• Ehemalige Verletzungen der Haut gehen für Patienten oftmals viele Jahre mit Beschwerden einher.
  • Besonders vor einem Wetterumschwung machen sich Juckreiz und Schmerzen an Narben bemerkbar.
  • Das Hautgewebe geschmeidig zu halten, verspricht Linderung.

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Für Betroffene ist es zum Verrücktwerden: Das nach einem Fahrradunfall aufgeschlagene Knie oder die Stelle, wo der Hautarzt ein verdächtiges Muttermal entfernt hat, will einfach nicht zur Ruhe kommen. Die Narbe schmerzt, juckt, brennt – obwohl die Verletzung der Haut schon lange Zeit zurückliegt.

Die Ursache liegt in der Wundheilung

Um zu verstehen, warum Narben sich auch nach Jahren noch bemerkbar machen, muss man zunächst nachvollziehen, was bei der Wundheilung geschieht: "Bei jedem Reparaturprozess der Haut ist eine Entzündung im Spiel", erklärt Ulrich Mrowietz vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel. Nach der Blutgerinnung wandern Zellen der Lederhaut, Entzündungszellen und Mastzellen in die Wunde ein.

Sie stabilisieren die verletzte Haut, schützen vor Bakterien, Pilzen und Viren und transportieren Zellschutt von abgestorbenen Zellen sowie Fremdkörper ab. Insbesondere Mastzellen schütten Histamin aus. "Histamin ist ein bekannter Auslöser von Juckreiz. Auch das Jucken nach Insektenstichen wird durch Histamin aus Mastzellen verursacht."

Zusätzlich bringen Mastzellen und andere Zellen sogenannten Neuropeptide, also Substanzen, die Nervenfasern aktivieren, in die Wunde ein. "Diese Zusammenhänge während der Wundheilung führen dazu, dass Wunden im frühen Stadium der Narbenbildung fast immer jucken", sagt Mrowietz.

Narben haben ein langes Gedächtnis

Doch warum kribbelt und schmerzt die betroffene Stelle noch Jahre später? "Weil es sich bei einer Narbe um Hautersatzgewebe handelt und die Haut nie wieder so sein wird wie zuvor", erklärt der Mediziner. Im Gewebe der Narbe enden mehr Nerven als in der übrigen Haut. Es sind außerdem mehr Mastzellen vorhanden, die weiterhin aktiv bleiben. "Das führt dazu, dass Narben bei einer Reizung schneller anfangen zu jucken oder zu brennen."

Besonders betroffen sind Hautstellen, an denen ein Kleidungsstück reibt. Das kann zum Beispiel ein BH-Träger sein oder der Bund einer Unterhose. Außerdem: Stellen am Körper, die immer in Bewegung sind, wie etwa die Schulter. “Auch am Kopf und im Gesicht sind Menschen in der Regel empfindlicher“, ergänzt Mrowietz.

Erhöhte Reizbarkeit vor einem Wetterumschwung

Bei einigen Patienten rufen sich Narben vor allem vor einem Wetterumschwung mit Brennen und Kribbeln in Erinnerung. Warum das so ist, konnte wissenschaftlich bislang nicht belegt werden. Vermutet wird ein Zusammenhang mit der Veränderung des Luftdrucks. Mrowietz hält es zumindest für denkbar, dass das erhöhte Aufkommen von Neuropeptiden und Nerven im Narbengewebe eine Rolle spielt.

"Neuropeptide und freie Nervenendigungen hängen mit dem zentralen Nervensystem zusammen. Es ist möglich, dass hier, wer besonders empfindlich ist, eine Art Wetterfühligkeit entwickelt und deshalb auf Veränderungen in der Umwelt reagiert."

Abwarten und eincremen

Wer mit Symptomen an der Narbe zu kämpfen hat, kann in der Regel nicht viel tun. Behandlungen mit Ölen oder Cremes führen nicht zu einer Linderung von Juckreiz und Brennen. Das liegt daran, dass die Beschwerden in der Lederhaut entstehen. Kosmetische Produkte kommen in dieser tiefer liegenden Hautschicht nicht an.

Der Facharzt empfiehlt stattdessen ein Narben-Gel mit Silikon aus der Apotheke. "Diese Produkte sind unsichtbar, hinterlassen einen dünnen Film auf der Haut und zeigen tatsächlich eine Wirkung auf Narben." Auch vorbeugen lässt sich dem Experten zufolge kaum: "Vorbeugen hieße, Einfluss nehmen auf die Wundheilung. Aber die Wundheilung ist nicht beeinflussbar."

Stattdessen gilt es darauf zu vertrauen, dass die Zeit nicht nur Wunden heilt, sondern auch Narben beruhigt: "Narben, die zwischen einem und fünf Jahren alt sind, ärgern den Menschen oftmals, sie sind noch reizbar. Aber je älter eine Narbe wird, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Beschwerden macht."

Während des Alterungsprozesses baut sich das Hautbindegewebe um. Es wird zellärmer, die Mastzellen verschwinden und damit auch die Ausschüttung von Neuropeptiden. Bevor dieser natürliche Vorgang abgeschlossen ist, könne sogar ein Arzt nur wenig gegen den lästigen Juckreiz oder Schmerzen unternehmen.

Vorsicht bei Gewebewucherungen

Anders sieht es aus, wenn eine strichförmige Narbe plötzlich dicker wird und sich zu einer Wulstnarbe entwickelt. Anders als bei herkömmlichen, sogenannten erwartbaren Narben, könnte sich dann eine krankhafte Form entwickeln. Patienten sollten dann umgehend ihren Hautarzt aufsuchen.

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"Die dauerhafte Produktion von Narbengewebe ist ein komplexes Krankheitsbild, das so früh wie möglich behandelt gehört." Herkömmliches Narbenjucken ist hingegen eher kosmetischer Natur und Teil eines normalen Heilungsprozesses.

Über den Experten: Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz ist Dermatologe, Venerologe und Allergologe an der Universitäts-Hautklinik in Kiel und Mitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG).
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