Der Bürgerkrieg im Sudan droht zu eskalieren. 2020 gingen Bilder von fast verhungerten Löwen um die Welt. Droht den Tieren im Schutzzentrum in der Nähe von Khartum jetzt ein ähnliches Schicksal?
Es sieht für Menschen und für Tiere nicht gut aus im Sudan. Im April eskalierte ein bereits seit langem schwelender Konflikt zwischen Machthaber Abdel-Fattah Al-Burhan und seinem Vize Mohammed Hamdan Daglo. Regierungstruppen im Kampf gegen paramilitärische Einheiten, die von Hamda Daglo befehligt werden, lassen das flächenmäßig drittgrößte Land Afrikas mit seinen rund 46 Millionen Einwohnern zunehmend im Chaos versinken.
Es fehlt an Lebensmitteln, Bargeld und Hilfsgütern. Inzwischen kam es bereits zu Plünderungen von Banken, Kirchen, Botschaften und Depots für Hilfsgüter. Die Nachbarländer Süd-Sudan, Ägypten oder der Tschad haben Tausende Flüchtlinge aufgenommen. Weitere Hunderttausende ziehen als Binnenflüchtlinge im Sudan umher. Zwar ist das große Land reich an Rohstoffen wie Erd-Öl und Gold, die meisten Menschen leben jedoch in bitterer Armut.
Sudan Animal Rescue sorgt sich um Tiere
Es grenzt an ein Wunder, dass es noch Menschen und Organisationen gibt, die sich trotz dieser schrecklichen Umstände auch Sorgen um die Wildtiere im Sudan machen. Osman Salhi ist einer von diesem Menschen. Er gehört zur sudanesischen Tierschutzorganisation "Sudan Animal Rescue", die etwa eine Stunde entfernt von Khartum – der Hauptstadt des Sudan – ein Schutzzentrum für Wildtiere betreibt. Neben Hyänen, Affen, Gazellen und Kamelen leben dort auch 23 Löwen. Noch ist die Futtersituation für die Wildtiere nicht besorgniserregend, aber trotzdem ist Osman besorgt: Zu gut erinnert er sich an den Hilferuf der Organisation zu Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen.
Auch jetzt fehlt es wieder an Wasser und Strom. Außerdem an Treibstoff zum Einsatz der Generatoren zur Stromerzeugung. Denn ohne Strom können die elektrischen Zäune nicht in Betrieb gehalten werden. Den Wildtieren droht die Auswilderung und damit der sichere Tod. "Sudan Animal Rescue" ist daher dringend auf Spenden angewiesen und macht in den sozialen Netzwerken auf die Situation aufmerksam.
2020 lösten Bilder von fast verhungerten Löwen Entsetzen aus
Bereits 2020 gingen Fotos und Videos von fast verhungerten Löwen in einem Zoo im Sudan um die Welt und erregten weltweite Aufmerksamkeit. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel wurden die großen Raubkatzen und andere Wildtiere im Al-Quarashi Family Park einfach dem Hungertod überlassen. Damals machte Osman Salih die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN online auf die Situation der Tiere aufmerksam. Zum Glück erteilte die sudanesische Regierung schnell die Erlaubnis, dass VIER PFOTEN das Land betreten und die Tiere mit dringend benötigtem Futter und medizinischen Gütern versorgen durfte.
Auch während der weltweiten Pandemie mit geschlossenen Landesgrenzen standen die Tierschützen der lokalen Organisation "Sudan Animal Rescue" in ständigem Austausch mit VIER PFOTEN. So stellten alle Beteiligten sicher, dass die Tiere alle notwendige, medizinische Versorgung erhielten und so langsam wieder zu Kräften kamen. Im Zuge dieser Maßnahmen erfolgte zu einem späteren Zeitpunkt dann auch die Umsiedlung aller Tiere aus dem Al-Quarashi Family Park in das Schutzgebiet in der Nähe von Khartum.
In Sudan und Süd-Sudan leben zahlreiche Tiere
Der Norden Sudans besteht überwiegend aus Wüsten oder Halbwüsten. Hier gibt es daher nur Tiere, die an diese Lebensbedingungen bestens angepasst sind. Wie zum Beispiel Wüstenfüchse, Wüstenluchse, Kamele, Antilopen, Hyänen und verschiedene Reptilienarten.
Die Feuchtsavannen des Süd-Sudan beherbergen hingegen eine größere Artenvielfalt. Hier leben Büffel, Gazellen, Hyänen, Giraffen, Paviane, Löwen, Geparden, Zebras sowie diverse Schlangen-Arten. In den Flüssen und an den Flussufern tümmeln sich Krokodile, Flusspferde und Elefanten. Auch die großen Nationalparks wie zum Beispiel der "Bandingilo National Park" mit Ihrer Arten-Vielfalt und Arten-Reichtum finden sich im tropischen und feuchtem Klima des Süd-Sudan.
Die militärischen Auseinandersetzungen haben sich über Khartum bereits auf mehrere Regionen des Landes ausgebreitet. Experten wie Gerrit Kurtz von der Stiftung Wissenschaft und Politik befürchten sogar, dass der Sudan in einen lang anhaltenden Bürgerkrieg abrutschen könnte. Dann besteht die Gefahr, dass auch der Süd-Sudan – seit 2011 unabhängig vom Sudan – wieder mit in den Konflikt hineingezogen werden könnte.
Und so hofft nicht nur Osman, dass sich im Sudan schnellstens alles wieder zum Guten wendet – für die Menschen und für unsere tierischen Mitbewohner. © Deine Tierwelt
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