Auf Facebook kursiert ein Video, in dem ein Mann mit einem CO²-Messgerät angeblich den Kohlenstoffdioxid-Gehalt unter einem Mund-Nasen-Schutz misst. Der Test soll beweisen, dass man darunter zu viel CO² einatmet und der Körper dadurch übersäuert. CORRECTIV.Faktencheck hat diese Behauptungen geprüft.
In einem Facebook-Video ist der Test mit einem CO²-Messgerät zu sehen. Er soll angeblich beweisen, dass Menschen unter einem Mund-Nasen-Schutz zu viel Kohlenstoffdioxid einatmen und das Tragen somit gesundheitsschädlich ist. Der Körper werde übersäuert, sagt der Mann im Video, Kinder würden dadurch krank. Impliziert wird: Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sei gesundheitsschädlich.
CORRECTIV.Faktencheck hat die Behauptungen überprüft. Das Ergebnis: Sie sind falsch, der angebliche Test führt in die Irre.
Einzelversuch ergibt keinen Sinn
CO²-Messgeräte können den Kohlenstoffdioxid-Gehalt in einem Raum messen, schreibt beispielsweise ein Hersteller auf seiner Webseite. Bei zu hoher Konzentration werde ein Warnsignal abgegeben.
Peter Wagler, der Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) erklärte uns, der CO²-Gehalt werde in der Regel mit der Einheit ppm (parts per million) gemessen. Bei einem Raumwert von 1.000 ppm werde manchmal empfohlen, zu lüften. Das habe aber "keine klinische Relevanz". Hierbei gehe es nur darum, wie angenehm die Luft zum Atmen sei. Im Video wird behauptet, der Wert unter der Maske betrage schon nach fünf Atemzügen mehr als 10.000 ppm.
Aber: "Den CO²-Gehalt in der Luft zu messen, unter einer Maske, ist als Einzelversuch Unsinn", erklärt Wagler. Medizinisch gesehen müsse man den Wert im Blut messen, um den Kohlenstoffdioxid-Gehalt im Körper nachzuweisen. Und: "An den Seiten ist die Maske ja undicht." Damit atme man nicht nur die Luft ein, die ausgeatmet werde.
Körper übersäuert durch Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht
Die Behauptung, durch das Tragen einer Maske atme man zu viel CO² ein, hat CORRECTIV bereits in einem anderen Faktencheck überprüft. Der CO²-Wert im Blut steigt laut einer Studie zwar an, aber: "Eine kompensatorische Erhöhung der Atemfrequenz oder ein Abfall der Sauerstoffsättigung wurde dabei nicht nachgewiesen" (PDF, Seite 43). Dominic Dellweg, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), sagte uns zudem, es komme durch den kaum vorhandenen "Totraum" nicht zu einem Anstieg von CO² im Blut. Totraum bedeutet die Menge an Luft, die nach der Ausatmung in der Maske bleibt und wieder eingeatmet wird.
"Der menschliche Körper übersäuert also nicht", sagte uns auch Peter Wagler von der DGKH. Eine Übersäuerung des Körpers bedeutet, dass der pH-Wert im Blut niedrig ist, der Säurewert erhöht. Wenn ein Asthmatiker beispielsweise zu wenig Kohlenstoffdioxid ausatmet, wird das Blut "sauer" und der pH-Wert sinkt. Das nennt man eine respiratorische Azidose und weist auf eine mangelnde Lungenfunktion hin. "Wenn man zu viel CO² einatmet, atmet man etwas schneller", sagte Wagler uns dazu. Ein gesunder Körper reguliere das selbst.
RKI: "Dass man mehr CO² einatmet, stimmt nicht, dass die Atmung behindert wird, schon"
Das Robert-Koch-Institut (RKI) schrieb im Mai auf Anfrage von CORRECTIV per E-Mail zum Tragen von MNS: "Dass man mehr CO² einatmet, stimmt nicht, dass die Atmung behindert wird, schon."
Und in einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift "Clinical Research in Cardiology" heißt es, dass OP-Masken und FFP2/N95-Masken zwar die "Atmung, kardiopulmonale Belastungsfähigkeit und Komfort" bei gesunden Personen beeinträchtigen könnten. Allerdings heißt es darin auch, dass sich der CO²-Gehalt im Blut in allen drei Tests (ohne Maske, mit FFP2-Maske und mit OP-Maske) nicht signifikant unterschieden hat. Auf Stoffmasken bezieht sich die Studie nicht.
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin hat in einer Stellungnahme zur Auswirkung von Mund-Nasen-Masken (PDF, S. 5) zusammengefasst: Eine geringere Luftdurchlässigkeit der Masken sei zwar in der Regel mit einer besseren Filterleistung verbunden. Bei der Materialauswahl sollte jedoch darauf geachtet werden, dass dauerhaftes Atmen durch den Stoff möglich ist.
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