Zu lange, zu schnell, zu viel: Nach hoher körperlicher Belastung droht Muskelkater. Sportler leiden besonders häufig darunter. Wie es zu den schmerzenden Muskeln kommt, was die Beschwerden lindert und ob Dehnen wirklich vorbeugt – wir verraten es Ihnen.

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Beim Sport mal wieder so richtig auspowern – danach fühlt man sich einfach großartig! Doch dieses Erfolgserlebnis, "etwas getan zu haben", wird oft durch ein anderes, deutlich unangenehmeres Gefühl am Tag danach überschattet: Ziehende Schmerzen in den Muskeln machen sich breit.

Während sich Alkohol mit Kopfschmerzen und Unwohlsein rächt, führt ungewohntes oder zu intensives Training zu einem Muskelkater. Schon kleinste Bewegungen wie Treppensteigen oder eine Jacke anziehen können dann zur Qual werden.

Was ist eigentlich ein Muskelkater?

"Der Muskelkater ist ein Reparaturmechanismus unseres Körpers", erklärt Sportwissenschaftler und Gesundheitsexperte Prof. Dr. Ingo Froböse im Gespräch mit unserer Redaktion. Durch neue, ungewohnte oder zu starke Belastungen, zum Beispiel nach einem zu intensiven Sportprogramm, entstehen kleine Verletzungen in der Muskulatur.

"An diesen verletzten Stellen werden kleinste Entzündungen ausgelöst, die den Muskel durch das Eindringen von Wasser leicht anschwellen lassen", so der Experte. Mithilfe des Wassers werden neue Baustoffe an die betroffene Stelle transportiert, welche die Verletzung reparieren. Durch diesen Prozess wird der Muskel leicht gedehnt, was wiederum das bekannte Schmerzgefühl verursacht.

Durch welche Bewegungen entsteht Muskelkater?

"Es ist bewiesen, dass die kleinen Verletzungen im Muskel, die für die Schmerzen verantwortlich sind, besonders durch sogenannte exzentrische, also nachgebende Belastungen entstehen", weiß der Sportwissenschaftler.

Dabei muss der Muskel eine Dehnung durch äußere Kräfte abbremsen. So bekommt man zum Beispiel beim Bergabgehen eher Muskelkater, als wenn man bergauf geht. Aber auch Ausfallschritte, wie sie insbesondere beim Tennis oder Squash gemacht werden, fördern die Entstehung eines Muskelkaters.

Kann Muskelkater der Gesundheit schaden?

Aus medizinischer Sicht ist ein Muskelkater harmlos. "Es handelt sich dabei um eine ganz normale Immunreaktion des Körpers", so Froböse. "Sobald sich die Muskulatur komplett regeneriert hat, ebbt auch der Schmerz ab."

Selbst, wenn es richtig wehtut und man vielleicht kaum noch die Treppe runter kommt: Vor Folgeschäden müsse man sich laut des Experten keine Sorgen machen.

Was hilft gegen die Schmerzen?

In der Regel verschwinden die Beschwerden binnen weniger Tage von selbst. "Sollte der Muskelkater so stark sein, dass Bewegung kaum möglich ist, hilft nur körperliche Ruhe", rät Froböse.

Bei leichtem Ziehen könnte es jedoch helfen, nicht zu pausieren, sondern leicht weiter zu trainieren, empfiehlt der Experte. Regenerative Ausdauereinheiten wie lockeres Joggen oder Schwimmen würden dann Abhilfe schaffen.

Auch Saunagänge oder ein heißes Bad können die Schmerzen lindern. "Das kurbelt den Stoffwechsel an, sorgt für eine bessere Durchblutung und unterstützt so die Regeneration", so der Sportwissenschaftler.

Medikamente sind dagegen meist machtlos gegen Muskelkater. Das haben deutsche Forscher in einer Studie herausgefunden.

Tatsächlich können Tabletten das Problem sogar verschleppen: Die Probanden, die entzündungshemmende Schmerzmittel nahmen, klagten länger über die Beschwerden.

Laut der Studie ist Muskelkater wichtig, damit der Körper sich nach der Belastung für die Heilung bereitmachen kann. Die Schmerzen mit Medikamenten zu bekämpfen sei demnach nicht nur vergebens, sondern sogar kontraproduktiv.

Darf man mit Muskelkater weitertrainieren?

Auch wenn lockeres Ausdauertraining den Muskelkater etwas erleichtern kann: Genauso intensiv wie vorher trainieren sollte man bei akuten Schmerzen nicht. "Gerade bei starkem Muskelkater ist es wichtig, dem Körper Zeit zur Regeneration zu geben", rät Froböse. In dieser Phase ist die betroffene Muskulatur sonst anfälliger für schwere Verletzungen.

"Und wenn Sie nicht komplett auf das Training verzichten wollen, können Sie auch einfach eine andere Muskelgruppe trainieren", empfiehlt der Sportwissenschaftler.

Kann man mit ausgiebigem Dehnen einem Muskelkater vorbeugen?

In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass Dehnen die Entstehung eines Muskelkaters verhindern oder verringern konnte.

Sogar das Gegenteil könnte der Fall sein: "Zu starkes Dehnen kann Muskelkater auslösen", warnt Froböse. Durch eine sehr hohe Dauer der Dehnungsprozeduren könnten die Muskeln so stark beansprucht werden, dass in ihnen kleine Verletzungen entstehen, die wiederum zu Muskelkaterschmerz führen.

Bedeutet Muskelkater, dass die Muskeln wachsen?

"Natürlich bedeutet einen Muskelkater zu haben, dass die Muskulatur beansprucht wurde", meint Froböse. Das habe auch meist ein Muskelwachstum zu Folge. Allerdings würde dies auch ganz ohne Muskelkater funktionieren: "Entscheidend ist, dass mechanische Reize die Muskulatur ausreichend stimulieren."

Dafür muss man nicht bis zum Anschlag trainieren: Bereits moderates Training, das langsam und stufenweise gesteigert wird, kann den Muskelwachstum anregen – ganz ohne Zwicken und Ziehen am Tag danach.

Dr. Ingo Froböse ist Professor am Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation der Deutschen Sporthochschule Köln.
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