Aurich/Berlin - Der sogenannte Grad der Behinderung (GdB) gibt deren Schwere gestaffelt in Zehnerschritten an. Ab einem GdB von 50 gilt ein Mensch als schwerbehindert. Dies kann auch der Fall sein, wenn Betroffene zwei leichtere Beeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von jeweils 30 haben, wie aus einem Urteil des Sozialgerichts Aurich (AZ: S 4 SB 154/21) hervorgeht. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.
Voraussetzung dafür ist, dass die einzelnen Beeinträchtigungen unabhängig voneinander sind - und damit auch verschiedene Bereiche des täglichen Lebens betreffen. Einfach addiert werden die einzelnen Behinderungsgrade nicht.
Beeinträchtigungen in der Gesamtheit betrachten
Im konkreten Fall hatte der Kläger ein chronisches Darmleiden und eine eingeschränkte Lungenfunktion, die jeweils einzeln mit einem GdB von 30 bewertet wurden. Hinzu kam eine Schlafapnoe mit einem Einzel-GdB von 20.
Das zuständige Versorgungsamt bescheinigte dem Betroffenen zunächst einen Gesamt-GdB von 40 und damit keine Schwerbehinderung. Dessen Widerspruch lehnte es ab. Der Betroffene zog vor Gericht - und bekam Recht. Das Sozialgericht Aurich entschied, dass der Kläger eine Höherstufung auf einen GdB von 50 beanspruchen kann. Damit hat er Anrecht auf bestimmte Nachteilsausgleiche für schwerbehinderte Menschen wie etwa einen höheren Kündigungsschutz.
Die Begründung des Gerichts: Bei mehreren Beeinträchtigungen der Teilhabe des Lebens in der Gesellschaft werden die Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit festgestellt. Und zwar unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen. Beim Kläger können die einzelnen Einschränkungen daher in ihren Gesamtauswirkungen mit einer Schwerbehinderung gleichgesetzt werden. © dpa
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