Der 21. Juni ist in Deutschland Tag des Schlafes - ein noch junger Ehrentag, der das Problem von Schlafstörungen thematisieren und so ein Stückchen mehr in die öffentliche Diskussion rücken soll. Ein ehrenwertes Anliegen, denn rund 20 Millionen Deutsche leiden in irgendeiner Form an Schlafproblemen. Und so stellen wir uns die Frage, ob all die gut gemeinten Tipps und überlieferten Mythen rund um den geruhsamen Schlaf wirklich stimmen.

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Trotz aller medizinischen Fortschritte nehmen die Probleme mit dem nächtlichen Schlaf zu. Fehlt da wirklich das Glas mit Honig vor dem Zubettgehen oder wird im 21. Jahrhundert zu viel Alkohol konsumiert, um eine geruhsame Nacht zu verbringen? Ganz so einfach ist es vielleicht nicht, doch spielt unsere Lebensweise durchaus eine Rolle. Laut Weltgesundheitsorganisation sind ungefähr 30 Prozent der Bevölkerung in den Industriestaaten von Schlafstörungen betroffen, mehr als in allen anderen Staaten der Erde.

Im Schlaf finden wichtige Regenerationsprozesse im Körper statt, während einiger Schlafphasen werden Blutdruck, Atem und Pulsfrequenz im Vergleich zum Wachzustand deutlich gedrosselt. Ohne zu schlafen, könnten wir also nicht überleben. Schlafqualität bedeutet Lebensqualität - für die wir selbst viel können.

Mythos 1: Wer viel schläft, lebt gesünder

Die meisten Menschen pegeln sich auf etwa sieben Stunden Schlaf ein, und diese Schläfer haben auch die statistisch höchste Lebenserwartung. Eine pauschale Antwort nach der optimalen Schlafdauer gibt es dennoch nicht, denn das Schlafbedürfnis ist von Mensch zu Mensch verschieden. Eine Zeit zwischen fünf und neun Stunden Schlaf gilt aber als normal.

Der englische Physiopsychologe Jim Horn trennt den für das Gehirn notwendigen Kernschlaf, der etwa fünf Stunden währt, vom Luxusschlaf, der sich dann nach den individuellen Bedürfnissen richtet. Zugleich warnt er allerdings davor, dass viele Menschen ihren eigenen Biorhythmus verkennen könnten und so chronisch übermüdet sind.

Der Erholungswert des Schlafes liegt ohnehin nicht nur in der Dauer. Faktoren wie Umgebung, Temperatur und persönliche Befindlichkeiten spielen eine große Rolle. Und nicht nur zu wenig Schlaf ist ungesund, auch das andere Extrem ist dauerhaft nicht zu empfehlen.

Mythos 2: Wer früh ins Bett geht, ist morgens munter

Der umgekehrten Formulierung - wer zu spät ins Bett geht, ist morgens müde - kann man getrost zustimmen. Dennoch ist nicht jeder munter, der früh zu Bett gegangen ist. Experten wie der Schlafforscher Jürgen Zulley unterscheiden vier Schlaftypen. Einerseits gibt es die Morgenmenschen (Lerchen), die Frühaufsteher sind und entsprechend früh ins Bett gehen. Dagegen erwachen die Lebensgeister der Abendmenschen (Eulen) erst im Laufe des Tages und sie halten die halbe Nacht durch. Außerdem existieren ausgesprochene Kurzschläfer, die sich nach weniger als sechs Stunden Schlaf ausgeruht und leistungsfähig fühlen, und Langschläfer, die erst nach zehn Stunden optimale Ergebnisse bringen können.

Soweit es möglich ist, sollte man also auf seine innere Uhr hören und dem Körper geben, was er verlangt. In diesem Zusammenhang wird von Experten immer wieder angemahnt, den Schulbeginn um wenigstens eine Stunde nach hinten zu verlegen, um allen Kindern gleiche Chancen zu geben.

Mythos 3: Ich brauche immer genauso viel Schlaf

Unsere innere Uhr wird nicht für ein ganzes Leben gestellt, sondern sie "rutscht". Da dieser Prozess über einen relativ langen Zeitraum erfolgt, nehmen wir ihn allerdings nicht immer wahr.

Zuerst verschiebt sie der Schlaf-Wach-Rhythmus von der Kindheit in die Jugend nach hinten. Etwa ab dem 20. Geburtstag geht es dann ganz allmählich wieder in die andere Richtung. Der Chronobiologe Till Roenneberg erklärt dieses Phänomen mit der körperlichen Leistungsfähigkeit, die in der Jugend am größten ist. Hier wirken offenbar urzeitliche Prägungen nach: In der Steinzeit wurden die jungen Männer zur nächtlichen Jagd ausgesendet.

