Es mag lästig erscheinen, aber wer nicht zu viel zahlen möchte, sollte einmal im Jahr seinen Stromtarif checken. Bei mir war es gerade so weit. Ich habe Vergleichswebseiten durchwühlt und mich schlau gemacht, wie ich mich am besten durch den Dschungel der unterschiedlichen Tarifmodelle schlage. Die gute Nachricht: Es ist nicht so kompliziert, wie es aussieht.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Diese Woche bekam ich eine erfreuliche E-Mail von meinem Stromanbieter. Mein Bonus für ein Jahr Kundentreue wird demnächst ausgezahlt. Das ist nicht nur schön, weil es Geld zurück in die Kasse spült, sondern noch aus einem weiteren Grund: Mein Anbieter hat mich dadurch daran erinnert, dass ich mal wieder checken sollte, ob ich nicht zu einem günstigeren Tarif wechseln könnte.

Mehr zum Thema Verbraucher

Gut, dass ich ohnehin gerade ein paar freie Tage hatte. Mich durch Vergleichswebseiten mit ihren vielen Einstellungsmöglichkeiten zu klicken, ist etwas, wozu ich mich erst motivieren kann, wenn der Rest der To-do-Liste noch unerfreulichere Aufgaben vorsieht.

Für mich ist das ungefähr so attraktiv wie die Vorstellung, mich mit einer Machete durch den Urwald zu schlagen, auf Schritt und Tritt begleitet von riesigen Insekten, nie wissend, ob ich beim nächsten Schritt auf eine Schlange trete. Sie sehen, ich bin eher der Typ für ruhige, überschaubare Urlaube.

Dynamische Stromtarife - ist das sinnvoll?

Da nehme ich es doch lieber mit dem Dschungel der Tarifangebote beim Strom auf. Gleich auf den ersten Blick fällt mir etwas auf: Es gibt Stromtarife in den Vergleichsportalen, die mit dem Zusatz "dynamisch" versehen sind und einen auffallend niedrigen Preis bieten – aber nur für einen Monat. Anschließend wird der Preis monatlich neu festgelegt. Man schließt quasi eine Wette auf die Entwicklung der Strompreise ab.

Lesen Sie auch diese weiteren Finanzkolumnen

Was mich daran am meisten irritiert: Das Modell hat nichts mit dem zu tun, was ich bisher als dynamische Stromtarife kannte. Einen Tarif nämlich, bei dem sich der Verbrauchspreis stündlich ändert. Wie hoch der Preis sein wird, können Stromkunden 24 Stunden vorher sehen und entsprechend reagieren – etwa ihre Waschmaschine anstellen oder das Elektroauto laden.

Allerdings sind echte dynamische Tarife bisher ein Nischenprodukt. Die technischen Hürden sind noch recht hoch. Um den Strom stundengenau abzurechnen, braucht man einen digitalen Stromzähler mit einer Sendeeinheit, die den Verbrauch regelmäßig an den Netzbetreiber sendet. Bisher haben nur wenige Haushalte einen solchen sendefähigen Smart Meter.

Das wird sich auch nur langsam ändern. Ab 2025 ist der Einbau zwar Pflicht, aber nur für bestimmte Verbraucher: Betreiber von Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen oder Wallboxen sowie Haushalte, die mehr als 6.000 Kilowattstunden jährlich verbrauchen. Die Details hat "Finanztest" hier zusammenstellt. Zur Einordnung: Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt verbraucht rund 3.500 Kilowattstunden im Jahr.

Hinzu kommt: Echte dynamische Tarife lohnen sich vor allem, wenn man Großverbraucher im Haus hat, die man gezielt steuern kann, etwa ein E-Auto. Wer sich dafür interessiert, findet bei "Finanztest" den ersten Preisvergleich von echten dynamischen Tarifen – inklusive der Fixkosten, die je nach Anbieter sehr unterschiedlich sind.

Günstige Tarife finden

Normalsterbliche wie ich, die höchstens mal die Zeitschaltuhr ihrer Waschmaschine benutzen und gern sicher wissen, was ihr Strom kostet, bleiben vorerst besser beim 12-Monats-Vertrag mit Preisgarantie.

Die versprochene gute Nachricht ist: Günstige Tarife dieser Art sind in den Vergleichsportalen leicht zu finden. So geht’s:

  • Unterlagen bereitlegen: Legen Sie Informationen wie Ihre Zählernummer und den Jahresverbrauch aus Ihrer Jahresrechnung bereit.
  • Standard-Suche nutzen: Geben Sie Ihre Postleitzahl und den Jahresverbrauch in ein Vergleichsportal ein und klicken Sie auf "Vergleichen". Passen Sie die Filtereinstellungen an, um die besten Tarife zu finden. Achten Sie auf jährliche Preisangaben, eine Mindestlaufzeit von zwölf Monaten und eine Preisgarantie für die gesamte Vertragslaufzeit. Vergleichen Sie die Abschlagshöhe und den Kilowattstunden-Preis der Tarife mit und ohne Bonus.
  • Filtereinstellungen verändern: Nutzen Sie mehrere Vergleichsportale wie Check24, Verivox und Stromauskunft. Überprüfen Sie die voreingestellten Filter und ändern Sie diese bei Bedarf, etwa für Ökostromtarife.
  • Tarif auswählen: Denken Sie daran, dass die oben gezeigten Tarife häufig Werbung sind. Achten Sie auf jährliche Preisangaben und prüfen Sie die ersten zehn Tarife, die oft preislich nah beieinanderliegen. Beachten Sie Kundenbewertungen, um Anbieter auszuschließen, mit denen andere häufig Ärger hatten.

Das Ergebnis: Mein Antrag an den neuen Stromanbieter geht demnächst raus, sobald der Bonus vom alten Anbieter auf dem Konto ist. Und ich freue mich schon aufs nächste Jahr: Dann ist wieder Bonus-Zeit!

Verwendete Quellen

Über die Autorin

  • Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen.
  • Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.

Strompreise: Deswegen zahlen viele Verbraucher unnötig viel

Viele deutsche Haushalte zahlen zu viel für Strom - das hat eine Analyse ergeben. Mit einem Trick kann man ganz einfach sparen. (Bildcredit: Wochit /Getty Images)
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.