Als Superschuh nicht für die Elite, sondern für "ambitionierte Läufer" positioniert Salomon den S/LAB Spectur. Was der Carbonschuh für Normalos kann, haben wir ausprobiert.

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Zunächst möchte ich meinen Standpunkt vertreten, dass ich stark bezweifele, ob Freizeitathletinnen und -athleten wirklich andere Schuhe benötigen als die Elite. Es gibt viele Studien, die den Effekt von Superschuhen, also jenen Laufschuhen mit versteifender Carbonplatte in einer reaktiven Mittelsohle, auch bei langsameren Läuferinnen und Läufern bestätigen. Die Verbesserung der Laufökonomie ist oftmals sogar größer, je weniger trainiert man ist. Kurzum: Auch wer vier oder fünf Stunden für einen Marathon benötigt, profitiert oftmals von einem Carbon-Superschuh. Salomon sieht es anders und hat neben dem kompromisslosen S/LAB Phantasm nun eben noch einen Wettkampfschuh für, wenn man es so ausdrücken möchte, Normalos herausgebracht.

Video: Salomon S/LAB Spectur

Konstruktion

Beim Blick auf das Datenblatt unterscheidet den Salomon S/LAB Spectur wenig von einem kompromisslosen Superschuh. Das Gewicht ist mit relativ niedrigen 235 Gramm angegeben, die Mittelsohle soll reaktiv sein und ja, es gibt auch eine versteifende Carbonplatte. Ein Feld, auf dem man seine mit dem Schuh gelaufene Zeit eintragen soll, zeugt ebenfalls davon, dass es auch beim Spectur um Bestzeiten geht. Laut Salomon sind die Eigenschaften aber in einer Art und Weise aufeinander abgestimmt, sodass sie für ambitionierte Freizeitathletinnen und -athleten bestmöglich funktionieren – und eben nicht für die Weltelite.

Was man Salomon zugestehen muss: Viele Superschuhe sind nicht unbedingt für Fersenläufer konstruiert. Meist ist der Rückfußbereich recht schmal, sodass es an Stabilität mangelt. Oftmals ist die Mittelsohle unter der Ferse auch komplett ungeschützt, weil, um Gewicht zu sparen, auf eine Außensohle verzichtet wird. Der Verschleiß ist somit oftmals extrem hoch.

Beim S/LAB Spectur ist das anders. Hier ist die Ferse mit einer Außensohle versehen. Zudem zeugt die außergewöhnliche Gestaltung der Fersenpartie mit einer mittigen Aussparung davon, dass der Schuh auch bei allen, die zunächst mit der Ferse aufkommen, für einen angenehmen Bodenkontakt sorgen und dank der leichten Rocker-Geometrie sogleich in eine zügige Abrollbewegung übergehen kann. Ob das so ist, verrate ich gleich.

Vorher möchte ich noch die Mittelsohle beschreiben. Die reizt nicht die laut World Athletics für Straßen-Wettkampfschuhe maximal erlaubte Höhe von 40 Millimeter aus. Salomon gibt eine Dicke von 38,5 Millimeter unter dem Rückfuß und 30,5 Millimeter unter dem Vorfuß an. Die Sprengung beträgt demnach 8 Millimeter. Von außen ersichtlich ist, dass Salomon auf zwei Mittelsohlenmaterialien setzt. Während die obere Hälfte aus einem reaktiven PEBA-Material namens "energyFOAM+" besteht, ist der untere Teil normales EVA-Material namens "energyFOAM".

Laufverhalten

Jetzt, wo wir wissen, wie der Salomon S/LAB Specture aufgebaut ist, schauen wir mal, wie alles zusammenspielt. Zunächst fällt auf, dass Schuh weniger reaktiv ist, als man es von Superschuhen kennt. Die Mittelsohle liefert nicht das erwartete federnde Trampolingefühl, ist aber angenehm gedämpft und liefert auch bei langen Distanzen hohen Komfort.

