Regensburg - Bereits mit Erstellung der Steuererklärung beginnt für Millionen von Menschen eine stressige und zuweilen unsichere Phase. Immerhin will man bloß nichts falsch machen.
"Stress und Nervosität spielen eine Rolle, besonders, wenn es um Nachzahlungen und komplexere Steuerthemen geht", sagt Steuerberater Roland Elias. Bei Mandanten, die Steuermodelle nutzen oder erweitern, sei die Anspannung noch mal größer, so der Regensburger. Schließlich ist nie ganz klar, wie das Finanzamt reagieren wird. Am Ende landet aber bei allen, die eine Erklärung abgegeben haben, der Steuerbescheid im echten oder virtuellen Briefkasten.
Den Bescheid vom Finanzamt sollten Empfänger jetzt genau unter die Lupe nehmen. Wenn sich Fehler finden, kann man dagegen vorgehen. Das Rechtsmittel der Wahl ist der Einspruch. Im Jahr 2020 waren Steuerpflichtige mit ihm in zwei von drei Fällen erfolgreich, hat die Zeitschrift "Finanztest" (9/2022) ermittelt. Gegen falsche Bescheide vorzugehen, lohnt sich also - die Leitplanken dafür setzt die Abgabenordnung (AO). Und so geht's:
Schritt eins: Abgleich und Prüfung der Daten
Der Steuerbescheid ist optisch und inhaltlich fast identisch mit den Probeberechnungen, die viele Steuerprogramme vor dem Absenden der elektronischen Steuererklärung ausgeben. Darum ist es hilfreich, sich diese Rechnung auszudrucken und abzuspeichern - das erleichtert anschließend die Überprüfung.
Ist der Steuerbescheid da, gehen Steuerpflichtige die einzelnen Angaben Schritt für Schritt durch. Dabei fällt schnell auf, ob und in welchem Umfang das Finanzamt von den eingereichten Daten abweicht. Gegebenenfalls finden sich am Ende des Bescheids weitere Erläuterungen. Denn Finanzbeamtinnen und -beamte müssen Abweichungen von den eingegebenen Daten im Bescheid erläutern.
Bestehen keine Abweichungen, lohnt es sich trotzdem, noch mal alle Unterlagen durchzugehen. Zum Beispiel, um zu prüfen, ob Versicherungsbeiträge bei den Angaben vergessen wurden. Denn innerhalb der Einspruchsfrist kann das Finanzamt den Bescheid auch zugunsten des Betroffenen ändern.
Schritt zwei: Der Einspruch beim Finanzamt
Um gegen den Steuerbescheid vorzugehen, ist der Einspruch der statthafte Rechtsbehelf. Das ist ein formloses Schreiben, das dem zuständigen Finanzamt schriftlich oder elektronisch - zum Beispiel per E-Mail oder direkt via Elster-Portal - übermittelt wird. Das Schriftstück muss nicht Einspruch genannt werden, es muss allerdings den zu beanstandenden Bescheid genau bezeichnen - zum Beispiel "Einkommensteuerbescheid 2021 vom 07.08.2022".
Der Einspruch muss das Finanzamt innerhalb der 30-tägigen Einspruchsfrist erreichen. Die Frist läuft mit Zugang des Steuerbescheids beim Empfänger. Als Zugang gilt aber nicht der tatsächliche Empfang oder das Öffnen des Bescheids, sondern der dritte Tag nach Aufgabe des Bescheids bei der Post. So regelt es die Abgabenordnung (AO).
Für den Einspruch gibt es mit Ausnahme von Form und Frist keine besonderen Vorgaben. Der Steuerpflichtige entscheidet, wie ausführlich er sein Anliegen begründet und welche Dokumente er beifügt.
Im Einspruch sollten aber alle beanstandeten Punkte aufgegriffen werden. Steuerberater Roland Elias empfiehlt, an dieser Stelle direkt die entsprechenden Belege beizufügen und den Sachverhalt umfassend zu erläutern. "In komplexeren Fällen macht es Sinn, den Sachbearbeiter anzurufen und mögliche Unklarheiten direkt aus der Welt zu schaffen." Denn auch ein Einspruch kann wieder zu Rückfragen der Behörde und damit zu Verzögerungen führen.
Das Finanzamt erlässt daraufhin einen geänderten Bescheid. Wenn die Punkte nicht oder nicht vollständig berücksichtigt werden können, weist die Behörde sie als unbegründet zurück oder ändert den Steuerbescheid nur in einigen Punkten.
Schritt drei: Die Einspruchsentscheidung
Kommt zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen keine Einigung zustande, erlässt die Behörde eine Einspruchsentscheidung. Auch hier kann sie den Betroffenen entgegenkommen, das Ersuchen ganz ablehnen oder einen Mittelweg wählen. Letzteres wird als Teilabhilfe bezeichnet. Steuerpflichtige erhalten also einen geänderten Steuerbescheid, in dem aber nicht alle angefochtenen Punkte geändert wurden.
Zur Beweissicherung erfolgt der Versand von Einspruchsentscheidungen oft mit Zustellungsurkunde. Auf dieser vermerkt die Post die tatsächliche Zustellung des Briefs und sendet sie ans Finanzamt zurück.
Schritt vier: Die Klage beim Finanzgericht
Gegen eine erlassene Einspruchsentscheidung können Betroffene keinen Einspruch mehr einlegen. Ab hier beginnt das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren. Eine Anfechtung der finalen Entscheidung des Finanzamts ist also nur noch mit der Klage vor dem Finanzgericht möglich. Zuständig ist das jeweils örtliche Gericht, das auf der Einspruchsentscheidung vermerkt ist.
Vor dem Finanzgericht besteht kein Anwaltszwang. Es kann aber sinnvoll sein, zumindest einen Steuerberater zurate zu ziehen. Vor dem Finanzgericht gibt es ein bestimmtes Prozedere, das für Laien schwierig zu überblicken sein kann. Auch auf Richter mache das einen besseren Eindruck, sagt Steuerberater Elias.
Für die Klage gilt wieder eine Monatsfrist. Die Klageschrift muss das Finanzgericht innerhalb eines Monats nach Zugang der Entscheidung erreichen. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann diese Frist verlängert werden. Die sogenannte Wiedereinsetzung sorgt dafür, dass die Klage trotz versäumter Frist zulässig ist. Länger als sechs Monate kann das Gericht die Frist allerdings nicht verlängern.
Wer mit der Entscheidung des Finanzgerichts in erster Instanz nicht zufrieden ist, kann Beschwerde oder Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) einlegen. Allerdings kommt das nur infrage, wenn das im Urteil zugelassen wurde. Den Weg zum BFH lassen Gerichte generell nur in Verfahren zu, die grundlegende steuerliche Fragestellungen betreffen. Dazu gehört etwa die Auslegung einer steuerlichen Vorschrift.
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