Wenn ein Mann beim Geschlechtsverkehr das Kondom abzieht, ohne dass die Frau etwas davon weiß oder ihr Einverständnis gegeben hat, dann nennt sich das "Stealthing". Eine neue Studie hat sich mit dieser "Praktik" befasst, die unter Männern immer beliebter zu werden scheint.
Übersetzt bedeutet das englische Wort "Stealth" im Deutschen so viel wie "Heimlichkeit" oder "List".
Stealthing: Kondom-Trick beim Sex
In Bezug auf Sex geht es beim "Stealthing" um die Praktik, das Kondom während des Geschlechtsverkehrs abzuziehen, ohne dass der Sexualpartner etwas davon weiß oder sein Einverständnis gegeben hat.
Ziel dieser Aktion ist es, möglichst vollständig im Körper des Geschlechtspartners zu ejakulieren. "Stealthing" kommt aus den USA und entwickelt sich derzeit zu einem fragwürdigen Trend, der für die Opfer meist an Körperverletzung oder gar Missbrauch grenzt.
Die Juristin Alexandra Brodsky hat eine Studie über diese bizarre Praktik geschrieben, der im "Columbia Journal of Gender and Law" erschienen ist.
Darin enthalten sind etliche Interviews mit "Stealthing"-Opfern, die beschämt und bestürzt über ihre Erfahrungen sind und sich betrogen oder gar missbraucht fühlen.
"Ich halte das für Missbrauch"
Auch in etlichen Internet-Foren ist "Stealthing" bereits ein großes Thema. Frauen berichten von ihren Erfahrungen und in den vergangenen Monaten scheinen sich diese zu häufen. Auf Reddit sind regelrechte Diskussionen zu diesem Thema entfacht.
Diese drehen sich auch um die Frage, ob "Stealthing" als sexueller Missbrauch gilt. So schreibt ein User zum Beispiel "Ich halte das für Missbrauch. Einvernehmlich war der Sex unter der Voraussetzung, dabei ein Kondom zu benutzen.
Das "Stealthing" bricht diese Vereinbarung und damit auch die Einvernehmlichkeit."
Wenn es nach der Juristin Alexandra Brodsky ginge, müsste "Stealthing" strafbar sein. Denn durch "Stealthing" wird nicht nur mit einer Vereinbarung gebrochen, es werden auch sexuell übertragbare Krankheiten und ungewollte Schwangerschaften beim Geschlechtspartner billigend in Kauf genommen.
"Der Rausch war unbeschreiblich"
Die andere Seite – die der "Stealthing"-praktizierenden Männer – äußert sich ebenfalls im Netz. Natürlich anonym.
Auf der Seite Experience Project, einem freien sozialen Netzwerk, schreibt ein User: "Der Rausch, den ich dadurch erlebte, war unbeschreiblich. Ich habe bereits meine eigenen Tricks und Techniken dazu entwickelt."
Weiter schreibt der anonyme User, dass er zwar wisse, dass es falsch sei, er aber nicht widerstehen könne. Und so gibt er am Ende seines Posts sogar noch Tipps zum unentdeckten "Stealthing".
Auch Schwule sind "Stealthing"-Opfer
Nicht nur Frauen können Opfer von "Stealthing" sein. Auch in der Schwulenszene scheint sich dieser Trend immer weiter zu verbreiten.
Ein 19-jähriger Reddit-User schrieb von seiner Erfahrung, dass einer seiner Sexualpartner einfach kein Kondom benutzt hatte, obwohl sie dies vorher vereinbart hatten.
"Ich weiß nicht was ich tun soll und habe immer noch Panik. Ich fühle mich, als wäre ich missbraucht worden." Viele Möglichkeiten, um sich vor "Stealthing" zu schützen, gibt es nicht.
Es sollte jedoch beim Geschlechtsverkehr immer eine gewisse Aufmerksamkeit auf den Intimbereich und die Verhütung gerichtet werden.
Auch sollte vor dem Sex noch einmal eindeutig klargemacht werden, wie wichtig die Verhütung mit Kondom ist.
Rechtslage nicht eindeutig
Liest man die Erfahrungsberichte, so wird eines ganz deutlich: Die Praktizierenden nennen es einen Trend, für die Opfer ist es meist sexueller Missbrauch.
Weil "Stealthing" jedoch im Rahmen von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr stattfindet, dürfte es aus juristischer Sicht für die Opfer als sexueller Übergriff schwer nachweisbar sein.
Auch ist die Rechtslage dazu in vielen Ländern nicht eindeutig. Aktuell gibt es weltweit nur wenige Fälle, die vor Gericht gelandet sind. Im Januar wurde ein Mann in der Schweiz wegen "Stealthing" zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.
Die Juristin Alexandra Brodsky kämpft mit ihrer Studie gegen die Verharmlosung von "Stealthing" an und versucht ein Bewusstsein für diese neue Art von Übergriff zu schaffen.
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