Die meiste Dämpfung erfahren jene, die mit der Ferse zuerst den Boden berühren. Logisch, denn einerseits ist die Mittelsohle unter der Ferse am dicksten, andererseits verschiebt sich die Aussparung unter Druck leicht nach außen und wirkt wie eine Feder. Hier geht Salomons Konzept eines Carbon-Wettkampfschuhs für eine breitere Zielgruppe wirklich auf. Durch die leichte Rocker-Geometrie, also die vorn und hinten leicht aufgebogene Form der Mittelsohle, rollt der Schuh dynamisch ab. Die steife Carbonplatte hilft beim Übergang von der Landung bis zum Abdruck. Ja, der Spectur hat durchaus ein antreibendes Momentum, aber die Aggressivität, wie sie viele andere Superschuhe haben, fehlt dem Schuh. Er läuft sich einfach unspektakulärer, man könnte auch angenehmer sagen. Nie hat man das Gefühl, einen kippeligen Superschuh zu tragen.

Dazu trägt auch die Gestaltung der Carbonplatte bei. Diese ist nicht einfach flach in die Mittelsohle eingelassen, sondern im Bereich des Mittelfußes auch nach außen hochgezogen. So fungiert die Carbonplatte wie eine Art Rahmen, die spürbar Stabilität liefert, indem sie den Fuß sanft führt. Ein Stabilschuh ist der Spectur damit nicht, aber er läuft sich vor allem in Kurven deutlich sicherer und weniger schwammig.

Außensohle

Von unten sieht man die gerade beschriebene Gestaltung der Carbonplatte sehr gut. Was man ebenfalls sieht: Die Außensohle mit Contagrip-Gummimischung kommt gewissermaßen ohne Profil aus. Auf Asphalt, ob trocken oder nass, hat man damit stets genug Halt. Schwierig wird es auf leichtem Schotter, wie er auf vielen Wald- und Parkwegen liegt. Hier rutscht man vor allem bei höherem Tempo gerne mal weg. Für den Einsatz bei matschigen Bedingungen ist der Schuh gänzlich ungeeignet – nicht nur wegen des schönen weißen Obermaterials.

Passform

Kommen wir abschließend zum Obermaterial und der Passform des Schuhs. Hierbei sei zunächst erwähnt, dass es sich beim Spectur um ein Unisex-Modell handelt, es also keine Frauen- oder Männerversion gibt. Beim Hineinschlüpfen gefällt das weiche, luftige Obermaterial und die genau im richtigen Maße gepolsterten Zunge, Ferse und Schuhkragen. Die Passform ist Salomon- und vor allem S/LAB-typisch eher schmal, sodass sich Leute mit breiten Füßen vor allem im Vorfußbereich mehr Raum wünschen. Bei allen anderen schmiegt sich das Obermaterial an und hält den Fuß sicher im Schuh. Mit hohem Tempo durch enge Kurven rennen, bringt den Schuh nicht aus dem Konzept. Zusammengefasst: Im Spectur fühlt man sich richtig wohl. Nichts drückt, nichts reibt, nichts stört.

Fazit: Dynamik + Komfort + Spaß

Ob Intervalltraining, Tempodauerlauf oder Wettkampf – der Salomon S/LAB Spectur eignet sich für eine enorme Bandbreite an Einsatzzwecken. Ein Kompromiss ist er dabei nur selten. Gut, er ist nicht ganz so aggressiv und reaktiv wie ausgewiesene Superschuhe, aber dafür läuft er sich deutlich angenehmer. Kurven macht er problemlos mit und liefert in allen Situationen Stabilität und Führung. Wer einen Laufschuh sucht, der Dynamik, Komfort und Spaß verspricht, macht mit dem Salomon S/LAB Spectur alles richtig. Im Wettkampf, wo es mir um Bestzeiten geht, würde ich persönlich zu einem radikaleren Modell greifen, aber in der Wettkampfvorbereitung ist der Spectur ideal.

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Die wichtigsten Daten zum Salomon Spectur S/LAB

Kategorie: neutraler Carbonschuh
Gewicht: 235 Gramm (Herstellerangabe, nachgewogen haben wir eine US 10/EU 44 mit 268 Gramm)
Sprengung: 8 Millimeter (Ferse: 38,5 Millimeter, Vorfuß: 30,5 Millimeter)
UVP: 220 Euro

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