reisen? Tatsächlich gibt es Nachhaltigkeitssiegel, die Urlaubern schon im Vorfeld auf den ersten Blick signalisieren sollen, dass hier auf die Umwelt geachtet wird. Als eines der renommiertesten Zertifizierungen in Sachen Nachhaltigkeit für europäische Hotels gilt GreenSign. Ein Hotel, welches seinen Gästen das Blatt zeigt, macht seinen CO2-Fußabdruck transparent. Das Symbol Blaue Flagge dagegen ist ein Umweltsiegel, welches die Nachhaltigkeit eines Strandes symbolisiert. Ebenfalls bekannt sind TourCert als etabliertes Gütesiegel für Unternehmensverantwortung für nachhaltigen Tourismus. Für Restaurants, Reisedienstleister und Unterkünfte wurde das Viabono-Zertifikat vom Umweltbundesamt ins Leben gerufen. Auch der Begriff Bio-Hotel garantiert ressourcenschonendes Wirtschaften, denn das Einhalten der Regularien wird regelmäßig kontrolliert.
Reisen mit leichtem Gepäck
Einfache Physik: Je mehr Gewicht bewegt werden muss, desto höher der Energieaufwand. Wer Benzin und andere Energie sparen will, um CO2-schonend zu reisen, sollte daher mit leichtem Gepäck unterwegs sein. Was man wirklich braucht, sollte man sich daher schon beim Kofferpacken genau überlegen. Ein Beispiel: Wer keinen Papiermüll produzieren will, kann auf klassische Papierlandkarten verzichten und die Offlinekarte des Zielortes vor Reiseantritt bei Google Maps runterladen. So ist man nicht zwingend auf eine Wifi-Verbindung angewiesen, um die Orientierung nicht zu verlieren. Ein weiterer Weg, die Nachhaltigkeit der Reise zu fördern, ist die Auswahl des Gepäcks: Kleidung, Accessoires und Gadgets, die umweltbewusst sind, unterstützen die Idee des ressourcenschonenden Urlaubs.
Was daheim hilft, macht auch im Urlaub Sinn
Die Regeln für ein nachhaltiges Leben, die zu Hause gelten, sind selbstredend auch im Urlaub sinnvoll. So kann man auch im Hotelzimmer oder Apartment Strom sparen, indem man nicht unnötig lange das Licht an lässt oder die Klimaanlage nicht nonstop betreibt. In der Dusche oder beim Zähneputzen kein Wasser verschwenden, Handtücher mehrmals benutzen, mit der eigenen Trinkflasche und Brotdose unterwegs sein, Plastik und Müll vermeiden und richtig entsorgen - all das sollte auch fern der Heimat eine Selbstverständlichkeit sein. Und dies auch, falls die Einheimischen dafür noch kein Bewusstsein entwickelt haben. Möglicherweise geht dann der Urlauber mit gutem Beispiel voran und sammelt nicht nur den eigenen Müll ein, sondern auch die Hinterlassenschaften anderer. CleanUps nennt sich dieser Trend.
Respekt vor dem Fremden
Wer sich über geschützte Tiere und Pflanzen am Reiseziel informiert, begegnet der Flora und Fauna achtsamer. Das gilt nicht nur bei der Frage, welche Routen man einschlägt, sondern möglicherweise auch beim Souvenirkauf oder dem Verzicht auf eine fragwürdige Touristen-Attraktion mit Tieren. Und noch etwas zählt zum nachhaltigen Reisen: der Respekt vor den Sitten, Traditionen und dem Glauben der Kultur, bei der man zu Gast ist. Ein wenig von der Landessprache zu lernen, ist dabei natürlich neben einem authentischen Lächeln der Türöffner Nummer Eins.
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