Rezeptfreie Schmerzmittel wie Ibuprofen, ASS und Paracetamol werden schnell eingenommen. Doch sie haben unterschiedliche Einsatzgebiete und sollten vor allem nicht in bestimmten Kombinationen eingenommen werden.
Schmerzmittel wie Ibuprofen, Paracetamol oder Acetylsalicylsäure (ASS), beispielsweise in Aspirin enthalten, sind rezeptfrei erhältlich, günstig und wirken schnell gegen leichte bis mäßige Schmerzen. Vielleicht weil sie ohne Rezept verkauft werden und in kaum einer Hausapotheke fehlen, werden sie von vielen ohne Blick auf den Beipackzettel oder Rücksprache mit Arzt oder Apotheker eingenommen.
Aber: Auch rezeptfreie Medikamente können schwerwiegende Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben. Davor warnt auch Apotheker Jan Reuter, Inhaber der Central Apotheke in Walldürn. Auch bei YouTube spricht der "Pill Instructor", wie er sich augenzwinkernd nennt, über Gesundheitsthemen. Er ist der Meinung, dass rezeptfreie Schmerzmedikamente tendenziell zu oft und unbedacht eingenommen werden – manchmal mit gravierenden Folgen für die Gesundheit.
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Sich über die Wirkweise, mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen von ASS, Paracetamol und Ibuprofen zu informieren, ist besonders bei bestehenden Grunderkrankungen, Alkoholkonsum oder Einnahme von anderen Medikamenten wichtig, sagt Jan Reuter. Außerdem ist nicht jedes Schmerzmittel gleichermaßen geeignet, um bestimmte Beschwerden gezielt zu behandeln. Doch wie unterscheiden sich Paracetamol, ASS und Ibuprofen und was muss beachtet werden?
Wirkung und Risiken von Paracetamol
Paracetamol gehört zur Gruppe der nichtopioiden Analgetika, also Schmerzmittel. Es wirkt fiebersenkend und lindert leichte bis mittlere Beschwerden wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Regelschmerzen oder Fieber. Es wird von vielen besonders gut vertragen, da es den Magen-Darm-Trakt nicht reizt. Bei ausreichendem Körpergewicht kann es bereits Neugeborenen verabreicht werden. Trotz der überwiegend guten Verträglichkeit ist das Schmerzmittel nicht in jeder Hinsicht bedenkenlos einzunehmen.
Denn Paracetamol wird überwiegend in der Leber verstoffwechselt. Apotheker Reuter warnt auch davor, Schmerzmittel, insbesondere Paracetamol, in Kombination mit Alkohol einzunehmen. Bei regelmäßigem Alkoholkonsum oder bei Leberschäden kann schon eine geringe Überdosierung schwerwiegende Folgen wie Leberversagen haben.
Anders als ASS und Ibuprofen hat Paracetamol keine entzündungshemmenden Eigenschaften. Zur Behandlung von entzündlichen Beschwerden wie Gelenkschmerzen ist Paracetamol deshalb nicht geeignet. Menschen mit bekannten Erkrankungen oder Schwangere sollten es trotz des eher geringen Risikos für Nebenwirkungen vorsichtshalber nur nach Rücksprache einnehmen.
Gut zu wissen
- Gerade wird die Packungsbeilage von Paracetamol überarbeitet. Es geht dabei um den Warnhinweis, dass Paracetamol in sehr seltenen Fällen bei schwer Erkrankten eine sogenannte metabolische Azidose (eine stoffwechselbedingte Übersäuerung des Blutes) verursachen kann. Diese kann im schlimmsten Fall tödlich enden. Zu der Ergänzung hatte die Europäische Arzneimittelbehörde aufgerufen, nachdem Fälle bekannt wurden, bei denen Menschen mit Nierenerkrankungen, chronischer Alkoholsucht, Sepsis oder Mangelernährung über längeren Zeitraum Paracetamol oder das Medikament in Verbindung mit dem Antibiotikum Flucloxacillin genommen hatten. Wie häufig diese Fälle sind, ist bisher nicht wissenschaftlich erhoben. Wer eine Erkrankung hat, sollte prinzipiell Rücksprache mit seiner Ärztin führen, welche Medikamente wann eingenommen werden können - und welche nicht.
