Berlin (dpa/tmn) - Die Schlacht tobt, über den Köpfen der Krieger schlagen Katapultgeschosse in die Burgmauern ein. Der kleine Trupp Kämpfer stürmt nach vorne. Doch die Wächterin lässt sich Zeit. Mit entschlossenem Schritt sucht sie sich ihr Ziel: einen stattlichen Wikinger mit geflochtenem Bart und geschwungenen Hörnern am Helm. Sie visiert ihn an - dann beginnt der Kampf. Eins gegen eins, Schwert gegen Axt, Ritter gegen Wikinger. So könnte das tatsächlich passiert sein. Zwar waren Wikinger weniger für Belagerungswaffen bekannt und vor der Blütezeit der Ritter unterwegs. In "For Honor" aber geht es nicht um historische Genauigkeit. Spätestens, wenn auch die Samurai das Schlachtfeld betreten, ist klar: Dies hier ist eine Fantasiewelt.
Allerdings haben Wikinger, Samurai und Ritter etwas gemeinsam: Sie alle beherrschen den Kampf Mann gegen Mann. In diesem Punkt ist den Entwicklern von Ubisoft die historische Präzision deutlich wichtiger: "Unser Kampfsystem ist inspiriert vom deutschen Langschwertkampf, eine mittelalterliche Schwertkampfkunst, die jetzt in der Neuzeit wiederentdeckt wurde", sagt Philipp Sonnefeld, Producer beim Ubisoft-Studio Blue Byte. "Die Lehren aus dieser Kampfkunst haben wir in unser Spiel übertragen."
Das macht sich besonders in der Steuerung bemerkbar, die gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig ist. Der Kampf läuft in drei verschiedenen Waffenhaltungen ab: Schwert, Lanze oder Axt werden links, rechts oder oben am Körper gehalten. In diesen Richtungen greift die Spielfigur an oder wehrt entgegenkommende Schläge ab. Huahrr, klirr, arrggh - so drönt es aus den Lautsprechern.
Das neue Kampfsystem und die damit verbundene Steuerung ergeben eine enorme Lernkurve. Denn kloppt man einfach drauflos, können die Gegner die Muster einfach durchbrechen und zum Gegenschlag ausholen. Sind die Spieler aber bereit, sich in das Kampfsystem hineinzufuchsen und länger einfach nur zu üben, werden sehr präzise Aktionen und Angriffe möglich. Damit kann man sich dann im Multiplayermodus auf dem Schlachtfeld beweisen.
Hierauf setzt "For Honor" auch seinen Fokus. In mehreren Spielmodi gehen Wikinger, Ritter und Samurai online aufeinander los. So kann man sich im Duell direkt messen oder stürzt sich in die Schlacht, in der auf jeder Seite vier Helden gegeneinander antreten. Sie müssen Punkte auf der Karte kontrollieren, um den Gegner mit den eigenen Truppen zu überrennen.
Mit dem Multiplayermodus im Fokus ist es auch wenig verwunderlich, dass die Einzelspieler-Kampagne ziemlich müde erzählt wird. Es geht um eine Oberbösewichtin. Sie will die drei Kämpferfraktionen gegeneinander aufbringen, um Krieg ins Land zu bringen und die Schwachen von den Starken zu trennen. Die insgesamt 18 Missionen sind kaum mehr als ein Tutorial, das durch die zwölf Kriegerklassen führt. Weil die meisten Charaktere auch in den Videosequenzen den Helm nicht abnehmen, ist von Persönlichkeiten und Spannung wenig zu sehen.
Allerdings setzt sich die Geschichte im Multiplayer gewissermaßen fort. Zu Beginn entscheiden sich die Spieler für eine der drei Fraktionen. Für diese ziehen sie in die Schlacht und können bei jedem Match Punkte sammeln. "Die Weltkarte ist unterteilt in Territorien", erklärt Producer Sonnefeld. "Nach jedem Multiplayer-Match bekommen die Teilnehmer - basierend darauf, wie erfolgreich sie im Match waren -, Verstärkungspunkte zugewiesen." Diese können sie auf der Weltkarte verteilen und so den Verlauf der Grenzen bestimmen - ähnlich wie im Brettspiel Risiko. Außerdem gibt es Belohnungen für die Spieler, die in optische Veränderungen der Charaktere investiert werden können.
"For Honor" kann mit seiner innovativen Steuerung im Multiplayer glänzen. Wer genug Zeit investiert und auch vor längerem Üben nicht zurückschreckt, kann damit Spaß haben. Gelegenheitsspieler oder Kampagnenfans werden aber wohl eher enttäuscht sein. Mit seinen blutigen Kampfszenen und der dazu passenden, krassen Tonuntermalung hat "For Honor" keine Jugendfreigabe erhalten.
Das Spiel erscheint für PC, Playstation 4 und Xbox One und kostet je nach Plattform zwischen 55 und 70 Euro. © dpa
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