Der Trend kommt aus Amerika: Statt "nur" auf Koppel oder Paddock leben Pferde auf einem Trail – angelehnt an das Leben der Wildpferde. Auch Brigitte Marquart aus Ittendorf schwört auf diese Haltung. pferde.de sprach mit ihr über den langen Weg zum eigenen Trail, für wen er geeignet ist – und warum Pferde ein bisschen Freiheit entspannt.
Dass sie mal einen eigenen Stall haben würde – "das hätte ich früher nie gedacht", sagt Brigitte Marquart lachend. Schließlich war schon der Weg aufs Pferd für sie ziemlich lang. "Ich wollte als Kind gerne reiten, aber das klappte nicht." Mit 18 stieg sie dann endlich in den Sattel. "Eigentlich eher durch Zufall. Eine Freundin hatte keine Zeit mehr für ihr Pferd, so habe ich es gekauft."
Und startete ihr Pferde-Leben danach gleich richtig durch. "Meine Mutter war früher geritten, kaufte sich dann eine Stute aus Irland. Was wir nicht wussten: Sie war tragend." Marquart lacht. "Ich hatte meine Stute da gerade decken lassen. Und so hatten wir ein paar Monate später gleich zwei Fohlen, die innerhalb von zwei Wochen auf die Welt kamen."
Erst Selbstversorger, dann der eigene Stall
Aus eins mach vier – bei so vielen Pferden kam schnell die Frage: Wie sollen wir das alles bezahlen? "Also haben meine Mutter und ich rumgefragt und schließlich hatten wir die Möglichkeit, unsere Pferde auf eine Weide zu stellen. Dort hatten wir zehn Jahre lang unseren Selbstversorger-Stall." Doch dann wurde das Land verkauft – "und wir brauchten eine Alternative. Deshalb wird uns selbst ein Stück Land gekauft."
Dort bauten sie einen Offenstall. Schnell kamen weitere Einsteller – und ein Problem: "Im Winter hatten wir oft einen sehr matschigen Boden. Dazu waren Futter und Wasser an einem Ort. Da standen die Pferde dann dicht gedrängt, waren gelangweilt oder nervten sich auch mal gegenseitig." Das muss doch auch anders gehen, war Marquart überzeugt. Sie recherchierte – und entdeckte die Trail-Haltung.
Die Idee kommt aus den USA – und wurde von einem Hufschmied vor rund 40 Jahren "erfunden". Damals beobachtete Jaime Jackson Wildpferde in Nevada. Er folgte ihnen jahrelang auf ihren Wanderungen – und war dabei nicht nur von ihrer Schönheit begeistert. Auch ihre gesunden Hufe faszinierten ihn. Und er war sicher: Die Lebensumstände der Pferde waren der Grund dafür.
2.000 Quadratmeter plus zwei Kilometer Trail
Und so entwickelte er ein Haltungskonzept, dass so weit wie möglich das natürliche Leben der Wildpferde nachbilden sollte. Und fand auch einen Namen dafür: Paddock Paradise. Die Grundidee dabei: Statt eines Paddocks sollen den Pferden Laufwege, also Trails, geboten werden. So bewegen sie sich auf dem Weg zum Wasser und Futter ganz natürlich – wie wildlebende Pferde. Kurz: "Wir versuchen, den Pferden ein so naturgetreues Leben wie möglich zu bieten", erklärt Brigitte Marquart.
Und so stellte sie ihren Stall vor vier Jahren auf Trail-Haltung um. Das braucht Platz: Auf 2.000 Quadratmetern befestigter Fläche können sich die Pferde bei ihr und ihrem Mann Tobias frei bewegen, die zwei Kilometer-Trail kommen noch dazu. "Wir haben den Trail mit Kies befestigt, der wird deshalb auch im Winter nicht matschig." Die Heustellen sind auf vier verschiedene Punkte verteilt, es gibt zwei Wasserstellen und verschiedene Unterstände und Liegeplätze. Für die Pferde heißt das: Sie bewegen sich viel. "Wir haben unsere Pferde mal getrackt: Sie laufen acht bis 14 Kilometer am Tag", sagt Marquart.
