• Unwillkürliche Muskelzuckungen sind lästig, aber zumeist harmlos.
  • In der Regel treten sie nach einer außergewöhnlichen körperlichen Belastung auf.
  • Verschwinden die nervösen Zuckungen nach mehreren Wochen nicht, sollten Betroffene ihren Hausarzt aufsuchen.

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Fast jeder hat es bereits erlebt: Kaum hat man es sich auf dem Sofa oder im Bett bequem gemacht, fängt es im Körper an zu zucken. Unter der Haut wird sichtbar: Kleine Muskeln klopfen den Takt eines stummen Songs – ohne erkennbare Ursache und obwohl man sich nicht bewegt. In den meisten Fällen besteht aber kein Grund zur Beunruhigung.

Körperliche Belastung ist häufigster Auslöser für Muskelzuckungen

Wenn sich winzige Muskelbündel, Faszikel genannt, scheinbar unkontrolliert zusammenziehen, sprechen Mediziner auch von Faszikulation. Sie tritt im körperlichen Ruhezustand auf und geht nicht mit einem Bewegungseffekt des entsprechenden Körperteils einher. "Unwillkürliche Muskelzuckungen kommen bevorzugt an den Extremitäten vor", erklärt der Neurologe Peter Berlit. "An den Beinen treten sie häufiger auf als an den Armen."

Muskelzuckungen sind vor allem nach außergewöhnlichen körperlichen Aktivitäten und Anstrengungen, etwa nach dem Joggen oder anderen Sportarten, zu beobachten. "Sie sind in der Regel kein Ausdruck einer Krankheit, sondern von Belastung", sagt der Mediziner. Psychische Ursachen für die nervösen Muskelzuckungen schließt der Facharzt für Neurologie einerseits ausdrücklich aus. "Wenn sich ein Mensch aber im Zusammenhang mit einer psychologischen Problematik stark verspannt, kann sich das auf die Muskulatur auswirken." Insofern können Stress, Sorgen und Ängste indirekt durchaus zu Faszikulationen führen.

Aus dem Gleichgewicht geraten

Was auf der körperlichen Ebene auftritt, beschreibt Peter Berlit als ein Ungleichgewicht zwischen Spannung und Entspannung. "Faszikulationen treten auf, wenn die Reizübertragung vom Nerv auf den Muskel unterbrochen ist." Normalerweise stößt das Gehirn eine Bewegung an. Die Nerven übertragen diesen Impuls bis zu den Muskeln. Ist diese Übertragung gestört, machen die Muskeln sich selbstständig.

Näher ins Detail geht Gereon Nelles, auch er ist Facharzt für Neurologie und Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte: "Wir gehen mittlerweile davon aus, dass hinter den Muskelzuckungen eine Instabilität der Muskelzellen-Membran steckt." Jede Muskelzelle sei durch eine solche Hülle von ihrer Umgebung abgeschirmt. Wird die Membran durch eine Verschiebung der Elektrolytkonzentration instabil, könne die Muskelzelle sich leichter entladen. "Bei unkontrollierter Entladung führt dies zur Kontraktion der Muskelfaser, die als Zuckungen in Erscheinung tritt."

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Wie sich Muskelzuckungen vermeiden lassen

Was aber tun, wenn man sich mit dem an sich harmlosen Klopfen an den Armen und Beinen nicht arrangieren mag? "Wer Muskelzuckungen vermeiden möchte, sollte die Auslöser vermeiden", sagt Neurologe Berlit. Auf Sport zu verzichten, ist keine gute Lösung. Allerdings gilt es, einer Überbelastung bei Kraft- und Ausdauertraining vorzubeugen und die Muskeln nach dem Sport zu dehnen. Außerdem hilfreich: Entspannungstechniken, wie Meditation oder autogenes Training, Yoga, ausreichend Schlaf oder - bei psychischen Stressauslösern - eine Gesprächstherapie.

Medikamente muss wegen Muskelzuckungen in den meisten Fällen niemand einnehmen. Besser ist es, viel zu trinken und auf eine abwechslungsreiche, mineralstoffreiche Ernährung mit viel Magnesium, Kalzium und Kalium zu achten. "Das Phänomen tritt meist nur vorübergehend auf. Und zwar rund 20 bis 30 Minuten nach der Belastung", so Berlit.

Wann einen Arzt aufsuchen?

"Sorgen muss man sich in der Mehrzahl der Fälle nicht machen", meint auch Facharzt Nelles. Bei neun von zehn Betroffenen seien die Muskelzuckungen gutartig. Weil ein medizinischer Laie das aber schwer beurteilen kann, ist es ratsam, sich Hilfe zu holen, wenn die Faszikulationen den Betroffenen ohne erkennbaren Grund oder über einen längeren Zeitraum von zwei bis drei Wochen regelmäßig das Leben schwer machen.

"Der Hausarzt wird über eine Blutuntersuchung zunächst einen Mangelzustand ausschließen", ergänzt Peter Berlit. Gegebenenfalls überweist er den Patienten zu einem Neurologen. Denn in Einzelfällen stecken hinter den vermeintlich harmlosen Zuckungen ernste Ursachen, wie etwa ein Bandscheibenvorfall, ein verengter Rückenmarkkanal, ein eingeklemmter Nerv oder die als ALS bekannte schwere Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose.

Über die Experten: Prof. Dr. Peter Berlit ist Facharzt für Neurologie und Generalssekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin. Prof. Dr. med. Gereon Nelles ist Facharzt für Neurologie in Köln und Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN).

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