Berlin (dpa/tmn) - "Wir werden angegriffen", ruft der Captain. Der Rumpf des Raumschiffs erzittert. Kurz darauf erscheint ein Klingonen-Schiff auf dem Bildschirm der Brücke. "Schilde hoch, Torpedos laden", lautet der Befehl für den Taktischen Offizier.
Steuermann und Chef-Ingenieur machen das Schiff an ihren Stationen kampfbereit. Die "U.S.S. Aegis" wendet. Mit ein paar Handgriffen lässt der Taktische Offizier an seiner Konsole die Torpedos fliegen und Phaser abfeuern. Die Schilde des Klingonenschiffs brechen zusammen, die Feinde treten die Flucht an. Nun kann sich die Crew um das eigentliche Ziel der Mission kümmern.
Eine typische Situation, die so oder so ähnlich häufig in "Star Trek: Bridge Crew" stattfindet. Vier Spieler schlüpfen in die Rollen der essenziellen Brückenbesatzung eines Sternenflotten-Schiffs. Sie geben Befehle als Captain, scannen Objekte als Taktischer Offizier, bestimmen die Energieverteilung als Chef-Ingenieur oder steuern das Raumschiff durch das Weltall.
Per Virtual-Reality-Brille sitzen alle Spieler quasi "wirklich" auf der Brücke. Per virtuellem Blick nach rechts oder links können sie sich sehen, könnten sogar Handzeichen geben oder per Mikrofon und Kopfhörer miteinander sprechen. Mit den Controllern von Oculus Rift, HTC Vive oder Playstation VR kontrollieren sie die Hände ihrer Spielfigur und können an Reglern drehen und Knöpfe drücken.
So weit, so bekannt. Doch neu bei Spielen wie "Star Trek Bridge Crew": Alle vier Mitspieler müssen eng zusammenarbeiten. Denn alle haben eigene Arbeitsbereiche, und nur Kooperation führt zum Sieg.
Zusammenarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: Diese Spielidee erfreut sich derzeit großer Beliebtheit, nicht nur in Video-, sondern auch in Brettspielen. Ein Klassiker hier ist etwa die gemeinsame Jagd auf Mister X. in "Scotland Yard". Hier verfolgten Mr. X und das Spielerteam allerdings asymmetrische Ziele, sagt Markus Wiemker, Studiengangsleiter Game Design an der media Akademie Hochschule Stuttgart. In "Star Trek: Bridge Crew" haben alle Spieler dasselbe Ziel und müssen dabei unterschiedliche Aufgaben erfüllen.
So etwa auch in "Keep Talking and Nobody Explodes". Hier muss eine tickende Zeitbombe entschärft werden. Ein Spieler sieht die Bombe direkt vor sich - er muss etwa kleine Rätsel lösen, Drähte durchschneiden oder Knöpfe auf die richtige Position stellen. Seine Mitspieler haben vor sich die Lösungen für die Rätsel, sehen aber selbst die Bombe nicht.
So muss der Entschärfer die Elemente der Bomben genau beschreiben und Aufgaben verteilen, damit am Ende die Bombe nicht explodiert. Und je weiter die Uhr heruntertickt, desto spannender wird es.
"Kooperation ist für Virtuelle Realität ein Schlüsselelement", sagt Wiemker. Das hänge erstens mit dem Einfluss der Spieler auf die Spielwelt zusammen, die sich in der Zusammenarbeit verstärke. Und zweitens mit den Möglichkeiten des Rollenspiels. "Ich bin eigentlich gar kein so großer Fan von Rollenspielen, war aber überrascht, wie schnell ich in der Rolle war und wie wir zum Team geworden sind", sagt Wiemker in Bezug auf sein Erlebnis mit "Star Trek: Bridge Crew". "Man denkt über seine normalen Hürden gegenüber Rollenspielen gar nicht mehr nach."
"Bridge Crew"-Publisher Ubisoft arbeitet auch an weiteren Kooperationsspielen. Das vor allem auf Klassenfahrten oder für Teamübungen beliebte Werwolf-Spiel, das auch unter dem Titel "Mafia" bekannt ist, soll als VR-Umsetzung kommen. Statt ein Dorf mit Bewohnern und Werwölfe darzustellen, funktioniert "Werewolves Within" wie an einem Brettspieltisch. Das Headset aufgesetzt, sitzen die Spieler um einen Baumstumpf. Sie können sich gegenseitig zuflüstern, und je nach Rolle bekommen sie bestimmte Informationen. Auch hier geht es um Kooperation.
Die Spielumgebung hat dann allerdings doch etwas mit dem Erlebnis zu tun, sagt Matthew Wagner, Game-Designer bei Red Storm Entertainment, der auch an "Bridge Crew" mitgearbeitet hat. "Man ist nicht nur mit anderen Menschen verbunden - man ist auch zusammen im Weltraum". Doch zuallererst sei es ein soziales Spiel und auch als solches gebaut.
Und was, wenn die Kooperation gar nicht klappt oder sich jemand mit Absicht querstellt? In diesem Fall gebe es Wege, einen Spieler auszuschließen und dauerhaft zu blockieren, sagt Wagner. © dpa
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