Mit ein paar Klicks ist ein E-Scooter ausgeliehen. Viele Kunden achten da nicht aufs Kleingedruckte. Das kann sich rächen, warnen Verbraucherschützer und fordern die Anbieter auf, bei den Nutzungsbedingungen nachzubessern.
Kurz aufs Handy tippen und losflitzen - so soll es mit Elektro-Tretrollern gehen, die zum Ausleihen in immer mehr deutschen Städten bereitstehen. Doch was genau buchen Kunden da eigentlich?
Die Verbraucherzentralen haben die Nutzungsbedingungen unter die Lupe genommen und erhebliche Tücken im Kleingedruckten entdeckt. Bei allen Anbietern seien "zum Teil gravierende Verstöße" wie unzulässige Haftungsregeln festgestellt worden, teilte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am Dienstag mit. Die Verleihfirmen seien deshalb abgemahnt worden. Erste Anbieter bessern auch schon nach.
"Verbraucherfeindliche Nutzungsbedingungen"
Die Bilanz für die junge Branche sei wenig schmeichelhaft, monierten die Verbraucherschützer. Insgesamt 85 Klauseln wurden als unzulässig eingestuft. Die vzbv-Rechtsexpertin Kerstin Hoppe sprach gar von "verbraucherfeindlichen Nutzungsbedingungen": Oft lehnten Anbieter jede Verantwortung für den Zustand der E-Roller ab und wollten nicht einmal garantieren, dass der Vermietungsservice funktioniere.
Beanstandet wurde auch, dass manche Verleiher Wartungs- und Inspektionspflichten auf die Kunden abwälzen. So müssten Nutzer vor Fahrtantritt Bremsen, Beleuchtung, Räder, Rahmen und Akkus auf Mängel prüfen. Dabei könnten Verbraucher das meist nicht fachgerecht tun.
Auf der Mängelliste stehen auch Datenschutz- und Zahlungsklauseln und überzogene Strafgebühren etwa fürs falsche Abstellen des Gefährts. Mietgebühren würden teils grundsätzlich nicht erstattet oder nur bei kurzfristiger Reklamation - selbst wenn die Fahrt etwa wegen eines defekten Fahrzeugs oder leeren Akkus gar nicht möglich war.
Haftung für Schäden, die andere verursacht haben
Mit Blick auf Haftungsregelungen warnte der vzbv, dass Kunden mitunter für Schäden aufkommen sollten, die sie gar nicht verschuldet haben. Wer einen E-Scooter "auf eigene Gefahr" miete, hafte bei kundenfeindlichster Auslegung für nahezu alle Schäden, die etwa durch Unfall oder Diebstahl entstehen.
Mehrere Anbieter behielten sich auch vor, den Service jederzeit einschränken oder einstellen zu können und Mietbedingungen kurzfristig zu ändern.
Seit der Zulassung von E-Tretrollern im Straßenverkehr Mitte Juni haben Verleih-Firmen in mehreren Städten Angebote gestartet. Dabei werden die Flitzer per App aktiviert. Mindestalter: 18 Jahre.
Die vzbv-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth betonte, Innovationen wie die E-Scooter machten das Angebot vielfältiger. "Die Anbieter sollten aber alles dafür tun, die Nutzung von E-Tretrollern so sicher, umwelt- und kundenfreundlich wie möglich zu machen."
Bald strengere Regeln zum Parken
Mehrere Verleihfirmen betonten, die Kritik ernst zu nehmen. Der Anbieter Tier überarbeitete vor dem Hintergrund des "Feedbacks" der Verbraucherzentralen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wie ein Sprecher auf Anfrage sagte.
Circ arbeitet nach eigenen Angaben mit Unterstützung der Verbraucherzentrale daran, die AGBs klarer zu strukturieren. Man lege Wert darauf, Verantwortung ernst zu nehmen und nicht an Kunden abzutreten.
Der Anbieter Voi erklärte, man stehe schon länger im Austausch mit der Verbraucherzentrale. Da Sicherheit höchste Priorität habe, sei es wichtig, vor der Fahrt den Scooter zu überprüfen - wie man auch Carsharing-Autos auf Schäden prüfen sollte.
Regeln nachschärfen wollen die neuen Anbieter erklärtermaßen auch in puncto Ordnung und Sicherheit für Fußgänger. Denn in mehreren Städten gibt es Ärger, wenn Gefährte kreuz und quer auf Gehwegen abgestellt werden oder riskant unterwegs sind. Die Spitzenverbände der Kommunen und die Anbieter peilen dazu gemeinsame Maßnahmen an.
Düsseldorf will Verleiher an eine kürzere Leine nehmen. Geplant ist etwa eine Sondergebühr von 20 Euro pro Roller im Jahr, kommen sollen auch Verbotszonen. "Wir wollen niemandem den Spaß an den neuen Scootern verderben, aber müssen auch verhindern, dass dies auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer geht", sagte OB Thomas Geisel (SPD). (dpa/mcf)
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