Mythos 4: Der Schlaf vor Mitternacht ist am gesündesten

Bei diesem oft zitierten Satz handelt es sich tatsächlich um einen Mythos aus vergangenen Tagen. Wer mit dem Dunkelwerden zu Bett ging, kam nicht auf dumme Gedanken, sparte Strom oder Kerzenwachs und war fit für die morgendlichen Verrichtungen.

Richtig ist allerdings, dass man in der ersten Schlafphase besonders tief schläft und sich der Körper in dieser Zeit besonders gut erholt. Deshalb sollte diese erste Zeit möglichst ungestört sein. Allerdings wird die Schlaftiefe von der inneren Uhr, nicht vom Wecker geregelt. Wichtig für guten Schlaf ist die Regelmäßigkeit.

Mythos 5: Wir schlafen die ganze Nacht durch

Wer am Morgen mit dem angenehmen Gefühl erwacht, tief und fest geschlafen zu haben, hat bestimmt eine erholsame Nacht verlebt. Ob es ganz so lückenlos zuging, ist allerdings zweifelhaft: Es ist völlig normal, bis zu 28 Mal pro Nacht zu erwachen. Meistens dauert die Wachphase nur wenige Minuten und man kann sich am nächsten Morgen nicht daran erinnern.

Mythos 6: Kurzschlaf steigert Leistung und Wohlbefinden

Ein Nickerchen kann erwiesenermaßen wahre Wunder für Konzentration und Leistungsfähigkeit bewirken. Es sollte allerdings eine halbe Stunden nicht übersteigen, damit der Kreislauf nicht komplett "heruntergefahren" wird.

Wer sich ein solches Powernapping leisten kann, profitiert von der kleinen Auszeit. Leider sind die Erkenntnisse der Schlafforschung noch nicht zu allen Arbeitgebern durchgedrungen, sonst würde das Mittagsschläfchen im Tagesplan verordnet werden, wie es beispielsweise bei Lufthansa-Piloten, der NASA, IBM und auch bei Toblerone schon der Fall ist.

Mythos 7: Alkohol hilft beim Einschlafen

Bei der Wahl von Alkohol als Schlummertrunk ist äußerste Vorsicht geboten. Wer regelmäßig vor dem Zubettgehen Alkohol trinkt, gerät schnell in eine Abhängigkeit. Tatsächlich fällt das Einschlafen so zunächst leichter und der Körper gewöhnt sich daran. Gravierender ist jedoch: Was zuerst als Einschlafhilfe funktioniert, kann die Schlafphasen durch den Alkoholabbau empfindlich durcheinanderbringen. Man wacht am Morgen "wie gerädert" auf und empfindet keinen echten Erholungseffekt.

Wer einige andere Dinge beachtet, kann einem erholsamen Nachtschlaf jedoch gehörig auf die Sprünge helfen. Das Zimmer sollte idealerweise kühl sein, nicht kalt sondern bei angenehmen 16 bis 18 Grad Celsius, und zur Gewährleistung des Tag-Nacht-Rhythmus abgedunkelt werden. Fernseher, Laptop, HiFi-Anlage und Co. haben strenggenommen nichts im Schlafraum zu suchen.

Wer entspannt zu Bett geht, schläft leichter ein. Beim Abschalten helfen vielleicht eine Aromalampe oder ein Bad, ein Spaziergang oder auch warme Milch mit Honig.

Mythos 8: Vor dem Schlafen sollte man nicht essen

Inwieweit spätes Essen beschwert, ist eine Ansichts- und Gewohnheitssache. Zum Beispiel in den Mittelmeerländern wird traditionell spät gegessen und dennoch schläft man gut. Allerdings wird hier meist eine leichte Küche serviert, die den Verdauungsapparat nicht über Gebühr belastet. Mit einem allzu üppigen Abendmahl gibt man Magen und Darm überreichlich zu tun, was dem erholsamen Schlaf abträglich ist. Man schläft nicht so tief, träumt oft schlecht und wacht immer wieder für längere Zeit auf. Wer zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen auf schweres Essen verzichtet, ist auf der sicheren Seite.

Auch Sport und Fitness sind für den Schlaf durchaus förderlich. Der Körper ist auf angenehme Art ausgepowert und die Phasen des Tiefschlafes werden verlängert. Direkt vor dem Zubettgehen ist davon aber abzuraten, weil der Kreislauf sonst zu stark angeregt wird.

Mythos 9: Schlaf macht schön

Der Schönheitsschlaf ist alles andere als ein Mythos - er ist wissenschaftlich belegte Realität. So haben schwedische Forscher experimentell nachgewiesen, dass Menschen, die zuvor richtig ausgeschlafen hatten, von ihrer Umgebung als deutlich attraktiver wahrgenommen wurden. Ein Grund dafür ist, dass unsere Haut im Schlaf mit wichtigen Hormonen versorgt wird, was die natürliche Regeneration anregt. Sie wirkt nach dem Schlaf straffer, jünger und gesünder.

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