Kräuter und Kratzbürsten als Pferde-Wellness
Und auch ein bisschen Luxus ist dabei: Es gibt Kratzbürsten (Affiliate-Link), an denen sich die Pferde eine kleine Wellness-Einheit gönnen können. Auch Salz-Lecksteine (Affiliate-Link) sind verteilt. Und natürlich wurden Kräuter für die Pferde gepflanzt. Noch ein Extra: Für alte Pferde gibt es auch Einzel-Futterplätze. "Sie mögen es lieber, wenn sie sich Zeit lassen können und nicht gestört werden."
Das Besondere ist auch die Vielseitigkeit: Mal laufen die Pferde über eine Wiese, dann auf Beton, Pflastersteinen oder naturbelassenem Gelände. Mal ist das Gelände flach, dann hügelig und auch eine Holztreppe gibt es. Alles ist ganz natürlich angelegt und bewachsen. 60 Pferde leben in der großen Herde. "Sie verteilen sich ganz automatisch", sagt Marquart. "Und wenn sie sich nicht leiden können, gehen sie sich so aus dem Weg, dass sie sich nicht einmal sehen. Dadurch sind sie viel gechillter." Überhaupt sei das besonders auffällig: "Die Pferde sind total entspannt."
Arthrose? Heute lebt Maggi ohne Schmerzmittel
Dass die Trail-Haltung gut für die Pferde ist, hat ihr auch ihre heute 30-jährige Stute Maggi gezeigt: "Sie hat Arthrose, muss viel laufen. Durch den Trail kann sie sich bewegen, wie sie möchte und wird nicht von mir bewegt, wenn es ihr gerade schlecht geht. Das tut ihr so gut, dass sie heute keine Schmerzmittel mehr braucht."
Für Pferde ist die Trail-Haltung ein Stück Freiheit – und auch für die Besitzer. "Sie müssen sich keine Gedanken machen und noch schnell zum Pferd hetzen. "Ihr Pferd hat sich ja den ganzen Tag über bewegt, da kommt es auch einen Tag ohne Training oder Ausritt aus", sagt Marquart. Auch für sie selbst ist genau das ein Vorteil. "Ich habe einen Vollblüter, den ich auch mal drei Tage in Ruhe lassen kann. Wenn wir dann ausreiten, ist er trotzdem total cool. Bei einer Boxenhaltung wäre das sicher anders…"
Trail: Das Tempo geben die Pferde vor
Trotzdem ist Trail-Haltung nicht für jeden Besitzer etwas, das weiß auch Brigitte Marquart. "Wer sich ständig Sorgen um sein Pferd macht, weil es gerade heiß, nass oder kalt ist – der würde mit einem Trail nicht glücklich werden." Und auch wer sein Pferd nur aus einer Box holen möchten, um zu reiten, ist beim Trail an der falschen Stelle. Denn hier müssen Besitzer schon ein bisschen laufen, um zum Pferd zu kommen…
Auch als Betreiber ist eine Trail-Haltung viel Arbeit. Der Tag beginnt für Brigitte Marquart um 5.30 Uhr und endet mit einer letzten Runde gegen 21 Uhr. Ihre Aufgaben: Das ganze Gelände immer abmisten, Heu füttern und natürlich alle Pferde kontrollieren. Dazu kommt die individuelle Fütterung einiger Pferde. Und auch die Eingewöhnung wird auf jeden Pferd passgenau zugeschnitten.
"Die ersten Tage stehen sie in Boxen mit Paddock, dann kommen sie auf die erste Koppel. Dort können sie die anderen Pferde schon mal sehen und beschnuppern." Klappt das, kommen sie erst einmal für etwa drei Stunden in die Herde. "Das Tempo gibt das Pferd vor – und die Herde. Jeder wird individuell eingegliedert." Das kommt an: Neben dem großen Trail gibt es jetzt auch einen kleineren Trail für 20 Pferde. Dort gibt es auch extra entstaubtes Heu. "Für einige Pferde ist das wichtig." Ansonsten gibt es auch hier vor allem eins für die Pferde: ein Stück Freiheit! © Pferde.de
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