Die Zinsen sind kräftig gestiegen - aber nicht überall. Viele Sparkassen, Volksbanken und etliche andere Institute bieten langjährigen Kundinnen und Kunden immer noch mickrige Festgeld- und Tagesgeld-Zinsen an. Stattdessen verweisen sie häufig auf andere Zinspapiere: sogenannte strukturierte Anleihen. Doch sind die genauso gut?
Erinnern Sie sich noch an die Lehman-Omas? In der Finanzkrise verloren viele Kleinanleger ihre Ersparnisse, weil ihre Banken ihnen Zertifikate der US-Investmentbank Lehman Brothers als angeblich sichere Papiere verkauft hatten. Als Lehman in die Pleite rutschte, verloren die Papiere stark an Wert. Und nicht nur die Lehman-Papiere, auch viele andere Anleihen, die Banken und Sparkassen an Kleinanleger verkauft hatten, büßten an Wert ein. Zertifikate hatten danach jahrelang ein schlechtes Image – nicht ganz unverdient, muss ich sagen.
Nun schreiben wir bald 2024 und es hat sich viel geändert. Banken sind zu umfangreicher Aufklärung über Risiken der Papiere verpflichtet, die sie verkaufen. Sie müssen Protokoll über Beratungsgespräche führen und sie sind wesentlich vorsichtiger geworden, wenn es darum geht, Kleinanlegern Wertpapiere zu verkaufen.
Sparkasse und Co. setzen auf niedrige Zinsen
Was sich jedoch nicht geändert hat: Viele Filialbanken, vor allem Sparkassen, bieten niedrige Zinsen auf sichere Festgeld- und Tagesgeldkonten – als hätte es keine Zinserhöhungen gegeben. Stattdessen verkaufen sie Wertpapiere – strukturierte Anleihen und Zertifikate -, die Zinsen bringen. Die gute Nachricht ist: Das Pleiterisiko dieser Papiere ist bei Weitem nicht so hoch wie bei den Zertifikaten, die vor der Finanzkrise verkauft wurden. Die schlechte Nachricht: So sicher und genauso renditeträchtig wie gute Festgeldanlagen sind diese Papiere aber auch nicht. Und: Sie sind schwerer zu durchschauen als simples Festgeld.
Trotz dieser Nachteile steigt der Absatz von Zinszertifikaten und strukturierten Anleihen seit Beginn der Zinswende im Jahr 2022 rasant. 50 Milliarden Euro sind derzeit in Deutschland in solchen Papieren angelegt. Vor zwei Jahren waren es 18,6 Milliarden Euro – mehr als eine Verdopplung in nur zwei Jahren.
"Finanztest" hat sich deshalb die Vor- und Nachteile von Zins-Zertifikaten angesehen, wie Sparkassen und Volksbanken sie anbieten. Die zentrale Erkenntnis: Wenn es um die beste Rendite geht, liegen gute, sichere Festgeldanlagen in jedem Fall vorn. Doch es gibt Sparer, die gern bei ihrer Hausbank bleiben möchten, statt ein Festgeldkonto bei einer anderen zu eröffnen. In diesem - und nur in diesem Fall - kann eine strukturierte Anleihe als Ersatz für mager verzinstes Festgeld der eigenen Bank sinnvoll sein.
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Nein zu Express- und Kapitalschutzzertifikaten
Wer sich dazu entschließt, sollte zwei Punkte beachten, um eine sichere, planbare Rendite zu erzielen:
- Der wichtigste Tipp: Achten Sie darauf, dass es sich um eine nicht kündbare Anleihe handelt. Kündbare Anleihen sind für Privatanleger nicht kalkulierbar: Keiner kann abschätzen, wann sie eventuell vorzeitig durch den Emittenten zurückgezahlt werden und zu welchem Zins man dann eine neue Anlage findet. Die wichtigen Merkmale der Planbarkeit von Zins und Laufzeit einer Anleihe haben kündbare Anleihen nicht.
- Der zweite Punkt: Meiden Sie Expresszertifikate und Kapitalschutzzertifikate. Ich erspare Ihnen die komplexen Einzelheiten, aber beide Arten von Anleihen sind kompliziert und mit Nebenkosten behaftet. Sie eignen sich nicht als planbare, leicht überschaubare Geldanlage für Privatleute.
Keine Sorge, um diese Tipps zu befolgen, müssen Sie nicht das Kleingedruckte in den Zertifikatsbedingungen lesen. Löchern Sie Ihren Bankberater oder Ihre Bankberaterin. Es ist deren Job, Ihnen genau zu erklären, warum eine Anleihe eine gute Rendite bringt und warum sie für Ihre Zwecke geeignet ist. Übrigens: Das Beratungsgespräch mitsamt Ihren Wünschen muss protokolliert werden.
Jetzt ist nur noch eine Frage offen: Ist es vielleicht doch einfacher, ein Festgeldkonto bei einer Bank mit guten Konditionen zu eröffnen? Ich habe das vor wenigen Monaten wieder einmal gemacht und kann sagen: Das geht einfach und schnell. Und wenn man das Geld für drei oder fünf Jahre anlegt, hat sich der Aufwand auch gelohnt.
Über die Autorin
- Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
Verwendete Quellen
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