Hier erhalten Sie einen kurzen Überblick über die Stromerzeugung und Stromkosten in Ostdeutschland zwischen Nachkriegszeit und Wiedervereinigung.
War Strom in der DDR eigentlich teurer oder billiger als in der Bundesrepublik? So pauschal gestellt, ist diese Frage nur schwer zu beantworten. Zum einen hängt das vom jeweiligen Umrechnungskurs der Währungen ab, den man dafür zugrunde legt, und zum anderen spielt auch das Verhältnis zwischen dem Durchschnittseinkommen der Bürger und der Höhe des Strompreises eine Rolle. Ungeachtet dieser Faktoren lässt sich jedoch festhalten, dass der Strompreis in der DDR nicht durch wirtschaftlichen Wettbewerb bestimmt war. Im Gegensatz zur sozialen Marktwirtschaft westdeutscher Prägung war in der Deutschen Demokratischen Republik eine zentral verwaltete Planwirtschaft verankert. Beim Strompreis handelte es sich deshalb um einen landesweit einheitlichen, staatlich regulierten Preis, den der Staat zudem stark subventionierte. So blieb der Strompreis in der gesamten DDR über Jahrzehnte hinweg konstant: Er lag bei 8 Pfennig pro Kilowattstunde (kWh).
Der Strommix
Die "volkseigene Energieversorgung" fußte in Ostdeutschland vor allem auf der Förderung und Verbrennung von Braunkohle. Jenseits der Braunkohle-Verstromung strebte die DDR auch nach Atomstrom, um den Energiebedarf zu decken. Neben den Kraftwerken Rheinsberg und Greifswald, die 1966 und 1974 ans Netz gingen, sollte das dritte Kraftwerk in Stendal das größte ostdeutsche Kernkraftwerk werden. Es ging jedoch nie in Betrieb.
Der Umweltschutz, der heute bei der Energiegewinnung einen wichtigen Faktor und Kostenpunkt darstellt, stand im Kraftwerksbetrieb der DDR übrigens nicht auf der Tagesordnung. Die Versorgung mit Energie genoss oberste Priorität. Braunkohlekraftwerke ohne Filteranlagen waren die Regel. Damit blieb den ostdeutschen Kraftwerken zumindest bei der ohnehin teuren und ineffizienten Energie-Erzeugung ein weiterer direkter Kostenpunkt erspart. – Die Konsequenzen für Mensch und Umwelt sowie Folgekosten, die aus dieser Belastung entstehen konnten, waren hingegen kein relevanter Faktor der wirtschaftspolitischen Kosten-Nutzen-Rechnung.
Erst 1965 wurde das ostdeutsche Gleichstromnetz nach und nach durch ein Wechselstromnetz ersetzt, doch dauerte es noch bis 1975, ehe auch die letzten Endkunden über elektrische Spannung von 220 statt 110 Volt verfügen konnten. Auch anschließend führten Spannungsschwankungen und Überlastungen des Netzes immer wieder zu Stromausfällen, und wenn in kalten Wintern die Braunkohle einfror, konnte es vorkommen, dass den Kraftwerken der Brennstoff ausging. Ein vielzitiertes Beispiel ist der Silvesterabend 1978/79, an dem das Verbundnetz aufgrund eines plötzlichen starken Kälteeinbruchs weitgehend zusammenbrach.
Komplexe Planung des Energiebedarfs
Industriebetriebe und Genossenschaften, aber auch Institutionen wie Krankenhäuser, Schulen und sonstige Abnehmer, deren Jahresbedarf an elektrischer Leistung über 50.000 Kilowattstunden betrug oder die eine Spitzenleistung von mehr als 25 Kilowatt benötigten, waren gesetzlich verpflichtet, schon im Voraus die wahrscheinlich benötigte Menge Strom zu beantragen.
Ziel dieser Maßnahme war es, trotz Erzeugungs- und Versorgungsengpässen eine weitgehend störungsfreie Energieversorgung zu gewährleisten. Die Anträge mussten monatlich beim jeweils zuständigen Kombinat eingehen und wurden von dort aus gesammelt an das verantwortliche Ministerium für Kohle und Energie weitergeleitet. Häufig lag der Gesamtbedarf jedoch über den Möglichkeiten der Stromerzeugung, sodass das Ministerium die eingehenden Planungsmengen kürzte und wiederum die zuständigen Kombinate informierte. Diese unterrichteten schließlich die planpflichtigen Betriebe und Institutionen über die jeweils verfügbaren Kontingente, die diese einzuhalten hatten.
Problematische Subventionen
Der politische Preis für Strom spiegelte in der DDR zu keiner Zeit die tatsächlichen Kosten wider, die nötig waren, um den Strom zu erzeugen und zum Endverbraucher zu transportieren. Wie in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens hielten staatliche Subventionen die Preise für die Grundversorgung niedrig. Außer auf Strom traf das beispielsweise auch auf die Mietpreise und die Trinkwasserversorgung zu, ebenso wie auf eine Reihe von Grundnahrungsmitteln. Luxusartikel waren hingegen, falls überhaupt verfügbar, sehr teuer und teilweise nur gegen Fremdwährung erhältlich – insbesondere gegen D-Mark. Die hohe staatliche Subventionierung führte somit zwar zu erschwinglichen Strompreisen und günstigen Bedarfsgütern, trug aber letztlich auch zum Niedergang der DDR-Wirtschaft bei. © 1&1 Mail & Media
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