In Deutschland wird jede dritte Ehe geschieden. Über einen Ehevertrag machen sich die meisten Menschen vor der Hochzeit dennoch wenig Gedanken. Dabei ist er häufig sinnvoll.
Vor der Trauung unterzeichnen die wenigsten verliebten Paare einen Ehevertrag, dabei wird in Deutschland knapp jede dritte Ehe geschieden. Wer keinen Vertrag aufsetzt, für den greift die gesetzliche Regelung, die sogenannte Zugewinngemeinschaft.
Zugewinn wird geteilt
Die rechtliche Grundstruktur während der Ehe entspricht erst einmal der einer Gütertrennung, sagt Karin Schwegler, Fachanwältin für Familienrecht aus Erlangen. "Jeder hat und behält und verwaltet sein Vermögen, wie er will, ohne den anderen fragen zu müssen", erklärt die Juristin, die auch Mitglied im Deutschen Anwaltverein ist. "Die Grenze ist dabei ein Verkauf, eine Belastung oder Schenkung, die das wesentliche Vermögen des verfügenden Ehegatten betrifft."
Was Gütertrennung und Zugewinngemeinschaft aber dann voneinander unterschiedet, zeigt sich, wenn die Ehe zu Ende ist. "Gibt es keinen Ehevertrag, wird bei einer Scheidung der Zugewinn ermittelt und geteilt", sagt Sophie Mecchia von der Stiftung Warentest.
Dazu werde das Vermögen zum Zeitpunkt der Eheschließung mit demjenigen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags verglichen. "Derjenige, der am Ende wirtschaftlich besser dasteht, muss die Hälfte der Differenz abgeben", sagt Mecchia. Aus diesem Grund ist die Zugewinngemeinschaft für einige Paare keine gute Wahl.
In manchen Fällen eine notwendige Absicherung
"Dringend notwendig ist ein Ehevertrag, wenn ein Ehegatte ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung hat, Kaufmann oder Freiberufler ist oder wenn ein Ehepartner im Betrieb des anderen mitarbeitet oder beide im selben Betrieb arbeiten und nur ein Ehepartner Inhaber ist", sagt Schwegler.
Mecchia ergänzt: "Ohne einen Ehevertrag könnte im Falle einer Scheidung, wenn die Hälfte der Firmenanteile ausbezahlt werden müssten, dem Unternehmen die Pleite drohen."
Dringend zu empfehlen sind Eheverträge ebenfalls, wenn die Partner verschiedene Nationalitäten haben. "Hier sollte mindestens festgelegt werden, welches nationale Recht bei einer Trennung gilt", sagt Mecchia.
Auch bei Schulden ist ein Ehevertrag ratsam
Wenn ein Partner mit hohen Schulden in die Ehe startet, ist es ebenfalls wichtig, einen Ehevertrag zu schließen. Darin sollten die Schulden festgehalten werden. "Bei einer Scheidung wird die Schuldentilgung in der Ehe beim Zugewinnausgleich berücksichtigt", sagt Mecchia.
Doch auch für Paare, die scheinbar keinen Regulierungsbedarf haben, kann ein Ehevertrag sinnvoll sein. Josef Linsler vom Interessenverband Unterhalt und Familie (ISUV) hält ihn sogar bei jeder Eheschließung für notwendig. "Durch einen solchen Vertrag entsteht Transparenz über alle Vermögensfragen."
Ehevertrag kann frei gestaltet werden
Grundsätzlich herrscht in einem Ehevertrag Gestaltungsfreiheit, sagt Linsler - allerdings in einem gesetzlichen Rahmen. Wann der überschritten wird, formuliert das Gesetz nur vage: Unwirksam ist ein Vertrag, wenn die Lasten so ungleich verteilt sind, dass sie den ehelichen Verhältnissen in keiner Weise gerecht werden. Bestimmungen dürfen nicht den "guten Sitten" widersprechen oder zu Lasten Dritter gehen.
Beispielsweise kann ein Unterhaltsausschluss gegenüber einer schwangeren Frau sittenwidrig und daher unwirksam sein. Ob das auf eine Regelung im Ehevertrag zutrifft, muss laut Vorgaben des Bundesgerichtshofs jeweils im Einzelfall geprüft werden. Ein Ehevertrag regelt normalerweise den Versorgungsausgleich, den Unterhalt und den Güterstand des Paares.
Es gibt verschiedene Güterstände
"Es gibt neben der Zugewinngemeinschaft noch drei weitere Güterstände", sagt Schwegler. "Die Gütertrennung, die Gütergemeinschaft und seit 2013 die deutsch-französische Wahlzugewinngemeinschaft." Das ist eine Besonderheit, die sich an der deutschen Zugewinngemeinschaft orientiert, aber zufällige Wertsteigerungen und Schmerzensgeld herausrechnet, wie das in Frankreich üblich ist.
Deutlich häufiger wird die Gütertrennung vereinbart. Dabei bleiben Paare wirtschaftlich völlig unabhängig. Es gibt keinen Zugewinnausgleich. Allerdings sind die steuerrechtlichen Nachteile im Todesfall eines Partners zu beachten. "Die Freibeträge, die Ehegatten in Zugewinngemeinschaften zugutekommen, fallen weg", sagt Mecchia. "Außerdem ändert sich die Rangfolge bei den Erbansprüchen."
Wegen der hohen Risiken und Nachteile wird die Gütergemeinschaft nur noch selten vereinbart. "Bei diesem Güterstand wird alles zum gemeinschaftlichen Eigentum, auch das vor der Hochzeit Vorhandene" sagt Sophie Mecchia. "Die Ehepartner können nur gemeinsam verfügen und haften gemeinsam für alle Verbindlichkeiten."
Unterhalt kann begrenzt werden
Im Ehevertrag kann der Unterhalt innerhalb bestimmter Grenzen ausgeschlossen oder begrenzt werden. Die Grenzen zieht das Gesetz dort, wo der nicht so gut gestellte Ehepartner aus Alter, Krankheit oder wegen Kindererziehung nicht ausreichend versorgt wäre. Kinder dürfen vom Unterhalt nicht ausgeschlossen werden.
Mit Versorgungsausgleich ist der Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften gemeint. "Die Ehepartner könnten im Vertrag eine zeitliche Begrenzung des Versorgungsausgleichs festlegen", sagt Schwegler. Doch auch hier sind die Grenzen der Vertragsfreiheit schnell überschritten. Allerdings bedürfen die Änderungen keiner Genehmigung des Familiengerichts mehr.
Ehevertrag muss geprüft werden
Damit ein Ehevertrag gültig ist, muss er in der Regel von einem Notar überprüft werden. "Regelungen zum Güterrecht und zum Versorgungsausgleich müssen notariell beurkundet werden", erklärt Schwegler. "Beurkundungspflichtig ist auch der Verzicht eines Ehegatten auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht."
Die Verhältnisse in einer Ehe können sich ändern, vor allem wenn Kinder kommen. Darum ist es ratsam, den Ehevertrag im Laufe der Jahre zu überprüfen. So kann der Vertrag den neuen Verhältnissen angepasst werden und zum Beispiel der Umgang und das elterliche Sorgerecht für die Kinder mit aufgenommen oder modifiziert werden.
Einen Ehevertrag können die Eheleute jederzeit aufsetzen, auch noch während der Ehe. Ein Ehevertrag kann auch Grundlage für die bevorstehende Scheidung sein. (dpa/tmn/wag)
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