Willingen - Im Eingang zur "Grube Christine" hängen dicke Eiszapfen von der Decke. Es ist nasskalt und dunkel in dem stillgelegten Schieferbergwerk im nordhessischen Willingen. Nur wenige Lampen sorgen für ein fahles Licht.

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Jan-Christian von der Heide steigt regelmäßig in die Grube hinab, um dort in 70 Metern Tiefe Weihnachtsstollen zu lagern. "Wir haben den "Stollen aus dem Stollen" als Marke schützen lassen", sagte der 31-jährige Bäckermeister. Das Gebäck reife unter Tage besonders gut.

Weihnachtsstollen wird im Sommer eingelagert

Gebacken und eingelagert wird die Weihnachtsspezialität bereits im Sommer, verkauft wird ab September. Es sei Tradition, den Christstollen lange vor Weihnachten herzustellen und reifen zu lassen. "Dazu hat man ihn früher in kalten und feuchten Räumen gelagert", erklärte von der Heide. Das brachte seinen Vater Wolfgang vor 24 Jahren auf die Idee, die brotförmige Spezialität in dem ehemaligen Bergwerk reifen zu lassen. Über 100 Jahre lang wurde dort Schiefer abgebaut. 1971 war dann Schicht im Schacht.

"Bei der Reifung des Stollens kommt es auf die Lagerzeit, die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit an", sagte Ralf Paetzold vom Landesbetrieb Hessisches Landeslabor. Beim Backen werde Wasser an Stärke gebunden. Nach dem Backvorgang setze die sogenannte Retrogradation ein, erläutert der Lebensmittelchemiker. Dabei gebe die Stärke das beim Backen gebundene Wasser wieder ab. Die Folge: Der Stollen wird trocken. Bei der Lagerung und Reifung im Bergwerk seien die Bedingungen ideal, um das zu verhindern.

Diesen Vorteil machen sich auch andere hessische Bäcker zunutze. In Hessen sind Stollen unter Tage etwa schon im Besucherbergwerk Grube Fortuna in Solms südlich von Marburg gereift. Auch andere außergewöhnliche Lagerstätten sind beliebt. So reift die Weihnachtsspezialität beispielsweise im Radom - einer ehemaligen Radarkuppel der Amerikaner zu Zeiten des Kalten Krieges - auf Hessens höchstem Berg, der Wasserkuppe, in 950 Metern Höhe.  © dpa

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