Wirkung und Risiken von Acetylsalicylsäure
Acetylsalicylsäure (ASS) wird oft als Aspirin bezeichnet, wobei Aspirin eigentlich der Markenname des ASS-haltigen Schmerzmittels der Bayer AG ist. Es gehört zur Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Es wirkt schmerzstillend, fiebersenkend und entzündungshemmend. Zudem hemmt ASS die Blutgerinnung, weshalb es niedrig dosiert auch präventiv bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder erhöhter Thrombosegefahr verordnet wird. Aufgrund der blutverdünnenden Wirkung sollte es einige Tage vor einer Operation oder bei einer starken Regelblutung nicht eingenommen werden. Zudem kann es die Schleimhäute von Magen und Darm reizen.
ASS ist nicht für Menschen mit Magen-Darm-Erkrankungen, Nieren- und Leberfunktionsstörungen, schwerer Herzinsuffizienz, Blutungsneigung, Asthma oder im letzten Drittel der Schwangerschaft geeignet. Auch Kinder unter zwölf Jahren sollten es ohne ärztliche Verordnung nicht einnehmen.
Wirkung und Risiken von Ibuprofen
Ibuprofen ist wie ASS ein NSAR mit schmerzstillenden, fiebersenkenden und entzündungshemmenden Eigenschaften. Das Schmerzmittel kann beispielsweise bei Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen eingenommen werden und ist aufgrund seiner entzündungshemmenden Wirkung auch zur Behandlung von Gelenk- oder Muskelbeschwerden geeignet. Da Ibuprofen den Magen reizen kann, sollte es nach einer Mahlzeit eingenommen werden.
Bei gesundheitlichen Problemen wie Magen-Darm-Erkrankungen oder Blutungen des Magen-Darm-Trakts, Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenfunktionsstörungen oder Lebererkrankungen sowie während Schwangerschaft und Stillzeit sollte Ibuprofen nicht ohne ärztliche Rücksprache eingenommen werden. Die EU-Gremien empfehlen, hohe Dosierungen von Ibuprofen zu vermeiden, wenn Herz- oder Kreislauf-Erkrankungen vorliegen oder eine Person bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hat.
Auch eine Langzeitbehandlung mit Ibuprofen sollte ärztlich begleitet werden, da hoch dosierte NSAR das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall geringfügig erhöhen können, wie Studien zeigen. Bestehende Herz- oder Gefäßerkrankungen, Rauchen, hoher Blutdruck, Diabetes oder ein erhöhter Cholesterinspiegel sind zusätzliche Risikofaktoren.
ASS und Ibuprofen – Wechselwirkungen beachten
Vor allem bei ASS und Ibuprofen und gleichzeitiger Einnahme von bestimmten Medikamenten kann es zu schwerwiegenden Wechselwirkungen kommen, sagt Jan Reuter und betont, wie wichtig es ist, sich vor der Einnahme über mögliche Neben- und Wechselwirkungen zu informieren.
"Bei ASS und Ibuprofen sind besonders Wechselwirkungen mit Blutverdünnern zu beachten, sogenannten Antikoagulantien wie Marcumar. Es besteht die Gefahr, dass das Blut so flüssig wird, dass es zu gefährlichen Magen-Darm-Blutungen kommen kann. Deswegen ist es sehr wichtig, dass man die INR-Werte untersucht, damit das Blut nicht zu flüssig, aber auch nicht zu dickflüssig ist", so Reuter.
Was ist der INR-Wert?
- International Normalized Ratio, kurz INR, ist ein Wert, mit dem die Gerinnungsdauer des Blutes gemessen wird. Je niedriger der Wert, desto schneller gerinnt das Blut. Normalerweise liegt er um 1,0.
Gleiches gilt für die Einnahme des Medikaments Methotrexat, das beispielsweise zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis oder Hautkrankheiten verordnet wird. Zusammen mit Ibuprofen oder ASS kann es zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. Auch bei gleichzeitiger Einnahme von bestimmten Blutdruck- und Schmerzmedikamenten und zahlreichen anderen Wirkstoffen sind gefährliche Wechselwirkungen möglich.
Laborstudien haben außerdem gezeigt, dass Ibuprofen die Wirkung von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) hemmt, die zur Reduzierung des Risikos von Schlaganfall und Herzinfarkt eingenommen wird. Der gelegentliche Einsatz von Ibuprofen soll die Wirkung von ASS laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aber nicht beeinträchtigen. Nicht abschließend geklärt ist, wie sich hoch dosiertes Ibuprofen bei einer Langzeitbehandlung auf die Wirkung von ASS gegen das Verklumpen von Blutplättchen auswirkt.
Schmerzmittel gegen den Kater – ein gefährlicher Cocktail?
Wer einen Kater loswerden will, greift gerne zur Schmerztablette – manche nehmen sie sogar bereits vorsorglich vor dem Schlafengehen. Keine gute Idee, denn: Medikamente, auch die rezeptfreien Schmerzmittel Ibuprofen, ASS und Paracetamol, dürfen nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden, da die Kombination das Risiko für Nebenwirkungen und Organschäden erhöht.
Jan Reuter warnt: "Von Kombinationspräparaten, die Aspirin und Paracetamol enthalten, rate ich generell ab. Ich frage immer nach, wofür ein Schmerzmittel gebraucht wird. Wenn ich weiß, dass der Patient kein Asthma und keinen empfindlichen Magen hat, dann empfehle ich viel Wasser, Ibuprofen und Elektrolyte als Katerkiller – oder Cola und Salzstangen. Und ganz viel frische Luft."
Wie lange darf man Schmerzmittel einnehmen?
Während ein Kater meistens spätestens am nächsten Tag überstanden ist, verlangen andere Beschwerden oft eine längere medikamentöse Behandlung. Jan Reuter rät jedoch, Schmerzmittel zunächst maximal drei Tage einzunehmen und sich an die Dosierungsempfehlung entsprechend dem Körpergewicht und Alter zu halten. Spätestens nach einer, allerhöchstens nach zwei Wochen müsse die Einnahme aber spätestens eingestellt werden.
Generell sollte bei anhaltenden Beschwerden die Ursache gefunden und behandelt werden, statt dauerhaft auf Schmerzmittel zu setzen, so der Apotheker. Bei Beschwerden wie verspannungsbedingten Kopfschmerzen könne sich etwa der Gang zum Zahnarzt lohnen. Je nach Diagnose kann vielleicht eine Aufbissschiene, Physiotherapie und ausreichende Magnesiumzufuhr die Beschwerden dauerhaft lindern – ganz ohne Risiken und Nebenwirkungen.
Und wenn es dann doch Schmerzmittel sein müssen: unbedingt die Empfehlungen zu Dosierung, Wechselwirkungen und Kontraindikationen beachten – auch, wenn das Medikament rezeptfrei erhältlich ist.
Redaktioneller Hinweis
- Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine persönliche Beratung und Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt.
Über den Gesprächspartner
- Apotheker Jan Reuter ist Inhaber der Central Apotheke in Walldürn, Baden-Württemberg. Auf seinem YouTube-Kanal spricht er über Gesundheit, Medikamente und Naturheilkunde und macht komplexe Gesundheitsthemen verständlich.
Verwendete Quellen:
- gelbe-liste.de: Paracetamol
- gelbe-liste.de: Acetylsalicylsäure
- gelbe-liste.de: Ibuprofen Kontraindikationen
- bfarm.de: Ibuprofenhaltige Arzneimittel: Kardiovaskuläre Nebenwirkungen
- Oxford Academic: Non-steroidal anti-inflammatory drug use is associated with increased risk of out-of-hospital cardiac arrest: a nationwide case–time–control study
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